Linda Barnes Popham hat gekämpft - und doch verloren. Die Pastorin der Fern Creek Baptist Church in Louisville (Kentucky) kann Betroffenen nur noch Trost spenden.
Kürzlich beschloss die Southern Baptist Convention (SBC), Pastorinnen von der Kanzel zu verbannen. Weinende Frauen und Mädchen kamen nach der Entscheidung auf Barnes Popham zu. Sie sind empört und können nicht verstehen, wie es dazu kommen konnte.
Delegierte folgten der Kirchenleitung
Der finale Beschluss der größten protestantischen US-Glaubensgemeinschaft fiel während ihrer Jahrestagung im Juni in New Orleans. Die Delegierten folgten der Kirchenleitung, die bereits Anfang des Jahres mit dem Ausschluss der südkalifornischen Saddleback Church ein Exempel statuiert hatte.
Der charismatische Gründer der Megakirche, Rick Warren, warf konservativen Kräften in der SBC daraufhin vor, sie wollten die Gemeinschaft "zurück in die 1950er Jahre führen".
Diese Kräfte umfassen nicht bloß einen kleinen Flügel. Rund 90 Prozent der Delegierten befürworteten das Kanzel-Verbot für Frauen.
Als nächste Megakirche geriet Fern Creek in den Fokus. SBC-Präsident Bart Barber ließ in der Frauen-Frage keinen Zweifel an der Entschlossenheit der 47.000 Gemeinden starken Gruppe: Wer gegen die neuen verschärften Standards verstoße, müsse mit dem Ausschluss rechnen.
Angesichts der Haltung in der SBC beschritt die Elevation Church in North Carolina einen eigenen Weg. Statt zu kämpfen, verabschiedete sie sich aus dem Zusammenschluss. Ein herber Verlust für die SBC, da die Kirche mit durchschnittlich 26.000 Gottesdienstbesuchern pro Woche auf Platz sieben aller protestantischen US-Kirchen liegt. Zudem gilt sie als Trendsetter in der Kirchenmusik.
Katholiken überlegen weitere Öffnung
Während etwa Katholiken überlegen, wie sie sich weiter öffnen können, um den Schwund in den Kirchenbänken zu stoppen, verfolgen die Anführer der Southern Baptists eine entgegengesetzte Linie. Sie vertreten die Position, dass die Bibel Frauen das Predigen von der Kanzel verbiete. Zudem berufen sie sich auf interne Vorgaben der SBC, die für das Amt des Pastors "qualifizierte Männer" vorsehen.
Praktisch stellt das nun ein großes Problem für die Gruppe dar, deren Gemeinden rund 2.000 Pastorinnen beschäftigen. Die jüngsten Ausschlüsse könnten der Beginn einer größeren Austrittswelle sein.
Hunderten kleineren Gemeinden droht die Rote Karte der SBC, wenn sie nicht Frauen aus dem Pastoren-Amt drängen. Ein Ausschluss aus dem SBC-Netzwerk hat weitreichende Folgen: Die Verstoßenen sind dann nicht mehr mit den gut organisierten Missions- und Hilfsprogrammen verbunden.
Mit "Saddleback" und "Elevation" verlor die SBC allerdings zwei erfolgreiche Kirchen, denen es gelungen war, den Negativ-Trend bei den Mitgliederzahlen zu überwinden. Allein die beiden Gemeinden tauften 2021 fast 1.800 Erwachsene. Das waren 2,5 Prozent der Taufen aller Mitgliedskirchen. Ein Argument, das bei den Kirchenoberen auf taube Ohren stieß, obwohl die SBC seit mehr als einem Jahrzehnt kontinuierlich Mitglieder verliert. Im vergangenen Jahr zählte der Zusammenschluss noch 13,2 Millionen Mitglieder, rund drei Millionen weniger als 2006.
Kulturkampf um die Rolle der Frau
Der SBC-Kulturkampf um die Rolle der Frau ereignet sich ein Jahr nach Vorlage eines Reports zu sexuellem Missbrauch in den eigenen Reihen.
Ein unabhängiger Untersuchungsbericht hatte der Führungsriege im Mai 2022 systematische Vertuschung attestiert. Der Umgang mit Opfern sexueller Übergriffe durch das Exekutivkomitee sei "bösartig und unmenschlich", kommentierte damals Russell Moore. Der langjährige Vorsitzende der Ethikkommission, eine wichtige Stimme der SBC, hatte schon ein Jahr zuvor Konsequenzen gezogen und sein Amt niedergelegt.
Am Ausgang der Entscheidung dieses Sommers hatte indes kaum ein Kenner der Kirche gezweifelt. "Das ist ein Zeichen für den Niedergang der Southern Baptists", resümierte Pastorin Barnes Popham von "Fern Creek" mit stockender Stimme und Tränen in den Augen das Ergebnis von New Orleans. Doch sie will sich weiter für eine inklusive Kirche einsetzen: Es gebe "so viele talentierte Frauen da draußen, die Gott offensichtlich berufen hat".
Baptisten
Baptisten sind evangelische Christen. Auch für Baptisten ist die Bibel das Wort Gottes. Aber es gibt Unterschiede zur katholischen und zur evangelischen Kirche.
Das ist typisch für Baptisten: Baptisten taufen keine Kinder.
Wer in die Gemeinschaft der Baptisten aufgenommen werden möchte, muss sich selbst für den Glauben an Jesus Christus entscheiden können, und kann sich dann taufen lassen.
