Kardinal Woelki zum Umgang mit Islamischem Staat

"Auch IS-Terroristen haben Menschenwürde"

Die Menschenwürde gilt nach Worten von Rainer Maria Kardinal Woelki auch für Mitglieder der Terrormiliz IS. Es seien vielfach junge Leute, "die sich zu kurz gekommen fühlen und dann Rattenfängern in die Hände fallen und fanatisiert werden".

Rainer Maria Kardinal Woelki / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Rainer Maria Kardinal Woelki / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Das sagte der Kölner Erzbischof dem Münchner Magazin "Focus". Deshalb müsse alles getan werden, ihnen eine Perspektive zu bieten. Dann wäre ein großer Teil der Betroffenen nicht mehr für solche radikalen und fanatischen Weltbilder empfänglich.

Der Kardinal unterschied zugleich zwischen den einzelnen Personen und der Gruppierung. Es sei "klar, dass es sich beim IS um eine Terrorbande handelt, um eine Mörderbande", sagte Woelki. Gegen sie müsse daher mit den Mitteln der Terrorismusbekämpfung vorgegangen werden.

Islamismus keinen Raum geben

Der Kölner Erzbischof sprach sich außerdem dafür aus, zwischen Islam und Islamismus zu differenzieren. Dem Islamismus dürfe in Deutschland kein Raum gegeben werden. Der Islam habe dagegen eine "ganz große Kultur" und könne "als Religion für unsere Gesellschaft auch eine Bereicherung sein". Auf der Basis des Grundgesetzes "müsste eigentlich ein friedliches Miteinander in einer solchen multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft, zu der wir uns wahrscheinlich entwickeln werden, möglich sein".

In Köln lebten tausende Muslime seit vielen Jahren und hätten sich in der Regel gut integriert, sagte Woelki. Als er noch in Berlin gelebt habe, sei er "fast ausschließlich von Muslimen umgeben" gewesen. Zu ihnen habe er ein "völlig unkompliziertes Verhältnis" gehabt. Viele von ihnen seien traurig gewesen, als er weggegangen sei.

Widerstand Christen in die Wiege gelegt

Im Gespräch mit dem Magazin "Focus" betonte der Kölner Kardinal weiter, dass den Christen Widerstand in die Wiege gelegt sei. "Wir haben gerade in der gegenwärtigen Situation in Deutschland auch als Kirche deutlich signalisiert, dass wir nicht alles mitmachen können", sagte er. "Wir sind in Bezug auf Flüchtlinge gegen Obergrenzen, kämpfen für ein Asylrecht der Kirchen und wollen, dass das Asylrecht als individuelles Recht erhalten bleibt." Es gehe um einen spezifisch christlichen Beitrag zur humanen Entwicklung der Gesellschaft, fügte Woelki hinzu. Wohl und Würde der Menschen hätten dabei "Priorität gegenüber jedweder Ideologie".

Niemand müsse "Angst vor denen haben, die zu uns kommen, um in Sicherheit zu leben", sagte der Kardinal. Die Gesellschaft werde sich verändern, aber in der Zuwanderung steckten auch Chancen. Woelki rief die EU-Mitgliedsländer auf, sich an die große abendländisch-christliche Tradition Europas zu erinnern. Es sei nicht möglich, nur die schönen Seiten Europas anzunehmen und nur ökonomische Vorteile für sich zu reklamieren. Das mit Europa verbundene Werte- und Menschenbild müsse von allen Staaten eingelöst werden.

Daher sei "nicht akzeptabel, dass Menschen, die vor Krieg und Terror geflüchtet sind und lange Wege hinter sich gebracht haben, an Zäunen abgewiesen, mit Stöcken empfangen werden oder im Mittelmeer ertrinken", betonte der Kölner Erzbischof. Wenn eine irakische Familie bei der Überfahrt übers Mittelmeer all ihre sieben Kinder mit einem Schlag verliere, sei das für ein Europa der Menschenrechte "skandalös".

Die Haltung der polnischen Regierung, unter Hinweis auf die christliche Tradition des Landes keine muslimischen Einwanderer zu akzeptieren, kann Woelki nach eigenen Worten "nicht nachvollziehen". Das Christentum sehe in jedem Menschen unabhängig von dessen Hautfarbe, Religion und sozialem Stand Gottes Ebenbild. "Jedes Land, das sich als christlich bezeichnet, hat die Pflicht, dem Menschen zu helfen", sagte er.

Weihnachten als "Exportschlager"

Auch über das anstehende Weihnachtsfest äußerte sich der Kölner Kardinal. Er sieht im Weihnachtsfest einen "Exportschlager". "Selbst in Dubai stehen ja Weihnachtsbäume", sagte Woelki. Dies liege daran, dass das Fest "Antworten auf die Sehnsüchte und Hoffnungen der Menschen" biete. Gott habe mit seiner Menschwerdung vorgemacht, wie die Welt menschlicher gemacht werden könne. Wenn Weihnachten nicht von den Stilisierungen der Werbeindustrie überlagert und alles auf "Glühwein, Weihnachtsbäume, Sterne und Engelein reduziert" werde, könne sich etwas von dieser christlichen Botschaft zeigen.


Quelle:
KNA