Benedikt XVI. wünscht sich Fortschritte in der Ökumene

Der römische Bayer ist heimgekehrt

Am Samstag hat Papst Benedikt XVI. seine sechstägige Bayernreise begonnen. Mit großer Begeisterung begrüßten ihn in München bei strahlendem Sonnenschein mehr als 70.000 Menschen. Auf dem Marienplatz sang ein sichtlich bewegter Papst zum Abschluss der Begrüßungszeremonie die Bayern-Hymne mit.

 (DR)

Am Samstag hat Papst Benedikt XVI. seine sechstägige Bayernreise begonnen. Mit großer Begeisterung begrüßten ihn in München bei strahlendem Sonnenschein mehr als 70.000 Menschen. Auf dem Marienplatz sang ein sichtlich bewegter Papst zum Abschluss der Begrüßungszeremonie die Bayern-Hymne mit. Um 15.22 Uhr war der Papst gelandet, um 15.34 verließ er die Alitalia-Sondermaschine. Eine Ehrenformation spielte die Hymnen des Vatikan und der Bundesrepublik. Kinder in Landestracht aus seinem Geburtsort Marktl am Inn begrüßten Benedikt XVI. mit Blumen, während der Bayerische Defiliermarsch erklang.   Die schönsten Bilder hier.   Alle Ansprachen in Text und Ton hier.

Oberster Hirte der universalen Kirche
Bundespräsident Horst Köhler, der mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) das Kirchenoberhaupt begrüßte, sagte, ihn bewege, dass sich der Papst als "oberster Hirte der universalen Kirche" mit dieser Reise zu seinen früheren Wirkungsstätten so sehr zu seiner Heimat bekenne. In Deutschland, dem Ursprungsland der Reformation, richte sich der Wunsch vieler auf ökumenische Fortschritte. An Köhler gerichtet, versicherte der Papst in seiner Entgegnung, dass er alles dafür tun wolle, dass die christlichen Kirchen zueinander finden könnten. 500 Jahre Trennung ließen sich aber nicht so einfach durch kluge Gespräche überwinden.

Vor Journalisten hatte der Papst im Flugzeug erklärt, er möchte gerne noch einmal nach Deutschland reisen und dann auch Berlin und andere Teile des Landes sehen. Er sei aber "ein alter Mann" und wisse nicht, "wie viel Zeit mir der Herr noch gibt".

Zehntausende Pilger in München
Nach dem Empfang am Flughafen begab sich der Papst in die Münchener Innenstadt. Dort wurde er offiziell begrüßt. Nach der Autofahrt vom Flughafen in die Innenstadt hatte das Kirchenoberhaupt die letzten Kilometer auf dem Weg zum Marienplatz im Papamobil zurückgelegt. Nach Polizeiangaben säumten rund 60.000 Menschen die Straßen der Landeshauptstadt, zusätzlich kamen rund 12.000 auf den Marienplatz, wo der Papst an der Mariensäule betete.

Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sprach unter dem Beifall der Menschenmenge von einem Herzenswunsch, der in Erfüllung gehe. "Unser deutscher Papst kehrt in seine bayerische Heimat zurück. Wir alle sind tief bewegt, überglücklich und dankbar, diesen historischen und einmaligen Augenblick miterleben zu dürfen." Die christlichen Wurzeln in Bayern seien stark und kraftvoll. Stoiber erinnerte daran, dass sich der damalige Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger nach seiner Berufung nach Rom 1982 an der Mariensäule von den Katholiken des Erzbistums München verabschiedet habe. Papst Johannes Paul II. habe ebenfalls an dieser Stelle gebetet.

Der Münchner Kardinal Friedrich Wetter hieß Benedikt XVI. ebenfalls willkommen. Der Papst kehre heim in das Land, in dem er aufgewachsen sei und das sein Leben geprägt habe. Jetzt komme Joseph Ratzinger zurück "als Nachfolger Petri, als unser Papst, mit dem bei uns beliebten Namen Benedikt". In München ständen dem Papst nicht nur die Tore und Türen, sondern auch die Herzen offen, unterstrich der Kardinal.

