Kardinal Woelki: Jeder Kirchenaustritt ist einer zu viel

Hinaus zu den Menschen

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki wirbt für den Dialog mit Nichtglaubenden. "Wir sind lange keine Volkskirche mehr." Woelki hofft auf Impulse, die vom 100. Katholikentag in Leipzig ausgehen.

Rainer Maria Kardinal Woelki / © Harald Oppitz (KNA)
Rainer Maria Kardinal Woelki / © Harald Oppitz ( KNA )

Kardinal Woelki wird nach dem Fronleichnamsfest in Köln zum 100. Katholikentag nach Leipzig reisen und sich am Programm beteiligen. Für ihn machen die Katholikentage erlebbar, dass Christen nicht im "Wolkenkuckucksheim" leben, sagte Woelki in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit www.100tage100menschen.de, der Storytelling-Website des 100. Deutschen Katholikentags im Mai in Leipzig.

Miteinander ins Gespräch kommen

Der Katholikentag findet mit Leipzig in einem säkularen Umfeld statt. Mit Respekt und Informiertheit könne der Dialog mit Nicht-Glaubenden gelingen. Woelki fügte hinzu, dass Respekt dabei mehr sein müsse als "bloß eine Form von Toleranz", bei der man einander gewähren lässt. "Wir müssen schon miteinander ins Gespräch kommen über Gott und die Welt und über das, was wir an Sinn- und Glaubensüberzeugungen in diese Gesellschaft einbringen."

Woelki erinnerte im Interview mit dem Katholikentagsteam an den christlichen Grundauftrag. Nicht nur in der Diaspora, sondern auch in einstigen Hochburgen kehren Menschen der Kirche ihren Rücken zu. "Jeder Kirchenaustritt ist einer zu viel", sagte Woelki. "Wir dürfen nicht so tun, als sei diese Entwicklung schicksalsergeben zu ertragen."

Woelki: schlimmste Krisen waren selbstverschuldet

Der Kölner Erzbischof warnt jedoch vor zu viel Pessimismus: "Natürlich haben uns in den letzten Jahren diverse Krisen durchgeschüttelt, und die schlimmsten waren selbstverschuldet." In den neuen Herausforderungen sollten Christen den Anruf Gottes erkennen, "der uns hier, heute und jetzt in diese konkrete Situation sendet mit dem Auftrag, seine Kirche zu sein".

Er wünscht sich eine Kirche, die ihrer Berufung folgt und hinausgeht zu den Menschen, um das Wort Gottes unter die Menschen zu bringen. "Gemeinden etwa müssen Orte sein, an denen man erfahrbar gemeinsam glaubt, lebt und hofft." Auch die caritativen Einrichtungen sollten erfahrbare Orte des Glaubens sein.

Impulse für die Flüchtlingshilfe

Weiter hofft Woelki, dass die Teilnehmer des Katholikentages in Leipzig Impulse in der Flüchtlingsfrage setzen können. Wichtig seien folgende Punkte: eine Integrationskultur zu schaffen, Flüchtlingen in ihren Herkunftsländern und den Nachbarstaaten zu helfen und die Fluchtursachen zu bekämpfen, unter anderem durch einen nachhaltigen Konsum.

Das Erzbistum Köln hatte unter der Federführung von Kardinal Woelki Ende 2014 die Aktion Neue Nachbarn gestartet, ein Netzwerk zur Flüchtlingshilfe. Allein 2015 hatte das Bistum über 390 kostenlose Deutschkurse mit etwa 7.400 Teilnehmenden angeboten. 30 Flüchtlingsheime sind in Trägerschaft von kirchlichen Organisationen des Bistums. Insgesamt stellt das Erzbistum Köln 27,5 Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe bereit.

Woelki dankt den vielen ehrenamtlichen Helfern für ihr Engagement. Bei vielen Ehrenamtlichen führe das Engagement zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben.


Quelle:
DR