Kardinal Woelki kritisiert Vermögensverhältnisse in Deutschland

Ungleich und ungerecht

Am Mittwoch will die Bundesregierung ihren Armutsbericht veröffentlichen. Rainer Maria Kardinal Woelki äußerte sich bereits jetzt dazu - und kritisierte, dass Wohlstand in Deutschland immer ungleicher verteilt sei.

 (DR)

Es dürfe nicht sein, dass mehr als die Hälfte des Privatvermögens im Besitz von nur zehn Prozent der Bevölkerung konzentriert seien, sagte der Berliner Erzbischof im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Man müsse fragen, ab wann Ungleichheit zu Ungerechtigkeit werde, und was dies für den Zusammenhalt einer Gesellschaft bedeute. Woelki äußerte sich zum Armutsbericht der Bundesregierung, der am Mittwoch im Kabinett verabschiedet und dann veröffentlicht werden soll.

Zugleich distanzierte sich Woelki von der Behauptung, dass in Deutschland die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher würden. Diese Sicht könne man dem Bericht der Bundesregierung nicht entnehmen. Offenbar sei der Trend seit den Arbeitsmarkt- und Sozialreformen unter dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gebremst worden. Deutschland stehe in dieser Hinsicht heute besser da als andere Länder, erläuterte Woelki, der auch die Caritas-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz leitet.

Platz der Armen in den Gemeinden

Mit Nachdruck kritisierte der Kardinal die Tatsache, dass es der Politik noch immer nicht gelungen sei, bestimmte soziale Gruppen wie Alleinerziehende, Arbeitslose, Menschen mit Migrationshintergrund und kinderreiche Familien vom Armutsrisiko zu befreien. Angesichts der negativen Langzeitfolgen von Armut seien vorbeugende Maßnahmen dringend erforderlich. Dazu gehörten vor allem bessere Bildungschancen für alle.

Woelki betonte, die katholische Kirche müsse selbstkritisch fragen, welchen Platz sie den Armen in ihren Gemeinden gebe. Dazu gehörten die Fragen: "Kennen wir die Armen? Finden sie eine Heimat in unseren Gemeinden?" Die Caritas leiste viel auf diesem Gebiet, aber die Kirche dürfe die Zuwendung zu den Armen "nicht einfach an die Sozial-Profis von der Caritas delegieren und das Thema damit für erledigt halten". Die Caritaskommission der Deutschen Bischofskonferenz werde sich demnächst intensiv mit diesem Problem befassen. Ziel sei es, die Arbeit der Caritas und die Ebene der Gemeinden besser miteinander zu vernetzen.


Quelle:
KNA , DR