Papst will gegen Gewaltstrukturen in der Kirche hart vorgehen

"Nicht zu tolerieren"

Papst Franziskus will gegen seelische und sexuelle Gewalt in katholischen Gemeinschaften hart vorgehen. Er habe von Benedikt XVI. gelernt, solche Dinge nicht zu tolerieren, sagte Franziskus auf dem Rückflug von seiner Lateinamerikareise vor Journalisten. 

Papst Franziskus / © Alessandra Tarantino (dpa)
Papst Franziskus / © Alessandra Tarantino ( dpa )

Er verwies dabei auf die besonders in Peru tätige Gemeinschaft "Sodalitium Christianae Vitae" oder kurz "Sodalicio", die er kurz vor seinem Besuch unter kommissarische Leitung gestellt hatte.

Der Gründer der Bewegung, der Laienkatholik Luis Fernando Figari, sei wegen sexuellen Missbrauchs und Gehirnwäsche angezeigt und von einem Kirchengericht in Rom verurteilt worden, berichtete der Papst. Der heute 70-Jährige lebe inzwischen allein und unter Betreuung. Figari selbst bezeichne sich als unschuldig und habe Berufung beim obersten Kirchengericht eingelegt, der Apostolischen Signatur. Dies habe jedoch weitere Opfer veranlasst, gegen Figari vor zivilen und kirchlichen Gerichten zu klagen.

"Benedikt XVI. tolerierte diese Dinge nicht, und ich habe von ihm gelernt", so Franziskus

Es seien dabei "noch viel schwerere Fälle" ans Licht gekommen, ergänzte Franziskus: "Ich glaube, die Situation entwickelt sich nachteilig für den Gründer." Unabhängig von der Person Figaris seien auch die wirtschaftlichen Verhältnisse bei Sodalicio unklar, weshalb schon 2016 der US-amerikanische Kardinal Joseph William Tobin zur Aufsicht und als Sonderbeauftragter für eine wirtschaftliche Reform der Gemeinschaft eingesetzt worden sei, so der Papst weiter.

Er verglich die Lage bei Sodalicio mit den Legionären Christi, die sich unter dem Vorgängerpapst Ermittlungen unterziehen mussten. Der Fall sei "inzwischen gelöst", betonte Franziskus: "Benedikt XVI. tolerierte diese Dinge nicht, und ich habe von ihm gelernt, sie nicht zu tolerieren."

Gegenbewegung zur Theologie der Befreiung

Eine Woche vor dem Papstbesuch in Peru hatte der Vatikan mitgeteilt, dass die Laienorganisation Sodalicio unter die kommissarische Leitung des kolumbianischen Bischofs Noel Antonio Londono kommt. Die Gemeinschaft steht unter dem Verdacht, sektenähnliche Strukturen aufgebaut zu haben. Der Vatikan verwies auch auf "schwerwiegende Maßnahmen der peruanischen Justiz" gegen den Gründer Figari.

Das "Sodalitium Christianae Vitae" wurde 1971 in Peru als Gegenbewegung zur Theologie der Befreiung gegründet und gewann in der katholischen Kirche rasch an Einfluss. 1997 wurde Sodalicio unter Johannes Paul II. (1978-2005) vom Vatikan anerkannt. Die Bewegung rekrutierte ihre Mitglieder vor allem in der peruanischen Mittel- und Oberschicht. Sie stellt in Peru heute zwei Bischöfe, unterhält mehrere Schulen und eine Universität.

Papst: Kinderschutzkommission soll bestehen bleiben 

Papst Franziskus ist auf dem Rückflug zudem der Kritik entgegengetreten, er behandle die Arbeit seiner eigenen Kinderschutzkommission nachrangig. Nachdem das erste Mandat der Kommissionsmitglieder abgelaufen sei, werde das Gremium jetzt teilweise neu besetzt, sagte der Papst. Eine Liste der neuen Kandidaten liege seit zwei Wochen vor. Es seien noch einige wenige Punkte bei den Lebensläufen zu klären; dies geschehe innerhalb der normalen Fristen in der Kurie.

Franziskus hatte die Kinderschutzkommission 2014 eingerichtet und der Leitung von Kardinal Sean O'Malley unterstellt. Sie sollte den Vatikan bei Prävention und Ahndung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche beraten. Aus Deutschland gehörte dem Gremium der Jesuit Hans Zollner an. Der Psychologieprofessor leitet das Kinderschutzzentrum der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom.

Die beiden in der Kommission vertretenen Missbrauchsopfer hatten sich vorzeitig aus dem Gremium verabschiedet. Seit Februar 2016 ließ der Brite Peter Sanders sein Mandat ruhen. Im vergangenen März trat die Irin Marie Collins aus und begründete ihren Schritt mit einer mangelnden Kooperation der vatikanischen Glaubenskongregation. Zwei Tage vor dem regulären Ende der Beauftragung am 17. Dezember gab auch Sanders seine Mitgliedschaft in der Kommission formell auf.


Quelle:
KNA