ZdK-Präsident Alois Glück zum zweiten Dialogforum in Hannover

"Hoffnungsvoll unterwegs"

Beim zweiten Treffen innerhalb des mehrjährigen Dialogprozesses stand an diesem Wochenende "Die Zivilisation der Liebe - unsere Verantwortung in der freien Gesellschaft" auf dem Programm; zu den beherrschenden Themen in den Debatten gehörten die Beteiligung von Frauen in der Kirche und der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Alois Glück, der Präsident des Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), zieht Bilanz.

Alois Glück (DR)
Alois Glück / ( DR )

domradio.de: Wie ist Ihr Fazit nach zwei Tagen Hannover?

Glück: Es war offen lebendig, es war phasenweise auch mühsam mit so vielen Menschen  sich auszutauschen, eine Struktur in den Meinungsaustausch hineinzubekommen und es war am Schluss, finde ich, fruchtbar konkret. Wenn ich jetzt eineinhalb Jahre zurück denke, wo wir da standen, mit wie vielen Sperren in unserer Kirche für den Dialog, für die Kommunikation, dann haben wir in diesen eineinhalb Jahren ein Stück innere Kulturveränderung in unserer Kirche erlangt. Wir sind hoffnungsvoll unterwegs, es ist jetzt viel zu tun, es muss viel noch konkret werden. Ich bin zufrieden und zuversichtlich.



domradio.de: Der Kongress ist damit zu Ende gegangen, dass alle Gruppen sich eine Art Selbstverpflichtung gegeben haben, wie es jetzt weitergehen soll im Prozess. Es geht zu allererst um Wiederverheiratete-Geschiedene, es geht um Donum Vitae, es geht um die Diakonie vor Ort. Was ist das, was Sie am meisten aus diesen Tagen mitnehmen?

Glück: Dass schon eine sehr große Übereinstimmung da ist, was besonders brennt: Das ist zum Beispiel dieses Thema Geschieden-Wiederverheiratete, für die betroffenen Menschen. Letztlich ist es zeichenhaft für die Kirche in ihrem Verhalten, in ihrer Entwicklung. Für mich ist bedeutsam, dass es immer wieder, so war es auch in Mannheim, bei den unterschiedlichsten Herkünften der Menschen für einen solchen Dialogprozess ein so hohes Maß an Übereinstimmung gibt, wie die Situation ist und was vordringlich ist. Es ist schon sehr deutlich mit Hannover auch positioniert, die Diakonie gehört nicht in Zeiten der schrumpfenden Ressourcen zum verzichtbaren Teil der Kirche, sondern dieser Dienst für die Menschen für die Welt ist unverzichtbarer Teil unseres Glaubenslebens. Es ist ein unverzichtbarer Teil der Kirche und das ist eine wichtige Kursbestimmung, eine Richtungsbestimmung in unsere Kirche hinein, wo es zum Teil auf allen Ebenen und für mich erschreckender Weise gerade auch in einem Teil des jungen Klerus oft eine Tendenz gibt, sich mehr in den Bereich des inneren kirchlichen Lebens, des Kultes zurückzuziehen und in dem Fall nicht mehr Seelsorge und Wegbegleitung zu machen.



domradio.de: Wie bewerten Sie das, was die Bischöfe in ihrer Selbstverpflichtung aufgestellt haben?

Glück: Es sind eine Reihe von Themen konkret benannt worden, solche die ja zum Teil schon in Arbeit sind als Frucht aus Mannheim. Es war jetzt zunächst schon mal ganz wichtig, dass für alle hier konkret erfahrbar war, ja, es wird hier an Themen weitergearbeitet. Das hätte man eigentlich mehr kommunizieren sollen, da wäre vielleicht auch mancher Frust nicht richtig da. Aber es gibt immer komplizierte Innenverhältnisse innerhalb der Leitungsämter und ich denke, es ist ja nun ein einmaliger Vorgang, ein vertrauensstiftender Vorgang, dass in einer solchen Zusammenkunft, die Bischöfe, die hier anwesend sind, eine Selbstverpflichtung in Hinblick auf die Bearbeitung weiterer Themen eingehen. Das schafft Vertrauen.



domradio.de: Erzbischof Zollitsch hat in seiner Predigt im Abschlussgottesdienst gesagt, es geht nicht um die Verhandlung in einem Parteiprogramm, es geht auch nicht darum, eine Firmenphilosophie zu entwickeln, es ist ein geistlicher Dialogprozess, der gemeinsam erarbeitet wird. Wie sehen Sie sich jetzt auf dem Weg des Dialogprozesses. Nächstes Jahr im September wird man sich dem nächsten Thema widmen.

Glück: Dass eine fruchtbare, innere Lebendigkeit in unserer Kirche wächst, um miteinander auch immer wieder darum zu ringen, was ist jetzt der richtige Weg, die Botschaft Jesu für diese Zeit. Was ist zeitbedingte Ausdruckform und was ist Substanz? Wo muss bewahrt werden und wo ist Veränderung notwendig? Und das wird vielleicht auch am einen oder anderen Punkt mehr Spannungen geben bei diesem Ringen. Das ist aber der Weg der Kirche durch die Zeit schon generell. Ich glaube schon, dass wir jetzt ein gutes Arbeitsprogramm haben. Übrigens nicht nur die Bischöfe, sondern alle Gruppen sind eine Selbstverpflichtung eingegangen, wollen Themen bearbeiten und das ist ja auch ganz wichtig. Ich sage ganz ehrlich, mich nervt manchmal geradezu, wenn auch aus unserem Bereich alle Erwartung nur an die Bischöfe adressiert werden, natürlich gibt es Entscheidungen, Weichenstellungen, die kann nur das Leitungsamt wahrnehmen, aber es gibt auch viele andere Handlungsmöglichkeiten.



domradio.de: Haben Sie denn den Eindruck, dass die möglicherweise entstehenden Spannungen in diesem Dialogprozess gut gelöst werden können oder dass es möglicherweise auch zu der ein oder anderen Eskalation kommen würde?

Glück: Ich glaube, dass es schon gelöst werden kann, aber es wird nicht spannungsfrei gehen. Es wird vielleicht auch immer einen Stau in der ein oder anderen Frage in der Entwicklung geben, nur ich persönlich nehme das auch alles nicht so dramatisch. Wenn man in die Kirchengeschichte  hineinschaut ist das ein Stück weit Normalzustand der Kirche. Nur wir dürfen nicht stehen bleiben, wir müssen dann auch ehrlich miteinander ringen, wir müssen uns immer wieder vergegenwärtigen: Kirche ist nicht Selbstzweck. Es geht darum, dass wir uns immer wieder der Aufgabe stellen und daran messen, wie die Botschaft Jesu Christi zugänglich gemacht werden kann. Das heißt aber auch wieder sich auf die Situation der Menschen einzulassen. Ja gut, dann wird es manche Geburtswehen geben, wenn es um Neues geht. Am Schluss vertraue ich da immer auf den Heiligen Geist, nicht dass das immer so sein wird, wie wir uns das vorstellen, aber das ist etwas, wo wir eben vertrauen können. Die Kirche ist auch in dem Sinne nicht nur Verein, weil sie nicht nur Menschenwerk ist, wenn es nur Menschenwerk wäre, würde sie längst nicht mehr existieren.



domradio.de: Es bleibt also spannend im Dialogprozess.

Glück: Davon kann man schon ausgehen, wo keine Spannung ist, geschieht in der Regel auch nichts Neues. Spannung ist Voraussetzung für eine fruchtbare Entwicklung.



Das Interview führte Matthias Friebe (domradio.de)