Papst beendet mit Forderung nach Religionsfreiheit seine Lateinamerikareise

"Hasta siempre" Kuba!

Mit einer großen Abschiedsmesse in Havanna hat Papst Benedikt XVI. seine Lateinamerika-Reise beendet. "Kuba und die Welt brauchen Veränderungen", rief Benedikt XVI. aus. Kernbotschaften seiner 23. Auslandsreise waren der Protest gegen die Gewalt des Drogenkriegs in Mexiko und ein gesellschaftlicher Wandel in Kuba. Menschenrechtler in Kuba äußerten sich enttäuscht über das vorsichtige Agieren des Papstes.

 (DR)

Zum Abschluss seiner dreitägigen Kuba-Reise hat Papst Benedikt XVI. erneut mehr Freiheiten für die katholische Kirche gefordert. Sie würde den Gläubigen ermöglichen, einen Beitrag zum Aufbau der Gesellschaft, zu Frieden und zu harmonischer Entwicklung zu leisten, sagte der Papst am Mittwochvormittag (Ortszeit) auf dem Platz der Revolution in Havanna. Dazu gehöre auch das Recht, die christliche Botschaft öffentlich verkünden und feiern zu können. "Kuba und die Welt brauchen Veränderungen", rief der Papst. Die werde es aber nur geben, wenn sich Menschen frei dazu entschließen könnten, Versöhnung und Brüderlichkeit zu leben.



Papst-Aufruf zum "echten Dienst am Gemeinwohl"

Im Beisein von Staatspräsident Raul Castro rief Benedikt XVI. die Verantwortlichen der Nation auf, weiter gemeinsam mit der Kirche "auf diesem Weg des echten Dienstes am Gemeinwohl der ganzen kubanischen Gesellschaft" voranzugehen. Die Kirche trage mit ihrem Einsatz im Schul- und Universitätswesen weltweit zur Charakterbildung der Menschen bei. Es sei zu hoffen, dass dies "auch bald" auf Kuba möglich würde, so der Papst. Mit der Religionsfreiheit, die sowohl für den Einzelnen als auch für die Kirche gelten müsse, beanspruche er "kein Privileg", sondern weise auf ein Recht hin. "Mit Freude" erkenne er an, dass Kuba bereits Schritte unternommen habe. Nun gelte es, "das Erreichte festzumachen".



In seiner Predigt vor rund 300.000 Menschen, so die Schätzung des Vatikan, rief Benedikt XVI. die Kubaner auf, "Hass" und "verhärteten und blinden Herzen" zu entsagen. Wer Böses tue, sei "Sklave der Sünde" und werde nie zur Freiheit gelangen. Die Betonung der christlichen Werte und Moralvorstellungen hingegen könne alle Kulturen, Völker, Religionen und Nichtgläubige einander näherbringen. Das Christentum zwinge diese Werte nicht auf, sondern biete sie an, so der Papst.



Die Suche nach der Wahrheit

Benedikt XVI. kritisierte gesellschaftliche Strömungen wie Skeptizismus, Relativismus und Fanatismus. Wo die Unfähigkeit einer Erkenntnis der Wahrheit verkündet oder wo die Existenz einer für alle gültige Wahrheit geleugnet werde, würden die Menschen "kalt, wankelmütig und distanziert". Auch gebe es jene, die die menschliche Suche nach der Wahrheit falsch interpretierten und irrational und fanatisch würden. In Verblendung versuchten sie, "ihre Wahrheit" anderen aufzudrängen. Auf der Suche nach der Wahrheit müssten sich Glauben und Vernunft ergänzen.



Die Messe auf dem Platz der Revolution war die letzte Großveranstaltung der Lateinamerika-Reise des Papstes. Bei einer anschliessenden Abschiedszeremonie auf dem Jose-Marti-Flughafen von Havanna bedankte sich Benedikt XVI. für die "herzliche Gastfreundschaft" während des dreitägigen Besuches vor Vertretern des staatlichen und kirchlichen Lebens, darunter Präsident Raul Castro und die Bischöfe des Landes. Tief im Herzen nehme er alle Kubaner mit. Benedikt XVI. verabschiedete sich mit einem "Hasta siempre" (Lebewohl) von der Bevölkerung. Zehntausende hatten zuvor die Straßen auf dem Weg zum Flughafen gesäumt und ihm zugejubelt. Im Regen bestieg Benedikt XVI. die Boeing 777 der Alitalia, mit der er am vergangenen Freitag nach Mexiko aufgebrochen war. Nach rund zehnstündigem Flug ist für Donnerstagvormittag die Ankunft in Roma-Fiumicino vorgesehen.



Kurzfristiges Treffen mit Fidel Castro

Zwischen Messe und Rückflug traf Benedikt XVI. noch mit dem früheren Staatschef Fidel Castro zusammen. Die rund 30-minütige Unterredung in der Apostolischen Nuntiatur in Havanna sei "herzlich, lebendig und intensiv" gewesen, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi. Der Revolutionsführer hatte selbst den Wunsch geäußert, mit Benedikt XVI. zusammenzutreffen, und ihn gebeten, ihm einige Minuten seiner Zeit zu widmen.



Der Papst habe gegenüber Castro seine "große Zufriedenheit" über die Reise und seinen Empfang auf Kuba geäußert, berichtete der Vatikansprecher. Castro habe sich nach der Lage der Kirche und den Aufgaben eines Papstes erkundigt. Auch habe er das Kirchenoberhaupt gebeten, ihm interessante Bücher über die angesprochenen Themen zu schicken.



Zuvor war der Papst am Dienstag mit Kubas amtierendem Präsidenten Raul Castro im Palast der Revolution zusammengetroffen. Während einer gut 40-minütigen Unterredung äußerte er den Wunsch der Kirche, sich mehr in der kubanischen Gesellschaft engagieren zu können. Das Thema der politischen Gefangenen auf Kuba, das Menschenrechtsorganisationen wiederholt angemahnt hatten, blieb nach Vatikanangaben ausgeklammert. Mit humanitären Interventionen zugunsten inhaftierter Oppositioneller hätten sich die Delegationen auf Regierungsebene befasst.



Seine 23. Auslandsreise hatte Benedikt XVI. am vergangenen Freitag in Mexiko begonnen. Dort hatte Benedikt XVI. zur Erneuerung des katholischen Glaubens in Lateinamerika aufgerufen. Bei einer Messe mit mehreren hunderttausend Menschen im zentralmexikanischen Leon wandte er sich gegen ein oberflächliches und gewohnheitsmäßiges Christentum. Auch betete er für die Opfer von Gewalt und Armut in dem von Drogenkriegen und Auswanderung geprägten Land. Der Gottesdienst war die größte Veranstaltung der Reise.








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