Katholiken setzen Dialogprozess in Hannover fort

Vertrauen und Strahlkraft zurückgewinnen

Das Leitbild ist schon oft formuliert worden: Die katholische Kirche in Deutschland will künftig eine stärker dienende und zuhörende Kirche sein. Die Rede ist auch von einer "Pastoral der Barmherzigkeit", die Menschen mit Brüchen in ihrem Leben mehr in den Blick nimmt.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Am Freitag und Samstag werden diese Ziele in Hannover wieder beschworen werden. Dann treffen sich 300 Vertreter aus Diözesen, Orden, Hochschulen und Verbänden aus ganz Deutschland zur zweiten Runde des Dialogprozesses, mit dem die Kirche neues Vertrauen und neue Strahlkraft gewinnen will. 38 Bischöfe haben sich angemeldet, mehr als beim Auftakt vor einem Jahr in Mannheim. Ging es damals um eine Bestandsaufnahme nach dem Missbrauchsskandal, so steht nun die Rolle der Kirche in der freien Gesellschaft im Mittelpunkt - unter dem Motto "Die Zivilisation der Liebe" .



Nach Mannheim waren alle Beteiligten voll des Lobes über die gute Gesprächsatmosphäre. In der niedersächsischen Landeshauptstadt liegt die Latte jetzt höher: "Hannover muss mehr konkrete Ergebnisse bringen als Mannheim", sagen der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), Alois Glück, und der Theologe Gerhard Kruip, der vor einem Jahr ein umstrittenes Memorandum für Reformen in der Kirche mit auf den Weg brachte. "Die Menschen müssen sehen können, dass die Kirche sich bewegt und dass es zeitnah zumindest in manchen Bereichen konkrete Fortschritte geben kann", fordert Kruip. Auch Glück befürchtet bei Stagnation einen Rückzug vieler engagierter Katholiken, insbesondere von Frauen.



Doch was kann ein solches Forum überhaupt leisten? "Hannover ist keine Synode und hat keine Entscheidungskompetenzen", dämpfen Bischofskonferenz und Laienkomitee Erwartungen. Trotzdem hält es etwa Kruip für machbar, dass sich die anwesenden Bischöfe verpflichten, sich gegenüber Rom für gezielte Veränderungen einzusetzen: "Ein Traum wäre es, wenn sie sich für eine neue Synode in Deutschland aussprechen würden."



Konkretes Arbeitsprogramm

Glück bezeichnet es als Ziel, dass aus dem Treffen ein konkretes Arbeitsprogramm zu einigen Schlüsselthemen entsteht - etwa zum Staat-Kirche-Verhältnis oder zum kirchlichen Arbeitsrecht. Er erhofft sich außerdem ein klares Bekenntnis zum gesellschaftlichen Engagement der Kirche. Sie müsse angesichts der geballten Krisen von Wirtschaft, Sozialem und Umwelt ihren Beitrag leisten. Es gebe aber derzeit Kräfte, die einem Rückzug auf das "religiöse Kerngeschäft" das Wort redeten.



In einem Vorbereitungspapier hat das ZdK seine Schwerpunkte für Hannover benannt. Die Kirche könne bei Zukunftsfragen wie dem demografischen Wandel eine wichtige Rolle spielen. "Sie kann Dinge aussprechen, die die Politik aus Angst vor dem Wähler nicht anpackt", heißt es. Voraussetzung dafür ist nach Ansicht von Glück aber nicht nur Kompetenz in ethischen Fragen und in Sachfragen.

Notwendig sei auch eine hohe Glaubwürdigkeit; dabei werde die Kirche etwa am Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, an der Rolle der Frauen und in ihrer Funktion als Arbeitgeber gemessen.



Das ZdK sorgt sich ferner um den politischen Katholizismus: Katholiken müssten zum öffentlichen Engagement ermutigt werden. Bischöfe sollten anerkennen, dass Kompromisse in der Politik erforderlich seien, heißt es angesichts von Kritik an Abstimmungen zu ethischen Fragen. Massive Sorgen formuliert das ZdK mit Blick auf die Bildung von Großgemeinden und einen Rückzug der Kirche aus den Lebensräumen der Menschen. Kirche verliere damit auch an Bodenhaftung.



Für den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, geht es in Hannover insbesondere um die Rolle der Kirche in einer freiheitlichen Gesellschaft sowie um eine größere Nähe zu hilfsbedürftigen Menschen. Der Katholischen Nachrichten-Agentur

(KNA) sagte er: "Ich spüre die Ungeduld und bin selbst manchmal auch ungeduldig. Denn wir müssen schauen, dass der Weg in die Zukunft konkreter wird. Der Dialogprozess ist aber auf mehrere Jahre angelegt." Wichtig sei eine neue Gesprächskultur: "Dann haben wir viel erreicht."