Warum der Papst keinen "richtigen" Urlaub macht

"Ein bisschen Workaholic"

Urlaub zuhause - was für viele eine Corona-Notlösung ist, hat bei Papst Franziskus seit Jahrzehnten Tradition. Wie gestaltet ein Papst die freie Zeit? Und warum gibt es im Vatikan jetzt zwei große Swimmingpools?

Papst Franziskus betet den Angelus / © Riccardo De Luca/AP (dpa)
Papst Franziskus betet den Angelus / © Riccardo De Luca/AP ( dpa )

DOMRADIO.DE: Warum macht Franziskus denn keinen Urlaub? 

Jürgen Erbacher (Theologe und Journalist, Leiter der ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch"): Franziskus ist eher ein Typ, der sich entspannt, wenn er zum Beispiel mehr Musik hören kann, wenn er mal Bücher lesen kann, die vielleicht nicht unbedingt theologische Bücher sind. Zumindest hat er das uns Journalisten jetzt schon mehrfach erklärt, wenn wir ihn darauf angesprochen haben, warum er denn nicht die Tradition fortsetzt. Meistens sind die Päpste - auch Johannes Paul II. und Benedikt XVI. - im Juli für zwei Wochen nach Norditalien gegangen, in die Berge, wo es etwas kühler ist, und danach in die Sommerresidenz Castel Gandolfo, bis Mitte, Ende September.

Franziskus hat von Anfang an gesagt: Ich behalte meine Traditionen bei. Er hat auch für andere Bereiche ja immer gesagt: Ich werde mich jetzt, nach der Wahl mit weit in den Siebzigern, als Papst nicht irgendwie umstellen. Ich bleibe mir treu. Also macht er seine Ferien zu Hause. Das letzte Mal Ferien, hat er mal erzählt, hat er 1975 gemacht - damals in Argentinien. Das hat ihm anscheinend nicht so ganz gefallen, und deshalb bleibt er lieber daheim. 

DOMRADIO.DE: Die italienische Stadt Castel Gandolfo haben die Päpste immer als Sommersitz aufgesucht - seit dem 17. Jahrhundert. Wie war das früher, die letzten Jahre vor Franziskus in Castel Gandolfo? 

Erbacher: Das war zum einen natürlich für die Menschen, die dort leben, toll, dass im Sommer - August, September - immer die Päpste da waren. Das heißt, da sind dann immer auch die Pilger hingekommen. Die Generalaudienz mittwochs fand meist im Innenhof dieser Sommerresidenz statt, am Sonntag das Mittagsgebet, der Angelus. Das brachte natürlich Touristen dorthin. Von daher waren die Menschen dort natürlich am Anfang ein bisschen frustriert, als sie hörten, Papst Franziskus wird nicht dorthin kommen.

Jetzt hat man ja die Gärten, die es da draußen gibt und die fast noch schöner sind als die, die direkt im Vatikan sind, für Besucher geöffnet. Man hat einen Teil der Vatikanischen Museen nach Castel Gandolfo in den Papstpalast ausgelagert. Von daher gibt es ein bisschen Ersatz für die Menschen dort - zumindest bis vor Corona. Aber es ist natürlich etwas anderes, wenn die Päpste dort sind und im Sommer dann auch der eine oder andere Prominente vorbeikommt. Die Päpste haben gelegentlich auch Politiker oder Bischöfe in Castel Gandolfo empfangen und sind dann nicht extra wieder runter in den Vatikan gefahren. Das alles bleibt natürlich jetzt aus für die Castelli. 

DOMRADIO.DE: Diese Woche geht der Papst in Urlaub, nimmt also im Juli so gut wie keine öffentlichen Termine wahr. Die gab es während der Corona-Pandemie ohnehin schon weniger. Aber bis auf das Angelusgebet an den Sonntagen wird es jetzt ruhiger für ihn. Was macht der Papst stattdessen, wenn er im Vatikan bleibt? 

Jürgen Erbacher: Er hört Musik, er liest. Franziskus ist ja auch so ein bisschen Workaholic. Er wird mit Sicherheit die Amtsgeschäfte auch nicht ganz ruhen lassen. In den vergangenen Jahren hat er die Zeit dann immer auch genutzt, um sich zum Beispiel auf große Reisen vorzubereiten, die in der zweiten Jahreshälfte stattfanden, die oft dann auch Interkontinentalreisen waren. Das fällt in diesem Jahr ja auch weg. Eine Reise nach Südostasien, die mal für Anfang September angedacht war, ist Corona zum Opfer gefallen.

Aber es gibt genug andere Dinge, auf die er sich jetzt auch noch vorbereiten kann. Zur Kurienreform steht noch ein Dokument aus. Er wird mit Sicherheit ein bisschen arbeiten, aber er wird auch seinen Rhythmus umstellen. Er sagt immer: Das ist für mich dann Erholung. "Ich schlafe ein bisschen mehr. Ich höre Musik." Er macht, wie viele andere das in diesen Zeiten jetzt auch machen müssen, wirklich Urlaub zu Hause. Und er kann das anscheinend. 

DOMRADIO.DE: Seit gestern gibt es in der päpstlichen Audienzhalle für den ganzen Juli einen Spielplatz für knapp 200 Kinder. Das sind die Söhne und Töchter von Vatikan-Angestellten. Und sie dürfen ihre Ferien dort verbringen, weil die Feriencamps, die es sonst gibt, ausfallen müssen. Was findet da genau statt? 

Erbacher: Das ist ganz bunt und unterschiedlich und ist über das ganze Vatikangelände verteilt. Es gibt ja zum Beispiel auch Tennisplätze auf dem Vatikangelände. Da finden in diesen Tagen Tennisturniere statt. Es wurden auch zwei Pools in den Vatikanischen Gärten aufgebaut, wo die Kinder jetzt schwimmen können. Man hat versucht, das Ganze immer auch ein bisschen thematisch zu gestalten. Man hat sich zum Beispiel die Seligpreisungen aus der Bibel genommen, stellt jeden Tag unter eine Seligpreisung und versucht, mit den Kindern auch thematisch zu arbeiten, sodass das eine körperliche, aber vielleicht auch seelische Erholung sein soll. So stellt man sich das zumindest bei den Vatikan-Verantwortlichen vor. 

DOMRADIO.DE: Was wir schon sehen konnten und man bei uns auch als Foto findet, ist, dass es Hüpfburgen und andere Spielgeräten gibt. Wird der Papst zu Besuch kommen, zu den Kindern? 

Erbacher: Es ist nicht offiziell vorgesehen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der Papst es sich nehmen lässt, mal vorbeizuschauen. Wir wissen ja, wie sehr er den Kontakt zu Gläubigen, auch zu Kindern, sucht. Und man kann sich gut vorstellen, wie sehr es ihm, gerade in diesen Pandemie-Zeiten auch fehlt, dass das nicht möglich ist. Ich bin mir sicher, dass seine Mitarbeiter eine Möglichkeit finden, dass er da, mit ordentlicher Einhaltung von Abstand und Hygiene, in den nächsten drei Wochen mal vorbeischauen wird.

Das Interview führte Katharina Geiger.


Jürgen Erbacher (KNA)
Jürgen Erbacher / ( KNA )
Quelle:
DR