US-Präsidenten beim Papst - Ein historischer Rückblick

Oft geht es um Abtreibung, Krieg und Frieden

Die Geschichte der Besuche von US-Präsidenten beim Papst reicht über 100 Jahre zurück. Anders als vermutlich beim Treffen zwischen Papst Franziskus und Joe Biden an diesem Freitag bestanden zuweilen erhebliche Spannungen.

Autor/in:
Thomas Spang
Papst Franziskus und Donald Trump / © Paul Haring (KNA)
Papst Franziskus und Donald Trump / © Paul Haring ( KNA )

Ein Foto hielt die Stimmung des bislang letzten Besuchs eines US-Präsidenten im Vatikan symbolisch fest. Es zeigt Sorgenfalten auf der Stirn von Papst Franziskus, der Donald Trump im Mai 2017 empfing. Während der Brückenbauer und der Mauerbauer nicht viele Gemeinsamkeiten feststellen konnten, ist die Ausgangslage diesmal anders. Der erst zweite Katholik im Weißen Haus teilt viele der Anliegen des ersten Papstes aus Lateinamerika.

Historisch gehört ein gutes Verhältnis zwischen den Führern der größten christlichen Kirche und der säkularen Supermacht eher zur Ausnahme. Beim ersten Treffen eines Papstes mit einem US-Präsidenten im Januar 1919 traten sich Woodrow Wilson und Benedikt XV. mit einer gehörigen Portion Misstrauen gegenüber. Beide verfolgten zum Ende des Ersten Weltkriegs konkurrierende Aufbaupläne. Ein verbindendes Element war der gemeinsame Wille zum Frieden.

Eisenhower und Johannes XXIII.

30 Jahre und einen Weltkrieg später reiste Ex-General Dwight D. Eisenhower zum volkstümlichen Johannes XXIII. Dieser mühte sich mehr schlecht als recht mit seinem Englisch. In Erinnerung blieb die unfreiwillige Komik im sprachlichen Ausdruck des Papstes, die noch nach Jahren für Heiterkeitsausbrüche in Eisenhowers Familie sorgte.

Vor einer ganz anderen Herausforderung stand der erste katholische Präsident John F. Kennedy bei seinem Vatikan-Besuch im Juli 1963. Die Diskussionen im Vorfeld kreisten um die Frage, ob sich Kennedy vor Paul VI. verbeugt. Es blieb bei einem kräftigen Händedruck. Doch Kennedy hinterließ Eindruck. Als er fünf Monate später ermordet wurde, soll der Papst "unkontrolliert" geweint haben.

Johnson und Paul VI.

Das stand in Gegensatz zu der emotionalen Kühle, die Paul VI. für Kennedy-Nachfolger Lyndon B. Johnson empfand. Der Empfang am Tag vor Heiligabend 1967 drohte wegen des Vietnam-Kriegs und Amerikas Rolle darin angeblich fast zu entgleisen. Der Papst habe wütend mit der Faust auf den Tisch geschlagen, wird bis heute in den USA behauptet.

Das Thema Vietnam beherrschte auch die Treffen Richard Nixons mit Paul VI. im Vatikan. 1969 versprach Nixon, seine Bemühungen um Frieden fortzusetzen. Ein Jahr später - der Krieg eskalierte weiter - verlief die Unterredung deutlich frostiger. Im Juni 1975 empfing Paul VI. den vierten US-Präsidenten in seiner Amtszeit, Gerald Ford. Eine nur kurze Begegnung, in der beide kontroverse Positionen zur Lage im Nahen Osten austauschten.

Johannes Paul II. bei Carter

Mit dem Besuch Johannes Paul II. im Weißen Haus im Oktober 1979 - dem ersten Papstbesuch überhaupt - lernte der neue Papst mit Jimmy Carter einen von insgesamt fünf US-Präsidenten während seines langen Pontifikats kennen. Carter verurteilte die Invasion der Sowjetunion in Afghanistan; Johannes Paul II. legte besonderes Gewicht auf den Nahost-Konflikt. Ein Jahr später besuchte Carter den Papst im Vatikan. Historische Spuren hinterließen beide Treffen nicht.

Das änderte sich mit der Präsidentschaft Ronald Reagans. Der Republikaner und der konservative Papst spielten mit ihrem Anti-Kommunismus Doppelpass. Beide kamen je zweimal im Vatikan und in den USA zusammen. Beim ersten Treffen 1982 sprachen sie 50 Minuten hinter verschlossenen Türen. Zwei Jahre danach nahmen der Heilige Stuhl und die USA offiziell diplomatische Beziehungen auf.

Spannungen zwischen Bush snr. und Johannes Paul II.

Unter einem schlechten Stern standen die Beziehungen zwischen George Bush senior und dem Papst. Beide trafen 1989 und 1991 im Vatikan zusammen. Als entzweiendes Thema erwies sich der Golfkrieg, den Johannes Paul II. als "ein Abenteuer ohne Rückkehr" bezeichnete.

Angespannt auch die Beziehungen zwischen Bill Clinton und dem Papst aus Polen, die beim Thema Abtreibung weit auseinander lagen. Bevor Clinton im Juni 1994 nach Rom reiste, hatten sich beide schon dreimal in den USA gesehen.

George W. Bush viermal beim Papst

Den Rekord an Visiten im Vatikan hält Clintons Nachfolger George W. Bush. Viermal traf er sich mit Johannes Paul II. im Vatikan und einmal vor den Toren Roms. Nach dem 11. September 2001 warnte der Papst Bush dringend vor einer Irak-Invasion. Bush traf sich auch mit Papst Benedikt XVI., wobei Spannungen im Nahen Osten und das Thema Abtreibung im Fokus standen. Rekordverdächtige 50 Minuten dauerte die Unterredung zwischen Barack Obama und Papst Franziskus im März 2014.
Auch die Lobeshymnen des ersten schwarzen US-Präsidenten auf den ersten Papst aus Lateinamerika bei dessen Gegenbesuch im September 2015 im Weißen Haus sind legendär.

Die katholischen Bischöfe der USA wünschen sich, dass Papst Franziskus das Thema Abtreibung am Freitag auch mit Biden anspricht. Einige wollen dem Präsidenten wegen seiner Unterstützung für das Grundsatzurteil "Roe gegen Wade" von 1973 sogar die Kommunion verweigern. Doch Franziskus hält nicht viel von dieser Fixierung der US-Bischöfe und stellt sich stattdessen neben den Katholiken im Weißen Haus.


Der amerikanische Präsident John F. Kennedy (l.) und Papst Paul VI. 1963 im Vatikan / © Archiv (KNA)
Der amerikanische Präsident John F. Kennedy (l.) und Papst Paul VI. 1963 im Vatikan / © Archiv ( KNA )
Quelle:
KNA