Papst besucht in Kuba das Heiligtum der "Barmherzigen Jungfrau"

Maria und die Menschenrechte

Benedikt XVI. wandelt auf den Spuren der Revolution - zumindest geografisch: Mexiko, Santiago de Cuba, Havanna. Diese Route hatten 1956 auch Fidel Castro und seine Guerilla gewählt, um den gewaltsamen Umsturz ins Land zu tragen. Der Papst kommt dagegen "als Pilger der Liebe" in das sozialistische Land. Am Dienstag landete er auf dem Flughafen der kubanischen Hauptstadt.

Autor/in:
Thomas Jansen
Papst Benedikt XVI. in Kuba (KNA)
Papst Benedikt XVI. in Kuba / ( KNA )

Zuvor hatte Benedikt XVI. am zweiten Tag seines Kuba-Besuches den Ort besucht, an dem auch schon Fidel Castros Mutter gebetet hatte - für die Unversehrtheit ihres Sohnes im Guerilla-Kampf: das Heiligtum der "Barmherzigen Jungfrau von El Cobre", den bedeutendsten Wallfahrtsort der Insel. Seit 1916 ist die heute in einer Glasvitrine aufbewahrte Madonnenfigur die Nationalpatronin Kubas: ein Symbol nationaler Unabhängigkeit - auch für Nichtgläubige.



Papst betet unmissverständlich für verhaftete Dissidenten

Die kurze Ansprache vor der Wallfahrtkirche zeigte, dass sich Benedikt XVI. keineswegs scheut, auf Kuba das Thema Menschenrechte anzusprechen - gewissermaßen über die Hintertür der Barmherzigen Jungfrau. Er sagte: "Ich habe zur heiligen Jungfrau für die Anliegen jener gebetet, die leiden, jener, die ihrer Freiheit beraubt sind, weit von ihren geliebten Personen entfernt sind oder schwierige Momente erleben." Unmissverständlich eine Fürsprache auch für die verhafteten Dissidenten.



Und so hat es das kommunistische Regime auch verstanden: Das Staatsfernsehen jedenfalls schwenkte während der Live-Übertragung auf die Madonnenfigur und die Zuhörer um, als der Papst diesen entscheidenden Satz sprach. Schon in seiner Begrüßungsrede in Santiago hatte Benedikt XVI. Maria unmittelbar mit dem Thema Menschenrechte verbunden: Der Glauben, der in ihrer Verehrung zum Ausdruck komme, fördere stets die "fundamentalen Rechte des Menschen". Der Tenor ist deutlich: Glauben und Menschenrechte gehören für den Papst zusammen. Ihm kommt es jedoch auf die Reihenfolge an: Die Erneuerung des Glaubens führt zu einem Eintreten für die Menschenrechte.



"Barmherzige Jungfrau" gilt als Symbol für den kubanischen Freiheitskampf

Die Wiederauffindung der "Barmherzigen Jungfrau" vor 400 Jahren war der offizielle Anlass für den Besuch der Karibikinsel. Der Legende nach rettete die gut einen halben Meter hohe hölzerne Figur Anfang des 17. Jahrhunderts Fischer vor Schiffbruch. Der Ort war gut gewählt für ein Bekenntnis zu den Menschenrechten: Denn die Barmherzige Jungfrau war in den vergangenen 200 Jahren nie einfach nur Gegenstand frommer Verehrung. Im 19. und 20. Jahrhundert avancierte sie zum Symbol der kubanischen Nation im Kampf gegen die spanischen Kolonialherren.



Allerdings ist auch der Tiefpunkt der Beziehungen zwischen Revolution und Kirche mit der Jungfrau verbunden: die Ausweisung von Weihbischof Eduardo Boza Masvidal sowie rund 130 Priestern im September 1961 nach Protesten gegen das Regime - während einer Prozession mit der Madonnenfigur.



Zwischenfall vor Gottesdienst sorgt für Aufsehen

Trotz kirchlicher Vermittlungsbemühungen: Auf Kuba sind immer noch etliche Dissidenten inhaftiert. Und dieses Schicksal droht nun möglicherweise auch einem Mann, der vor dem Papstgottesdienst in Santiago "Nieder mit dem Kommunismus" rief, nachdem er eine Absperrung überwunden hatte. Sicherheitskräfte führten ihn ab.



Staatspräsident Raul Castro saß rund 100 Meter entfernt in der ersten Reihe; die "Barmherzige Jungfrau" stand in einer Glasvitrine auf der Altarbühne, und der Papst fuhr noch im Papamobil. Zu größeren Protestkundgebungen gegen das Regime wie 1998 beim Besuch von Johannes Paul II. kam es freilich bislang nicht.



In seiner Begrüßungsansprache hatte Castro stolz verkündet, dass es auf Kuba mittlerweile vollständige Religionsfreiheit gebe. Auf Kuba gibt es zehn katholische Schulen und für rund 6,7 Millionen Katholiken rund 360 Priester.