Thierse sieht Papst Franziskus als Vorbild für die Politik

"Mehr heiligen Zorn statt Wut"

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sieht in Papst Franziskus ein Vorbild im Einsatz gegen Ungerechtigkeiten und für Menschenrechte. "Wir brauchen diesen christlich-jesuanischen Zorn sehr dringend", meint Thierse.

Gefaltete Hände von Papst Franziskus / © Stefano dal Pozzolo (KNA)
Gefaltete Hände von Papst Franziskus / © Stefano dal Pozzolo ( KNA )

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse wünscht sich "mehr heiligen Zorn und etwas weniger egoistische Wut in der Politik". Während Wut vor allem auf den Wütenden selbst verweise, richte sich Zorn auf "ungerechte Verhältnisse", die es zu bekämpfen gelte, sagte er der Wiener Zeitschrift "miteinander" (Januar 2019). "Wutbürger gehen auf die Straße, weil sie sich persönlich benachteiligt fühlen", so der SPD-Politiker. Wer dagegen zornig sei, wolle etwa gegen Armut und andere Missstände protestieren.

Als positives Beispiel nannte der SPD-Politiker Papst Franziskus, dessen Zorn sich stets an "bestehenden Ungerechtigkeiten" und dem Einsatz für die Menschenwürde entzünde. "Daraus folgt nicht notwendig politisches Geschick, und man wird gewiss angreifbar von Seiten der Realpolitiker", so Thierse. "Aber wir brauchen diesen christlich-jesuanischen Zorn sehr dringend."

Nicht mit der "Wut der Menschen" spekulieren

Bewegungen wie Pegida oder die AfD spekulierten hingegen "mit der Wut der Menschen"; ihnen gehe es nicht darum, Probleme zu lösen, sondern darum, Wut "zu entfesseln", so der Sozialdemokrat. Der Begriff "Wutbürger" sei hier sehr treffend: Er bezeichne eine Person, die sich persönlich gemeint und herabgesetzt fühle etwa im Vergleich zu "den anderen", den Flüchtlingen, den "Sozialschmarotzern", erläuterte Thierse. Das sei aber kein Zorn, der "in die Suche nach politischen Lösungen für alle mündet".

Thierse (75) war von 1998 bis 2005 zunächst Präsident und danach bis 2013 Vizepräsident des Deutschen Bundestages. Heute ist er unter anderem Sprecher des Arbeitskreises "Christen in der SPD" und Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).


Wolfgang Thierse (dpa)
Wolfgang Thierse / ( dpa )
Quelle:
KNA