CDU-Politikerin Steinbach verteidigt Tweet gegen Kritik

Ruf nach Konsequenzen wird lauter

Die Kritik am Tweet der CDU-Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach reißt nicht ab. Neben dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki warfen ihr auch verschiedene Oppositionspolitiker Stimmungsmache vor. Kritik kommt auch aus den eigenen Reihen.

CDU-Politikerin Erika Steinbach / © Britta Pedersen (dpa)
CDU-Politikerin Erika Steinbach / © Britta Pedersen ( dpa )

Woelki lastete Steinbach an, zu spalten und Ängste zu schüren. Auslöser war ein Tweet der Sprecherin für Menschenrechte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Samstagmittag, der für einen regelrechten Shitstorm im Internet sorgte. Steinbach hatte am Wochenende ein Bild auf dem Kurznachrichtendienst verbreitet, das ein kleines blondes Kind inmitten einer Gruppe dunkelhäutiger Menschen zeigt. Überschrieben ist das Foto mit den Worten "Deutschland 2030", darunter steht: "Woher kommst du denn?"

pic.twitter.com/wuFPXFwcLu

— Erika Steinbach (@SteinbachErika) 27. Februar 2016

Steinbach verteidigt Tweet

Die CDU-Bundestagsabgeordente hat sich derweil nach der heftigen Kritik an einem Twitter-Beitrag verteidigt. "Das Foto schickte mir ein besorgter Vater aus Frankfurt am Main, dessen Kind in seiner Klasse nur noch zwei weitere deutsche Mitschüler hat. Das Foto hatte er in der Mail mit angehängt", erklärte Steinbach der "Bild"-Zeitung (Montag).

Steinbach erklärte jetzt, das Foto zeige lediglich ein Problem, das die Menschen umtreibe. "Es ist kein aggressives Foto. Es sind auch keine arabischen Flüchtlinge darauf zu sehen, sondern freundliche Inder, die das Kind neugierig und interessiert ansehen." Auf die Frage, ob Deutschland 2030 wirklich so aussehen könne wie auf dem Foto, antwortete sie: "Die Daten deuten darauf hin. In Großstädten gibt es jetzt schon einen erheblichen Anteil nichtdeutscher Bevölkerung."

Nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeigers" verbreitete ursprünglich, im September 2015, der prominente neurechte Islamhasser "Michael Mannheimer" das betreffende Bild. Gegen ihn wurde bereits wegen Volksverhetzung ermittelt. Das Foto kursiert zudem in rechtsradikalen Blogs.

Gegenwind aus den eigenen Reihen und von der Opposition

Aus den eigenen Reihen gab es Gegenwind für Steinbach. CDU-Generalsekretär Peter Tauber hatte seiner Parteikollegin auf Twitter geantwortet: "Liebe @SteinbachErika, da ich nicht schon wieder Schimpfworte benutzen will, sage ich zu Deinem letzten Tweet jetzt nichts."

Am distanzierte sich auch der Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Volker Kauder (CDU), von seiner Parteikollegin. "Das ist nicht die Position der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und selbstverständlich auch nicht meine", erklärte Kauder in Berlin und fügte hinzu: "Damit ist zu diesem Vorgang alles gesagt."

Auch Politiker anderer Parteien meldeten sich zu Wort und übten Kritik an dem Tweet. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht, sprach von einer "weiteren Entgleisung" von Steinbach. "Mit derlei propagandistischen Witzen auf Kosten derjenigen, die vor Krieg und Terror geflohen sind, diskreditiert sich Frau Steinbach auf ganzer Linie", erklärte sie.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, forderte ein Parteiordnungsverfahren. "Wenn Steinbach keine Einsicht zeigt, muss die CDU ihr eine rote Linie aufzeigen", sagte er in Berlin. Demokratische Parteien dürften angesichts rassistischer Hetze nicht beliebig werden, "sonst bekommen Rassisten, AfD und Pegida stimmungsmäßig die Oberhand."

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner nannte den Tweet im "Bericht aus Berlin" in der ARD nicht hilfreich". Beiträge wie dieser zeigten, dass es eine "Obergrenze für Dummheit" brauche.

Der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, bezeichnete Steinbach unterdessen als menschenrechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion für nicht mehr tragbar. "Die Union muss sich jetzt klar dazu verhalten", forderte er im "Kölner Stadt-Anzeiger". Der Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, erklärte derselben Zeitung: "Ich erwarte von Herrn Kauder, dass er derartige rassistische Entgleisungen nicht ohne Konsequenzen für Frau Steinbach lässt." Steinbach hatte schon mehrfach durch Äußerungen im Internet für heftige Debatten gesorgt.

Zustimmung und Kritik für Kardinal Woelkis Worte

Auf der anderen Seite erhielt die Politikerin auch Zustimmung und wehrte sich am späten Abend über Twitter gegen die Kritik. Unter anderem schrieb sie von "Galgenhumor" und davon, dass sie allen "Realitätsverweigerern" sagen wolle, dass mehr Menschen in Deutschland die Sorge hätten, "dass Einheimische zur Minderheit werden als Sie es für möglich halten".

Zu Kardinal Woelkis Reaktion schrieb Steinbach außerdem: "Logisch denken sollte ein Kardinal können. Nicht Menschen auf dem Bild sind Ziel, sondern Zuwanderungspolitik!". Auf Twitter und Facebook gab es viel Zustimmung zu Woelkis Worten, aber auch zum Teil heftige Kritik an den Worten des Kardinals.

Steinbach hatte schon mehrfach durch Äußerungen im Internet für heftige Debatten gesorgt. Unter anderem hatte sie nach dem Anschlag auf die Redaktion der Satirezeitung "Charlie Hebdo" in Paris geschrieben: "Nur kath. Kirche kritisieren, sonst lebensgefährlich", und das ergänzt durch einen zwinkernden Smiley. Auf die zum Teil harsche Kritik hatte die ehemalige Präsidentin des Bundes der Vertriebenen später erklärt, bei so grausamen Taten helfe nur Ironie: "Meinungsfreiheit mag nicht jeder, wenn es nicht die eigene ist."


Quelle:
KNA , DR , epd