Benedikt XVI. nannte es sehr bewegend, wieder auf dem Platz zu Füßen der Mariensäule zu stehen. Hier sei er vor fast 30 Jahren mit Herzlichkeit als neuer Erzbischof aufgenommen worden, und hier habe er sich auch von seinem Erzbistum verabschiedet. Nun stehe er wieder zu Füßen der Mariensäule, um die Fürsprache und den Segen der Muttergottes zu erflehen - diesmal aber nicht nur für die Stadt München und für Bayern, sondern für die Kirche der ganzen Welt und für alle Menschen guten Willens, betonte Benedikt XVI. In der sehr persönlich geprägten Ansprache verglich sich der Papst mit einem "Lasttier". Ihm sei es sehr schwer gefallen, als Wissenschaftler auf den Stuhl des Münchener Erzbischofs und dann nach Rom zu wechseln. Dennoch sei er dem Ruf Gottes gefolgt.

Zu Füßen der Mariensäule beendete der Pontifex mit einem Mariengebet die Auftaktveranstaltung. Schon am frühen Vormittag hatten sich Pilger an der Mariensäule versammelt. Mit Sprechchören wie "Benedikt aus Bayern, wir wollen mit dir feiern" stimmten sie sich auf die Ankunft ein. Einige Pilger trugen T-Shirts und Anstecker mit Aufschriften wie "Wir sind Papst" oder "Deutschland liebt Dich". Am Abend traf Benedikt XVI. mit Bundespräsident Horst Köhler, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Stoiber zu kurzen Gesprächen zusammen.

Im Gespräch mit Köhler zum Dialog mit Muslimen ermuntert
Papst Benedikt XVI. hat die Deutschen zu einem intensiveren Dialog mit den Muslimen ermuntert. Das berichtete Bundespräsident Horst Köhler am Samstagabend nach dem Gespräch mit dem Kirchenoberhaupt in der Münchener Residenz. Die Muslime müssten in die deutsche Gesellschaft integriert werden. Ein wichtiges Thema des Vieraugengesprächs sei vor dem Hintergrund des Nahost-Konklikts auch das christlich-muslimische Verhältnis weltweit gewesen.

Köhler betonte weiter, der Papst sorge sich über Defizite der Religionsvermittlung in Deutschland. Religiöse Themen müssten stärker in die Öffentlichkeit gebracht werden. Der Bundespräsident schenkte dem Papst einen Kupferstich, der den noch nicht fertiggestellten Regensburger Dom zeigt.

Merkel will während der EU-Präsidentschaft über Werte sprechen
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Papst Benedikt XVI. zugesagt, im Rahmen der EU-Präsidentschaft die gemeinsame Wertegrundlage Europas und Deutschlands zum Thema zu machen. Nach ihrer Unterredung mit dem Kirchenoberhaupt sagte Merkel am Samstag vor Journalisten, der Papst sei ein großartiger Theologe, der aber nicht über die Köpfe der Menschen hinweg sprechen wolle.

Merkel sprach sich nach eigenem Bekunden in ihrer Unterredung auch für weitere ökumenische Fortschritte aus. Dabei dürfe das Trennende nicht unter den Tisch gekehrt werden. Angesichts der sinkenden Zahl von Christen in Deutschland sei eine Weiterentwicklung der Ökumene jedoch wichtig. Der Papst habe ihre Auffassung sehr aufgeschlossen aufgenommen, so Merkel. Die Kanzlerin fühlte sich nach eigenem Bekunden am Samstag sehr wohl.
Sie habe gespürt, wie stolz die Bayern auf den Papst seien.

Sonntag erster Höhepunkt
Papst Benedikt XVI. setzt am Sonntag seinen Besuch in Bayern fort. Am Vormittag feiert das Oberhaupt der katholischen Kirche in München einen Festgottesdienst, zu dem mehr als 250.000 Gläubige erwartet werden. Im Anschluss folgt das Angelus-Gebet. Am Abend frühen ist eine Vesper mit jungen Familien, Katecheten und Kommunionskindern geplant.