Bischöfe reagieren auf harsche Kritik im Internet meist gelassen

Das Kreuz im Kreuzfeuer

"Flüchtlinge" oder "Islam" - eines dieser Stichwörter reicht oft schon aus, um eine Flut negativer Kommentare heraufzubeschwören. Das bekommen auch die katholischen Bischöfe in Deutschland zu spüren. Zuletzt Erzbischof Woelki.

Autor/in:
Paula Konersmann
Kardinal Woelki (DR)
Kardinal Woelki / ( DR )

"Solche Kirchenführer braucht Deutschland nicht", schreibt jemand auf Twitter, ein Facebook-Nutzer meint: "Diese Anbiederung an den Islam ist kaum noch erträglich." Beide Kritiker haben Kölns Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki im Visier. Er hatte am Sonntag erklärt, eine der großen Weltreligionen werde von der Alternative für Deutschland (AfD) "in gehässiger Absicht an den Pranger gestellt".

Deren Anti-Islam-Kurs sorgt seit einer Woche für Debatten, wozu Woelki in seinem wöchentlichen Bischofswort für domradio.de sagte: "Solche Alternativen für Deutschland brauchen wir nicht."

Die darauffolgende Kritik ist kein Einzelfall - und die Reaktionen seien insgesamt "durchaus differenziert", betonte Bistumssprecher Christoph Heckeley auf Nachfrage. Doch immer wieder geraten deutsche Bischöfe ins Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik - und in jüngster Zeit immer wieder wegen Äußerungen zur Flüchtlingssituation und zum Umgang mit dem Islam.

Viele Reaktionen auf "Licht aus am Dom"

Schon 2015 setzte das Erzbistum Köln ein deutliches Signal: "Licht aus am Dom" hieß es während einer Kundgebung des Pegida-Ablegers Kögida. Am Gotteshaus wurde die Außenbeleuchtung abgeschaltet, um den Demonstranten keine symbolträchtige Kulisse zu bieten. Einige Reaktionen darauf erfüllten den damaligen Dompropst Norbert Feldhoff mit Sorge, wie er im WDR sagte.

Im vergangenen Herbst blieb auch der Domberg in Erfurt bei einer AfD-Demonstration dunkel. Redner der Partei kritisierten die Kirche und Bischof Ulrich Neymeyr, der die Entscheidung jedoch verteidigte.

Bei der AfD seien Töne zu hören gewesen, die mit seinem Verständnis von Mitmenschlichkeit unvereinbar seien. Gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sprach Neymeyr von etwa 200 Zuschriften, "die zum größten Teil ablehnend und oft beleidigend formuliert waren". Ein Dialog sei schwierig. So habe es Äußerungen "über meine Person und die Kirche" gegeben, "die erst einmal zwischen uns stehen". Die Causa "Domberg" markierte damit wohl den ersten öffentlichen Konflikt zwischen AfD und Kirche.

Erzbischof Schick erhielt Todesdrohungen

Mehrfach wurde auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick zur Zielscheibe von Kritik, nachdem auch er sich wiederholt kritisch zu Pegida und AfD geäußerte hatte. Im März berichtete er in den "Nürnberger Nachrichten" von heftiger Kritik "bis hin zu Todesdrohungen".

Von einer konkreten Gefährdung gehe man nicht aus, sagte Bistumssprecher Harry Luck damals der KNA. "Wir nehmen das aber als Hinweis aus dem sich verschärfenden Ton der gesellschaftlichen Debatte ernst." Schick selbst ergänzte dennoch unlängst im KNA-Interview: "Wer einen anderen bedroht, verunglimpft, Angst macht, der kann nicht das christliche Abendland für sich in Anspruch nehmen."

Ethikratsmitglied kritisiert pauschale AfD-Verurteilungen

Freilich gibt es auch sachliche Kritik an der Position der Kirchen. Der Chemnitzer CDU-Abgeordnete Frank Heinrich etwa sagte vor kurzem der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt", er wäre "vorsichtig damit, den Einzelnen wegen seiner Mitgliedschaft in der AfD oder einer Teilnahme an Demonstrationen von Pegida zu verurteilen".

Auch der evangelische Theologe Peter Dabrock, neu ernanntes Mitglied im Ethikrat, warnte kürzlich vor einer pauschalen Verurteilung der gesamten AfD. Innerhalb der Partei gebe es unterschiedliche Strömungen, sagte er im Deutschlandfunk. Manche Menschen fühlten sich angesichts des Wandels etwa des Familienbildes politisch heimatlos.Es sei nicht sinnvoll, sie in die rechte Ecke zu stellen.

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck beschrieb im KNA-Gespräch ebenfalls eine "spürbare Angst", die gesehen werden müsse. Veränderungen machten den meisten Menschen Angst. "Wir müssen uns auf unruhigere Zeiten einstellen." Es habe ihn jedoch sehr nachdenklich gemacht, dass "eine gewisse Klientel" ihm als Bischof nicht nur das Recht auf Meinungsfreiheit abspreche, sondern Leib und Leben bedrohe.

"Aber", so der Ruhrbischof, "ich bin ein gottvertrauender Mensch und bleibe bei dem, was ich mit geprüftem Gewissen meine, sagen zu müssen."

 


Msgr. Kleine mit Domplakat gegen Diskriminierung  / © Mira Unkelbach (Dombauhütte Köln)
Msgr. Kleine mit Domplakat gegen Diskriminierung / © Mira Unkelbach ( Dombauhütte Köln )
Quelle:
KNA