Erzbischof Woelki feiert mit einen Gottesdienst

Weihnachten in der JVA - und wieder außerhalb

Der Erzbischof von Berlin Rainer Maria Woelki hat mit Gefangenen in der JVA Tegel an Heiligabend eine Messe gefeiert - im domradio.de-Interview berichtet er. Weihnachten hinter Gittern ist für viele Gefangene ein bedrückendes Erlebnis. Viele dürfen deshalb am Fest der Liebe wieder nach Hause.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Jedes Jahr werden in Deutschland vor Weihnachten rund 2.000 Häftlinge begnadigt, deren Entlassungstermin sowieso in die Zeit um den Jahreswechsel fällt. Allein Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes Bundesland hat diesmal rund 1.000 Häftlingen ihre Reststrafe erlassen. Strafgefangene, die ohnehin zwischen 4. November und 2. Januar entlassen worden wären, kamen bereits am 3. November frei, wie das NRW-Justizministerium bestätigte. Im vergangenen Jahr wurden durch den Gnadenakt in NRW 1.096 Personen vorzeitig entlassen, im Jahr davor 998.



Genaue Zahlen für dieses Jahr liegen in den meisten Bundesländern noch nicht vor. In Baden-Württemberg wird erst gar keine zentrale Statistik zur sogenannten Weihnachtsamnestie geführt. In Brandenburg profitierten über 80 Häftlinge von der Regelung, in Berlin waren es 294. Hamburg hat 22 Gefangenen eine Weihnachtsamnestie gewährt, in Bremen bekamen 14 Gefangene einen festtäglichen Strafnachlass und in Niedersachsen 94. Meist wird die sogenannte "Weihnachtsgnade" nur auf Antrag gewährt und von der Strafanwaltschaft geprüft. In vielen Ländern sind Straftäter, die wegen Mordes, Vergewaltigung oder terroristischer Delikte einsitzen, von dem weihnachtlichen Straferlass ausgeschlossen.



Christliche Nächstenliebe

Als eines der ersten Länder führte Bremen diese Regelung nach dem Zweiten Weltkrieg ein. In Niedersachsen gibt es die Weihnachtsamnestie erst seit 1999, in Hessen seit 1991. Als einzige Bundesländer gewähren Bayern und Sachsen keinerlei Strafnachlass zu Weihnachten. Sie berufen sich dabei auf Gerechtigkeitsfragen. "Gnade darf nicht von der Jahreszeit abhängen", begründete die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) diese Haltung. Eine Weihnachtsamnestie bevorzuge zudem Gefangene, deren Haftende zufällig in die Weihnachtszeit fällt.



      Anders als in anderen europäischen Ländern kann der Bundespräsident solche Amnestien für ganze Gruppen von Straftätern nicht gewähren. Das Staatsoberhaupt könne lediglich in engen Grenzen Einzeltäter begnadigen, wenn sie in "Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes" verurteilt wurden, wie es in der Strafprozessordnung heißt.



Begründet wird der Brauch der Weihnachtsamnestie neben der christlichen Nächstenliebe damit, dass den Gefangenen das Feiern im Kreise ihrer Familien ermöglicht werden soll. Auch soll das Personal der Gefängnisse während der Weihnachtszeit entlastet werden. Verwiesen wird außerdem darauf, dass Entlassene in Freiheit eine Wohnung beziehen, einen Job finden oder Hartz IV beantragen müssen. Solche Behördengänge seien in der Weihnachtszeit nicht zu erledigen, wenn die Ämter bereits geschlossen seien. Weiter sollen Familienkonflikte vermieden werden, die entstehen können, wenn ein haftentlassenes Familienmitglied plötzlich zu Weihnachten an der Tür klingelt.