Ökumenischer Gottesdienst für Flüchtlinge

Ein Zeichen der Toleranz aus Köln

Das Erzbistum Köln will auf die ertrinkenden Flüchtlinge im Mittelmeer aufmerksam machen. Deswegen findet im Juni ein großer ökumenischer Gottesdienst auf dem Kölner Roncalliplatz statt. Details verrät Erzbischof Woelki  im domradio.de-Interview.

Woelki im Maternushaus / © Jana Banse
Woelki im Maternushaus / © Jana Banse

domradio.de: Am 20. Juni ist der Welttag der Flüchtlinge, am Vorabend wird es ein besonderes Ereignis auf dem Roncalliplatz vor dem Kölner Dom geben. Was ist da geplant?

Rainer Maria Kardinal Woelki (Erzbischof von Köln): Wir möchten im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes – ich werde Präses Rekowski noch darauf ansprechen und ich bin ganz sicher, dass er da mitmacht – auf die im Mittelmeer ertrinkenden Flüchtlinge aufmerksam machen, wir wollen für sie beten. So wie wir es für die Absturzopfer des Flugzeugunglückes gemacht haben. Wir wollen auch die Möglichkeit geben, dass Flüchtlinge berichten können über ihr Lebensschicksal, über ihre Flucht. Und damit möchten wir eine bundesweite Öffentlichkeit herstellen. Wir wollen über den Gottesdienst helfen, Menschenleben zu retten. Vielleicht kann es uns gelingen, Spenden darüber einzunehmen, um auf Boote mit aufzusatteln, die Menschen retten und aufnehmen. Insgesamt ist natürlich auch angestrebt, dass wir dann Ausbildungsmöglichkeiten in der großen Ausbildungs- und Bildungsinitiative in Afrika ermöglichen, damit dort junge Menschen Ausbildung erfahren. Rupert Neudeck ist da mit im Boot, er kam auch mit auf die Idee in der vergangenen Woche. Das wäre wirklich eine tolle Sache, wenn da viele dran teilnehmen können und von Köln aus ein Zeichen für Toleranz und Willkommenskultur ausgehen kann.

domradio.de: Besteht da auch die Möglichkeit, dass das Erzbistum Köln sich an einem Boot im Mittelmeer beteiligt?

So weit sind wir noch nicht. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen mit aus dem Mittelmeer gerettet werden. Auch über diesen Gottesdienst. Es ist ja schon mal wichtig, dass wir eine Bewusstseinsveränderung herbeiführen und ich denke, dass es viele Menschen guten Willens gibt, die da helfen. Wir werden das in den kommenden Wochen auch mit Rupert Neudeck und sicher auch mit der evangelischen Kirche noch einmal abzuklären haben.

domradio.de: Sie üben aber auch Kritik, Sie werfen den Politikern Versagen vor.

Zumindest glaube ich, dass die Politik gegenwärtig dazu nicht in der Lage ist und es nicht schafft,  die Probleme dort in Afrika zu lösen. Wir können nicht einfach durch die militärische Zerstörung von Schleuserbooten die Mauern für die Flüchtlinge im Mittelmeer höher und das Mittelmeer tiefer machen.  Die Menschen werden einfach kommen, weil sie verfolgt werden, weil sie unter Krieg und den politischen Systemen leiden. Sie leiden auch darunter, dass sie an unserem Wohlstand nicht teilhaben. Wir müssen endlich bereit sein, auch zu teilen und sie teilhaben zu lassen, an dem, was für uns selbstverständlich ist: Bildung, Ausbildung, Wohlstand. Und das wäre sicherlich der zweite Punkt in dieser großen Aktion, dass wir versuchen wollen, nicht zuletzt auch hoffentlich mit unseren kirchlichen Einrichtungen – das wäre mein Wunsch, davon träume ich – mit Caritas International, mit Kolping, mit Misereor, mit Missio in einer konzertierten Aktion uns zusammenzusetzen und systematisch für Bildung und Ausbildung dort in Afrika zu sorgen. Da passiert vieles, aber da muss sicherlich noch mehr geschehen, weil die Zahl derer, die deswegen nach Europa kommen möchte, doch immens groß ist. Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 18 Millionen Afrikaner darauf hoffen und darauf warten, nach Europa zu kommen. Sie erhoffen sich hier bessere Lebensverhältnisse. Es kann nicht darum gehen, einfach Orte in Niger oder in anderen Ländern zu schaffen, wo man potentielle Flüchtlinge berät und ihnen sagt, ihr könnt kommen und habt eine Möglichkeit, legal nach Europa einzureisen – die anderen werden es dann illegal versuchen. Entscheidend ist, dass wir die Verhältnisse vor Ort zu verändern beginnen und da können wir glaube ich auch als Kirche einiges tun.

 

Das Interview führte Johannes Schröer


Quelle:
DR