Papst Franziskus im Land der Gegensätze

Marokko, das vielfältige Königreich

Franziskus besucht am Wochenende Marokko. Das nordafrikanische Land ist beliebtes Reiseziel für Europäer und Migranten. Viele Marokkaner hingegen zieht es nach Europa – möglichst um zu bleiben. Der Papst im Land der Gegensätze.

Autor/in:
Stefanie Stahlhofen
 (DR)

Er kommt nicht per Billigflieger und nicht als Tourist: Papst Franziskus' 28. Auslandsreise nach Marokko steht unter dem Motto "Diener der Hoffnung". Diener des Tourismus sind hingegen die meisten anderen, die das Land besuchen: Mehr als zehn Prozent der Touristen in Marokko sind Deutsche.

Ein Flug ins Königreich aus 1001 Nacht ist inzwischen sogar per Billigflieger in Direktverbindung Düsseldorf-Tanger für zehn Euro möglich. Die weiße Stadt an der Straße von Gibraltar ist in knapp drei Flugstunden erreicht.

Das nordafrikanische Marokko ist gut an Europa angebunden; gilt als günstig, gastfreundlich und verhältnismäßig sicher - abgesehen von der Westsahara und der Grenze zu Algerien. Staatsreligion ist der Islam; verschiedene Religionen leben friedlich zusammen. Im regionalen Umfeld ist Marokko ein stabiler Pol.

Konstitutionelle Monarchie mit sozialen Problemen

Dem Arabischen Frühling nahm König Mohammed VI., weltliches wie geistliches Oberhaupt Marokkos, mit Reformangeboten und vorgezogenen Neuwahlen den größten Wind aus den Segeln. Mehr als 98 Prozent der Wähler stimmten im Juli 2011 bei einem Referendum für die vom König vorgeschlagenen konstitutionellen Reformen.

Seitdem ist die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung ("Parti de la Justice et du Developpement") stärkste politische Kraft im Land. Das Sagen hat dennoch weiterhin der König, dessen Privatvermögen auf mehr als zwei Milliarden Euro geschätzt wird.

Soziale Ungleichheit, eine hohe Arbeitslosenquote und Korruption sind weiterhin Probleme im Land. Seit 2012 gibt es einen Nationalrat für Menschenrechte in Marokko, aber es ist noch Luft nach oben: Es gibt Kultusfreiheit, keine Religionsfreiheit.

Ein Memorandum zur Abschaffung der Todesstrafe unterzeichnete der König bisher nicht; auch wenn diese seit mehr als zehn Jahren nicht mehr vollstreckt wurde. Auf der Rangliste zur Pressefreiheit der Organisation "Reporter ohne Grenzen" belegt Marokko Platz 135 von 180. Kritik am König ist tabu, Marokkos Westsahara-Politik ebenso. Die wichtigsten Medien des Landes stehen unter der Kontrolle des Staats.

Wo Gegensätze sich berühren

Marokko ist in vielerlei Hinsicht ein Land der Gegensätze. Es ist arabisch geprägt und bietet orientalisches Flair, ist vielerorts aber auch westliche Touristen gewohnt. Die landschaftliche wie kulturelle Vielfalt ist groß: Kamelritte in der Sahara-Wüste mit Besuchen bei Berbern sind ebenso möglich wie Wanderungen im Atlasgebirge. Wer ans Meer will, hat die Wahl zwischen Atlantik und Mittelmeer. Beliebt bei Touristen sind auch Städtereisen.

Casablanca ist vielen Dank dem gleichnamigen Film mit Humphrey Bogart ein Begriff. Vom ehemaligen französischen Protektorat ist die Sprache geblieben; Französisch ist in Marokko immer noch weit verbreitet, im Norden des Landes auch Spanisch. Offizielle Landessprache ist Arabisch.

Das Land setzt auf Modernisierung, Entwicklung und internationale Kontakte. Das Wirtschaftszentrum Marrakesch im Westen war wiederholt Schauplatz internationaler Treffen: Im November 2016 tagte dort die Weltklimakonferenz COP 22; am 10. Dezember 2018 der Gipfel zur Annahme des Globalen Migrationspaktes.

Marokko ist Migrationsland

Migration ist auch in Marokko selbst ein Thema, dem auch der Papst Rechnung trägt: Seinen ersten Tag in Rabat beschließt Franziskus mit dem Besuch eines Caritas-Zentrums für Migranten.

Die Hafenstadt Tanger im Nordwesten Marokkos ist für viele Migranten das Tor nach Europa, besonders ins gegenüberliegende Spanien, geworden.

2018 brachen mehr Migranten von Marokko als von Libyen aus nach Europa auf. Rückführungen abgelehnter Asylbewerber nahmen zuletzt zu.

Angesichts einer zunehmenden Abschottung Europas gegenüber Einwanderern ist Marokko vom Transit- zum Zielland für Migranten, besonders aus der Subsahara, geworden. Schätzungen nach sind 80.000 von ihnen irregulär im Land; sehr viele von ihnen sind minderjährig

.Jenseits von Marokko in Europa suchen auch viele Marokkaner schon länger ihr Glück. Für sie ist Frankreich die erste Anlaufstelle. Doch auch die Bundesrepublik ist Ziel. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts leben etwa 72.000 Marokkaner in Deutschland.


Quelle:
KNA