Buddhismus im abergläubischen Thailand

Synkretismus, kleines b und großes B

Der Besuch von Papst Franziskus im mehrheitlich buddhistischen Thailand wird auch vom interreligiösen Dialog geprägt sein. Eine reine Form des Buddhismus findet sich im abergläubischen Thailand aber kaum.

Autor/in:
Michael Lenz
Buddhistische Mönche / © Paul Haring (KNA)
Buddhistische Mönche / © Paul Haring ( KNA )

Thailand ist ein buddhistisches Land. Weiß man doch. Aber ein Spaziergang durch die Gassen Bangkoks rund um die königliche Tempelanlage Grand Palace und Besuche der Läden mit religiösen Accessoires in den Tempeln ist für viele westliche Besucher dann doch verwirrend. Neben Buddha-Statuen und lebensecht wirkenden Figuren berühmter, wundertätiger Mönche bevölkert in grell-kitschigen Farben von Ganescha bis Kali das gesamte hinduistische Götterpanoptikum die Regale.

Auf einem Markt für Amulette nahe dem Königspalast verkauft Khun Mek mit Tigerfell bezogene Stifte, Amulette mit toten Bienen und gruseligem Getier wie einem vertrockneten Minibabyschwein oder Schlangenhaut; und Shivalingas: stilisierte Phallen aus Metall oder Holz als Symbol des Hindu-Gottes Shiva.

All diese Dinge versprechen Glück, Wohlstand, langes Leben oder Schutz vor bösen Geistern; "man muss nur daran glauben", erklärt Khun Mek. Dann gibt der 27-Jährige einen erleuchtenden Einblick in den synkretistischen Buddhismus Thailands: "Alle Talismane und Amulette wurden natürlich von buddhistischen Mönchen gesegnet."

Synkretismus

Synkretismus bezeichnet laut Lexikon die Synthese von Ideen oder Philosophien zu einem neuen System oder Weltbild. Übertragen auf Thailand heißt das: Der Buddhismus ist eine fröhliche Mischung mit Hinduismus als Vorläuferreligion im heutigen Thailand und Animismus.

Eine Gruppe buddhistischer Mönche kauft auf dem Devotionalienmarkt im Wat (Tempel) Saket säckeweise Amulette ein, um sie in ihren Klöstern für einen satten Aufpreis weiterzuverkaufen. Sie feilschen mit den Händlern um den besten Preis. Ebenfalls sehr lukrativ für die Mönche: Wahrsagen. Thais sind zutiefst abergläubisch. Ohne die frommen Männer zu befragen, wird in Thailand kein Lotterielos gekauft, keine Investition getätigt, keine Ehe eingegangen.

Aberglaube ist dabei kein exklusiver Wesenszug der Buddhisten, sondern unter den Anhängern aller Religionen in Thailand lebendig.

"Viele Katholiken werden in diesem Tagen nur Lotterielose kaufen, in denen die Zahlen und Ziffern auf dem Nummernschild des Papstmobils oder die Daten des Papstbesuchs vorkommen", sagt der Arzt Kumnuan Ungchusak der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

"Wer oder was ist ein Papst?"

Während sich Thailands rund 350.000 Katholiken auf Papst Franziskus freuen, ist den meisten buddhistischen Thais der Besuch des Kirchenoberhaupts bestenfalls egal. Auf die Frage an den Mönch Luang Pi Sitti Chai im Saket-Tempel, was er vom Papst erwarte, antwortet der 32-Jährige mit einer Gegenfrage: "Wer oder was ist ein Papst?"

Immer wieder geraten buddhistische Mönche in Thailand durch Skandale in die Schlagzeilen: Korruption, Hedonismus, Sexaffären, Geldwäsche oder Geschäftemacherei. Mano Mettanando Laohavanich, ehemaliger Mönch und Dozent an der Thammasat-Universität in Bangkok, klagt: "Würde Buddha noch leben, würde er solche Mönche verurteilen."

Für den in Bangkok lebenden buddhistischen Philosophen und Sozialkritiker Sulak Sivaraksa gibt es einen thailändischen Buddhismus mit einem großem B und einem kleinen b: "Der mit dem kleinen b folgt den Lehren Buddhas der Gewaltlosigkeit und Bescheidenheit. Buddhismus mit einem großen B ist dem Kapitalismus und dem Nationalismus verbunden. Wenn Buddhismus, wie hier in Thailand, institutionalisiert wird, dann ist schnell die Verbindung zu Staat, Macht und Nationalismus hergestellt."

Khun Amorn ist der Spiel- und Trunksucht verfallen, also Lastern, die einem Buddhisten mit kleinem b ein Graus sind. Alle paar Monate aber rasiert sich der 52-jährige den Kopf kahl, schlüpft in eine safrangelbe Robe und zieht sich für eine Weile in ein Kloster zurück. Der Tempelaufenthalt dient nicht etwa der inneren Einkehr, wie Amorn grinsend erklärt: "Im Tempel lassen mich meine Gläubiger in Ruhe."


Quelle:
KNA
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