Papst in Sorge wegen Lage im Heiligen Land

"Gewalt wird nie zum Frieden führen"

Angesichts der Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern hat Papst Franziskus sich "sehr besorgt und betrübt" gezeigt. Die Gewaltspirale führe immer weiter ab vom Weg des Friedens, des Dialogs und der Verhandlungen, sagte Franziskus.

Proteste im Gaza-Streifen / © Adel Hana (dpa)
Proteste im Gaza-Streifen / © Adel Hana ( dpa )

"Ich sage noch einmal: Der Gebrauch von Gewalt wird nie zum Frieden führen. Krieg ruft Krieg, Gewalt ruft Gewalt hervor", betonte der Papst bei seiner Generalaudienz auf dem Petersplatz. Er fühle "tiefen Schmerz" wegen der Toten und Verletzten, sagte Franziskus. "Ich bin allen, die leiden, mit Gebet und Zuneigung nahe."

Auf die Verlegung der US-Botschaft, die die neue Gewalt provoziert hat, ging Franziskus nicht explizit ein. Stattdessen blieb er diplomatisch: "Ich rufe alle beteiligten Parteien und die internationale Gemeinschaft dazu auf, ihren Einsatz zu erneuern, damit Dialog, Gerechtigkeit und Frieden die Oberhand gewinnen!"

Aufruf zum Gebet

Auch der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) rief zum Gebet für den Frieden im Heiligen Land auf. "Frieden und das menschliche Leben" seien "unverzichtbare Schätze", die über allen nationalen und internationalen Interessen stehen, heißt es in dem am Mittwoch verbreiteten Aufruf des CCEE-Präsidiums um CCEE-Präsident Kardinal Angelo Bagnasco.

Als Ausdruck der Nähe der europäischen Kirchen schließe sich der CCEE Jerusalems Patriarchatsleiter Erzbischof Pizzaballa an und lade Gemeinschaften und Einzelpersonen für kommenden Samstag zu "einer Zeit der Andacht und des Gebetes für den Frieden und die Verteidigung des Leben um jeden Preis" ein.

Aufruf zum Gebet

Pizzaballa hatte für Samstagabend zu einer Gebetswache in der Jerusalemer Stephanskirche eingeladen - zu einem Tag des Gebets und des Fastens "für den Frieden in Jerusalem". "Wie in einer Art Teufelskreis müssen wir alle Formen von Gewalt, jegliche zynische Verwendung von Menschenleben und unverhältnismäßige Gewalt verurteilen", heißt es in einem Aufruf Pizzaballas an seine Diözese.

Das Heilige Land sei Zeuge eines erneuten Ausbruchs von Hass und Gewalt, bei dem das Leben vieler junger Menschen beendet wurde und Hunderte Familien ihre Verletzten und Toten betrauern, so Pizzaballa. 

Hilfslieferungen für Gazastreifen

Nach den Protesten an der Gaza-Grenze mit zahlreichen Toten am Montag haben Lastwagen mit medizinischen Hilfsmitteln die Grenze zum Gazastreifen passiert. Die acht Lastwagen kamen von der Palästinensischen Autonomiebehörde, der Hilfsorganisation UNICEF und der israelischen Armee, wie die zuständige israelische Behörde Cogat am Mittwoch mitteilte. In den Paketen seien unter anderem Bandagen, Desinfektionsmittel und Material zur Versorgung von Kindern gewesen.

Die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Hamas wies die zwei Lastwagen der Armee in der Nacht allerdings zurück. Die Lastwagen seien zurückgeschickt worden, teilte Cogat auf Twitter mit.

Die Hamas bestätigte den Vorgang. "Wir haben diese Hilfe zurückgewiesen, weil Israel den Grenzübergang für so viele Tage für alle möglichen Produkte geschlossen hat und ihn nun nur für ihre eigene medizinische Hilfe wieder geöffnet hat", sagte Hamas-Aktivist Wael Abu Omer. Die EU, die USA und Israel stufen die Hamas als Terrororganisation ein.

Die Palästinensische Autonomiebehörde hat nach eigenen Angaben ein Ärzteteam geschickt. Dieses habe allerdings am Dienstag noch auf eine Lieferung von medizinischen Hilfsmitteln gewartet.

