Sant'Egidio lädt zum Friedenstreffen im Pandemiejahr 2020

Mit Papst, Patriarch und Präsidentin

Auch wenn die Welt anscheinend nicht besser wird: Sie lassen sich selbst durch die Pandemie kaum bremsen. Am Dienstag lädt Sant'Egidio zum jährlichen Friedenstreffen nach Rom. Dafür verlässt der Papst erneut den Vatikan.

Autor/in:
Roland Juchem
Papst Franziskus / © Vatican Media/Romanos Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Vatican Media/Romanos Siciliani ( KNA )

Auch im Pandemiejahr 2020 lässt Sant'Egidio es sich nicht nehmen, zum jährlichen interreligiösen Friedenstreffen einzuladen. Dies, so die katholische Gemeinschaft, sei umso nötiger, weil das Coronavirus langfristig Unfrieden errege. Nachteil des für Dienstag in Rom geplanten Treffens: weniger Teilnehmer, zumal aus dem Ausland. Vorteil: Erstmals seit 2016 nimmt auch der Papst wieder teil. Immerhin greift das Motto der Begegnung seine jüngste Enzyklika auf: "Niemand rettet sich allein - Frieden und Geschwisterlichkeit".

Corona erschwert persönliche Teilnahme

Am Wochenende gaben Vatikan und Sant'Egidio das - vorläufige - Programm bekannt. So schnell, wie Regionen in Europa zu Covid-Risikogebieten erklärt werden und damit mögliche Gäste ausfallen, kommt kein Programmplaner hinterher. Bisher prominentester Betroffener: Großimam Ahmad Al-Tayyeb aus Kairo. Der Co-Unterzeichner des "Dokumentes zur Brüderlichkeit aller Menschen" von Abu Dhabi 2019 war in früheren Jahren oft Gast der in verschiedenen Städten Europas abgehaltenen Treffen.

Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, wird noch in persona erwartet - zumal er tags drauf einen Ehrendoktorhut der Päpstlichen Universität Antonianum erhalten soll. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird per Video zu der Zeremonie auf dem Kapitol zugeschaltet. Ob aus Termingründen oder wegen der Einstufung Belgiens als Risikogebiet ist in dem Fall egal.

Ökumenisches Friedensgebet mit Papst Franziskus

Aber der Papst kommt. Um kurz nach 16 Uhr wird er in der Kirche Santa Maria in Aracoeli erwartet zu einem ökumenischen Friedensgebet. Parallel dazu beten jüdische Teilnehmer des Treffens, unter ihnen Frankreichs Oberrabbiner Rav Haim Korsia, in der Synagoge.

Den Muslime mit Mohamed Abdelsalam Abdellatif, Generalsekretär des "Komitees zur Brüderlichkeit aller Menschen" aus Abu Dhabi, wird ebenso wie Buddhisten und Vertreter anderer Religionen jeweils ein Raum in den Kapitolinischen Museen zur Verfügung gestellt. Zwar stünde den Muslimen auch die große Moschee der Hauptstadt zur Verfügung. Aber die liegt am Stadtrand und zu weit entfernt vom Kapitol, dem Nabel Roms. Dort, auf dem von Michelangelo gestalteten Platz des Campidoglio, findet ab 17.20 Uhr das interreligiöse Friedenstreffen statt.

Schweigeminute für Opfer der Pandemie und Friedensappell

Der Rahmen in der beginnenden Abenddämmerung wird wie schon 2013 feierlich, wenn Andrea Riccardi den gemeinsamen Teil des Treffens eröffnet. Der Gründer der Gemeinschaft Sant'Egidio hatte den Impuls des historischen Friedenstreffens von Assisi, zu dem Johannes Paul II. 1986 geladen hatte, aufgegriffen und führt ihn seither weiter.

Der erste Redebeitrag kommt - per Video - von Ursula von der Leyen. Ihr schließen sich die Religionsvertreter an: Patriarch Bartholomäus I., Oberrabbiner Korsia, Generalsekretär Abdellatif, ein buddhistischer Vertreter und zum Schluss der Papst. Bei einer anschließenden Schweigeminute soll der Opfer der Pandemie und aller Kriege gedacht werden, ein "Friedensappell Rom 2020" die Verantwortlichen in aller Welt an ihre diesbezüglichen Pflichten erinnern.

Den Appell übergeben Kinder an Botschafter und Vertreter aus nationaler und internationaler Politik, unter ihnen Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella. Abschließend, nachdem bereits um 18.03 Uhr die Sonne untergegangen ist, entzünden Papst Franziskus und andere Religionsoberhäupter Lichter an einem Friedensleuchter.

Gebete verbinden

Auf die Frage, ob er nicht frustriert sei, dass der viele Einsatz für Frieden und Versöhnung oft vergebens sei, antwortete der Präsident von Sant'Egidio, Marco Impagliazzo, unlängst: "Es braucht viel Geduld und Gebet, alltägliche Friedensarbeit und Diplomatie." Es gebe durchaus "viele Fortschritte".

Die Gegenfrage, ob Beten tatsächlich helfe, beantwortete der 58-jährige Historiker sehr bestimmt: "Es hilft viel, es erreicht Gegenden, die wir physisch nicht erreichen können. Viele Menschen spüren, wenn man für sie betet. Sie spüren, dass es ihnen hilft." Neben Gebeten verbindet im Pandemie-Jahr 2020 vor allem auch das Internet. Auch für nicht-prominente Teilnehmer bieten die Organisatoren daher eine Online-Teilnahme mit Registrierung.


Die Kirche Sant'Egidio  / © Stefano Dal Pozzolo (KNA)
Die Kirche Sant'Egidio / © Stefano Dal Pozzolo ( KNA )
Quelle:
KNA