domradio.de-Chefredakteur kommentiert Woelkis Rückkehr an den Rhein

Ein erstklassiger Libero

Der gebürtige Kölner Rainer Maria Woelki kommt aus Berlin zurück an den Rhein und wird neuer Erzbischof in Köln. domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen kennt Woelki seit dessen Zeit als Geheimsekretär Kardinal Meisners.

Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige (DR)
Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige ( DR )

"Oh Gott, ein Weihbischof aus der Kölner `Kardinal-Meisner Schmiede´ übernimmt das Erzbistum Berlin", "Zur Hilfe, er hat auch noch an der Opus-Dei-Uni promoviert", "Rainer Maria Woelki – der Name sagt doch schon alles: stockkonservativer reaktionärer Kirchenmann" – so lauteten die gängigen Vorurteile 2011 in Berlin. Schublade auf, Schublade zu und raus bist Du.

Doch dann: Wunderbar, der neue Berliner Kardinal kommt in dunklen Jeans daher und begegnet Homosexuellen auf Augenhöhe. Er isst und trinkt mit Obdachlosen. Unfassbar, er holt und schmiert sogar seine Brötchen selber, radelt freihändig durch die Berliner Luft oder kommt mit der S-Bahn zum Termin. Er wohnt nicht in der Bischofsresidenz, ruft mal eben die Gemeindeschwester an und setzt sich in der Abendmesse hinten in die Kirchenbank dazu. (Übrigens alles, lange bevor der Bischof in Rom mit solchen Aktivitäten für Schlagzeilen sorgte.) Rainer Woelki, ein Kardinal zum Gernhaben. Ein moderner, liberaler Kirchenreformer, wie die Welt ihn heute braucht. Schublade auf, Schublade zu und raus bist Du.

Zu Beginn war der Kurs der "Aktie Woelki" in Berlin genauso tief im Keller, wie er schon Monate später oben durch die Decke schoss. Gerade ob seiner völlig uneitlen Art hatten die Medien ihren Gefallen an dem jungen Kardinal. Spätestens als er den Heiligen Vater im Berliner Olympiastadion völlig frei, locker und souverän begrüßte, flogen ihm auch die Herzen zu – gerade auch die der Nicht-Christen. Inzwischen hat sich der Kurs der "Aktie Woelki" Gott sei Dank ein wenig abgekühlt, aber mit diesem neuen Kölner Kardinal darf das Erzbistum Köln zukünftig rechnen.

Wenn Papst und Domkapitel ihr Vertrauen auf ihn gesetzt haben, werden sie gewusst haben, warum. Woelki hat das Zeug zu einem echten Kölner Erzbischof. Er bringt alles mit, was die Kölner und die Weltkirche gerade in der heutigen Zeit sehr gut gebrauchen können: Gerade weil sich der Mensch Rainer Woelki in keine Schublade stecken lässt. Gerade weil Kardinal Woelki ein beharrlicher Bewahrer des Glaubens im besten konservativen Sinne ist. Gerade weil der neue Erzbischof Rainer seine eigenen Spuren hinterlässt und bei der Nachfolge Christi mutig neue Wege einschlägt, anstatt alten ausgetrampelten Heereswegen blind zu folgen. Ein frischmoderner Zeitgenosse, der nicht jedem Irrweg des Zeitgeistes hinterher hechelt, um von allen geliebt zu werden.

Da unsere Jungs gerade im Finale stehen und Woelki bekennender Fußballfan ist, mag man mir den Vergleich verzeihen: Woelki ist auf dem Kirchengrün ein Libero der alten Schule, auf die man im Fußball heute glaubt, verzichten zu können. Er hält hinten den Laden dicht und die eigenen Reihen geschlossen. Er strahlt Ruhe, Sicherheit und Zuversicht auf alle aus. Er wird immer da sein, wenn die Kirche ihn braucht und die sich auftuenden Freiräume geschickt nutzen. Das alles ohne jede Spur von Selbstverliebtheit. Ein sympathischer Teamspieler obendrein. Dieser erstklassige Libero ist somit nicht nur für Köln eine sehr gute Wahl. Für die Christen in Deutschland ist er, der künftig am Kölner Dom als junger Kirchen-Kapitän seinen festen Stammplatz hat, ein echter Gewinn.


Quelle:
DR