Kritik an Vorgehen israelischer Armee

Bei blutigen Protesten waren am Montag im Gazastreifen 60 Palästinenser von israelischen Soldaten getötet worden. Rund 2.800 wurden an der Grenze zu Israel verletzt, wie das palästinensische Gesundheitsministerium in Gaza mitteilte. Zwei weitere Palästinenser wurden am Dienstag getötet.

Das Vorgehen der israelischen Armee hat international Kritik ausgelöst. Südafrika und die Türkei riefen ihre Botschafter für Beratungen zurück. Das türkische Außenministerium forderte Israels Botschafter nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu auf, "für einige Zeit" das Land zu verlassen. Israel forderte seinerseits den türkischen Konsul in Jerusalem auf, das Land für "einige Zeit" zu verlassen.

Zentralrat der Muslime in Deutschland: Zweistaatenlösung in weiter Ferne

Auch Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) verurteilte die Gewalt der israelischen Armee gegen die palästinensische Demonstrantent. "Für Juden, Christen und Muslime ist Jerusalem Heimstätte und heilig, erklärte der Zentralrat. Deshalb müsse alles unterlassen werden, was zur weiteren Eskalation des politischen Konfliktes im Nahen Osten beitrage.

Es müsse das Recht des Friedens gelten und nicht das Recht des Stärkeren. "Wie die Bundesrepublik Deutschland sehen auch wir in der Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem einen folgenschweren Fehler", erklärte der Zentralrat. Mit diesem Bruch von UN-Konventionen und Internationalem Recht rücke die Zweistaatenlösung in weiter Ferne.

Botschaftseröffnung: Guatemala zieht nach

Auslöser der Proteste war unter anderem die Eröffnung der neuen US-Botschaft in Jerusalem gewesen. Im Streit über die Verlegung der Botschaft rief die palästinensische Führung ihre Botschafter in Rumänien, Tschechien, Ungarn und Österreich zu Konsultationen zurück. Grund sei die Teilnahme der Botschafter dieser Länder an den israelischen Feiern zur Eröffnung der neuen US-Botschaft, teilte die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) am Mittwoch mit. Die Teilnahme an der Eröffnung stelle einen Verstoß gegen Werte dar, auf denen die guten Beziehungen Palästinas zu allen EU-Mitgliedsstaaten beruhten.

Der Schritt der USA hatte international für Kritik gesorgt. Einige Staaten folgen ihm jedoch. Nach den Vereinigten Staaten eröffnete am Mittwoch auch Guatemala eine Botschaft in Jerusalem. Präsident Jimmy Morales sprach von einer "mutigen Entscheidung" seines Landes und einem "wichtigen Schritt für die Zukunft beider Völker". Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu dankte Morales und sagte, Guatemala sei "immer unter den Ersten" gewesen.

Guatemalas Botschafterin Sara Solis sprach von einem "historischen Tag, an dem die Botschaft in die israelische Hauptstadt zurückkehrt". Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums nannte die Eröffnung einen "großartigen Moment". In der kommenden Woche will auch Paraguay seine Botschaft verlegen. 

Umstrittener Schritt

Die Verlegungen der Botschaften sind umstritten. Der Status von Jerusalem soll nach Auffassung der internationalen Gemeinschaft in zukünftigen Friedensgesprächen zwischen Israel und den Palästinensern festgelegt werden. Israel beansprucht ganz Jerusalem als Hauptstadt, die Palästinenser wollen Ost-Jerusalem als Hauptstadt für einen künftigen eigenen Staat Palästina.

Problematisch könnte die Verlegung der Botschaft für den Handel Guatemalas werden: Das Land ist der weltgrößte Produzent von Kardamom, die Märkte in arabischen Ländern sind wichtige Abnehmer des Gewürzes. Die rund 40.000 eher kleinen Kardamom-Produzenten fürchten einen Boykott ihrer Ware nach der Botschaftsverlegung.


Papst Franziskus / © Stefano Dal Pozzolo (KNA)
Papst Franziskus / © Stefano Dal Pozzolo ( KNA )

Während der Botschaftseröffnung: Guatemalas Präsident Morales (re.) mit dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu und dessen Frau Sara / © Ronen Zvulun (dpa)
Während der Botschaftseröffnung: Guatemalas Präsident Morales (re.) mit dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu und dessen Frau Sara / © Ronen Zvulun ( dpa )

USA eröffnen Botschaft in Jerusalem (dpa)
USA eröffnen Botschaft in Jerusalem / ( dpa )
Quelle:
DR , dpa , KNA , rv