Neues Interviewbuch mit dem Papst

Franziskus zu Politik und Gesellschaft

"Europa hat Angst", wird Papst Franziskus in einem neuen Buch zitiert. In dem Interviewband spricht er unter anderem über "gerechten Krieg", Armut, Freundschaft zu Frauen und eine Psychotherapie bei einer jüdischen Analystin.

Papst Franziskus  / © Evandro Inetti (dpa)
Papst Franziskus / © Evandro Inetti ( dpa )

In dem etwa 400-seitienlangen Buch sind Interviews mit Papst Franziskus abgedruckt. Aus vorab veröffentlichten Auszügen geht hervor, dass der Papst sich Sorgen um Europa mache und den Kontinent aufrufe, seine Wurzeln wiederzufinden. "Ich würde gerne eine Mutter Europa sehen", zitiert das französische "Figaro Magazin" aus einem Interviewbuch des französischen Soziologen Dominique Wolton, das am Mittwoch erscheint. Das Magazin veröffentlichte vorab einige Auszüge aus den Gesprächen mit dem Papst. Europa dürfe keine Angst haben und sich nicht verschließen, so der Papst. "Im Moment hat Europa Angst."

Europa, das sei eine Geschichte der "kulturellen, multikulturellen Integration", betont Franziskus. Um die europäische Kultur heute zu definieren, seien die christlichen Wurzeln sicherlich wichtig, darüber hinaus aber auch die verschiedenen Sprachen und die Fähigkeit, zu integrieren.

Europa ist für Ursachen der Migration mitverantwortlich

Der Papst hat zudem Europa für die Ursachen von Migration mitverantwortlich gemacht. Viele Migranten kämen nach Europa, weil sie keine Arbeit hätten oder aufgrund von Krieg. "Wer macht den Krieg? Wer stellt die Waffen zur Verfügung? Wir", wird Franziskus zitiert.

Die Afrikaner seien von europäischen Kolonialmächten ausgebeutet worden, so Franziskus. Heutzutage seien es internationale Firmen, die ganze Wälder in afrikanischen Ländern abholzten. Es müssten mehr Arbeitsmöglichkeiten in Afrika geschaffen werden; Firmen müssten dort investieren.

Kirche muss offensiv mit Missbrauch umgehen

Ferner betonte der Papst, dass die Kirche keine "defensive" Position beim Umgang mit Missbrauch einnehmen dürfe. Wenn ein Priester jemanden missbraucht habe, sei er "krank", zitiert das "Figaro Magazin" aus dem Interviewbuch.

Die Kirche müsse vermitteln, wie Missbrauch vorgebeugt werden könne, und ein Kind ermutigen, darüber zu reden, was passiert sei. In Frankreich hatte es im Jahr 2016 eine Welle von Anschuldigungen gegen Priester wegen Missbrauchs gegeben. Bischöfen wurde vorgeworfen, nicht reagiert zu haben, obwohl sie von Vorwürfen gewusst haben sollen. 

Religionen sind keine Unter-Kulturen

In Frankreich, wo es eine Trennung zwischen Staat und Kirche gebe, müssten die Religionen auch als Teil der Kultur angesehen werden. Es sei eine "Dummheit" zu sagen, man dürfe ein Kreuz nicht sichtbar um den Hals tragen.

Religionen seien keine "Unter-Kulturen", so Franziskus. "Der eine trägt ein Kreuz, der andere etwas anderes, der Rabbiner eine Kippa und der Papst eine Kappe", so Franziskus. Das sei eine "gesunde" Trennung von Staat und Kirche.

Ehe ist Bund zwischen Mann und Frau

Papst Franziskus hat in dem Buch auch seine Sicht auf die Ehe als Bund zwischen Mann und Frau bekräftigt. "Wir können das nicht ändern. Das ist die Natur der Dinge", zitiert das "Figaro Magazin". Die Ehe sei ein "historisches Wort".

In der Geschichte der Menschheit, nicht nur in der Kirche, sei sie seit jeher zwischen Mann und Frau geschlossen worden. Ein Bund zwischen Menschen des gleichen Geschlechts solle "eingetragene Partnerschaft" genannt werden, so Franziskus.

Mit dem Papst über Gott und die Welt reden

Das Interviewbuch "Politique et societe, Pape Francois, rencontres avec Dominique Wolton" (Politik und Gesellschaft, Papst Franziskus, Begegnungen mit Dominique Wolton) erscheint am kommenden Mittwoch. Für das Buch hatte sich Wolton zwölf Mal innerhalb von zwei Jahren mit dem Papst getroffen und ihn zu seiner Vergangenheit sowie zu aktuellen Themen wie der Flüchtlingskrise, dem Islam und der Ehe befragt.

In dem Buch soll es um verschiedene Themen gehen: So soll Franziskus seine Abneigung gegen den Begriff "gerechter Krieg" erklären, genausowie seinen Einsatz, die Frage der Armut in der Kirche wieder den Vordergrund zu stellen. Außedrem spricht er über Freundschaften zu Frauen und seine Zeit bei einer jüdischen Psychoanalytikerin, die er im Alter von 42 Jahren aufgesucht hatte.


Quelle:
DR
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