Die Kirchen sind Thema auf den Parteitagen

Entern und Schmusen

Kirchliche Themen haben in der Politik derzeit Hochkonjunktur. Doch ob beim Entern oder beim Schmusen - es ist viel Säbelrasseln und Lyrik dabei. Beim Bundesparteitag der CDU versammelte sich die Parteispitze in der Leipziger Thomaskirche. Bei der SPD ließen sich die Genossen in Berlin von Erzbischof Woelki für ihr Engagement loben.

Autor/in:
Volker Resing
Prälat Karl Jüsten (KNA)
Prälat Karl Jüsten / ( KNA )

Trotz einiger wüster Stimmen hatten die diesjährigen Bundesparteitage im milden Spätherbst für die Kirchen überwiegend freundliche Töne übrig. Bei der CDU versammelte sich die Parteispitze in der Leipziger Thomaskirche, und die Delegierten nahmen die Klänge der Thomaner mit in die Messehallen. Bei der SPD ließen sich die Genossen in Berlin von Erzbischof Rainer Maria Woelki für ihr Engagement loben. Bei der FDP fiel das Thema Kirche aus. Allein bei den Grünen, den Linken und bei den Piraten blies ein kälterer Wind.



Grüne wollen kirchliches Arbeitsrecht kippen

Weihnachten abschaffen? Bei der Piratenpartei wird in den Internetforen zum Bundesparteitag tatsächlich über das Ende oder die Umbenennung kirchlichen Feiertage nachgedacht. Die Grünen wiederum wollen das kirchliche Arbeitsrecht kippen. Bei den Linkspartei schaffte es der Laizismus ins Parteiprogramm. Allerdings wurden nach interner Debatte explizit kirchenfeindliche Passagen wieder getilgt.



Kirchliche Themen haben in der Politik derzeit Hochkonjunktur. Doch ob beim Entern oder beim Schmusen - es ist viel Säbelrasseln und Lyrik dabei. Beim genauen Hinsehen bleibt - zumindest bei den großen Parteien - alles beim Alten. Vorerst zumindest.



Bei der Piratenpartei steckt der Laizismus noch in den Kinderschuhen. Deswegen verabschiedete der Parteitag auch noch einen recht unkonkreten Beschluss, nach dem Kirche und Staat strikt voneinander zu trennen seien. "Finanzielle und strukturelle Privilegien für einzelne Glaubensgemeinschaften" sollen abgeschafft werden. Die parteiinterne Debatte dazu ist, so lässt sich in den Blogs verfolgen, noch recht undifferenziert. So wird von einzelnen Stimmen erwogen, den Sonntag abzuschaffen oder das Kreuz in der Öffentlichkeit zu verbieten. Beschlusslage wurden solche Extrempositionen jedoch nicht. Die Piraten wandten sich aber gegen eine behördliche Erfassung der Religionszugehörigkeit und gegen den Einzug von Kirchensteuern durch den Staat.



Prälat Jüsten: Ungeachtet Differenz ins Gespräch kommen

Der Leiter des katholischen Büros bei der Bundesregierung, Karl Jüsten, reagierte auf Anfrage noch gelassen auf die Vorstöße. Er halte es für notwendig, ungeachtet aller möglichen Differenzen mit der Piratenpartei ins Gespräch zu kommen. Dabei gehe es auch darum zu zeigen, dass sich das bisherige Verhältnis zwischen Staat und Kirchen bewährt habe.



Ganz anders verhielt Jüsten sich zu den Grünen. Die hatten auf ihrem jüngsten Parteitag in Kiel - versteckt in einem langen Antrag - die Abschaffung des eigenständigen Arbeits- und Tarifrechts der Kirchen gefordert. Die Sonderrechte sollten, außer für den "engeren Bereich der Verkündigung", verschwinden. Darüber solle mit den Kirchen in den Dialog eingetreten werden. Jüsten wurde deutlich: Man könne nicht das Gespräch suchen wollen, gleichzeitig aber das Ergebnis schon festschreiben.



Auch bei den Grünen selbst gibt es Unzufriedenheit mit dem neuen Beschluss. Der kirchenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Josef Winkler, stellt schon mal unumwunden fest: "Der Antrag der Grünen bedeutet keinen Kurswechsel." Seine Kritik richtet sich an die eigenen Leute: "In einem langen Antrag zum Thema Demokratie auch irgendwo versteckt die Kirchen zu erwähnen, ist ein Winkelzug, den ich nicht besonders attraktiv finde." Er sei dagegen, dass Rechte der Kirche gegen Rechte der Arbeitnehmer ausgespielt würden, so Winkler. Ob er sich damit langfristig in seiner Partei damit durchsetzen kann, ist aber fraglich.



Zelebrierte Harmonie zwischen Kirchen und SPD

Und so ist schließlich auch die zelebrierte Harmonie zwischen Kirchen und SPD im Advent wohl nicht das Einzige, was in Zukunft bei den Sozialdemokraten zum Thema Kirche zu hören sein wird. Parteichef Sigmar Gabriel beließ es beim Parteitag bei warmen Worten: Die Kirchen seien "Bündnispartner in diesem Kampf für mehr Gerechtigkeit". Auch Jüsten äußert sich anerkennend. Die Laizisten in der SPD wurden vorerst versteckt. Erzbischof Woelki betonte, dass die SPD "um den Gottesdienst gebeten habe". Piraten und Grüne waren auf diese Idee - trotz Advent - nicht gekommen.


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