Vor dem Papstbesuch: Donald Trump und die Katholiken

"Viel Wind um relativ wenig"

Das Verhältnis zwischen US-Präsident Donald Trump und den Katholiken in den USA ist angespannt. Im Interview spricht Jesuitenpater Godehard Brüntrup über die Kirche in den USA und den bevorstehenden Papstbesuch Donald Trumps.

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Das Gespräch führte Renardo Schlegelmilch.
US-Präsident Donald Trump / © Michael Ares (dpa)
US-Präsident Donald Trump / © Michael Ares ( dpa )

domradio.de: Donalt Trump hat ein neues Dekret unterzeichnet, das Kirchen und religiösen Verbänden erlaubt, parteipolitisch aktiv zu sein. Bei der Unterzeichnung waren auch der katholische Kardinal Donald Wuerl und Schwestern des Ordens "Little Sisters of the Poor" anwesend. Da scheint es viel Zustimmung in der katholischen Kirche der USA zu diesem Dekret zu geben, warum?

Godehard Brüntrup (Jesuitenpater und Professor für Philosophie an der Hochschule in Münschen): Es ist vor allen Dingen viel Wind um relativ wenig. Eine alte Anordnung von Lyndon Johnson [US-Präsident von 1963 bis 1969, Anm. d. Red.] besagt, dass religiöse gemeinnützige Organisationen nicht für oder gegen einen Kandidaten Werbung machen können. Das würde bei uns zum Beispiel bedeuten, dass ein Priester sich nicht gegen die AfD positionieren könnte. Präsident Donald Trump hat die Steuerbehörden jetzt aufgefordert, dieses Gesetz, das so fast nie angewendet wurde, sehr zurückhaltend anzuwenden. Mehr ist das nicht. Interessanter ist der zweiter Teil dieser Anordnung, wo der Präsident verbietet, dass kirchliche Arbeitgeber direkt oder indirekt gezwungen werden können, die Pille oder die "Pille danach" für ihre Arbeitnehmer zu finanzieren. Und da hat der Orden der "Little Sisters of the Poor" prozessiert und letztendlich gewonnen.

domradio.de: Was steckt denn hinter dem Dekret. Ist das wirklich religiöse Überzeugung oder versucht Donald Trump etwas anderes damit zu erreichen?

Brüntrup: Das sind Wahlversprechen der republikanischen Partei, die schon seit längerem versucht konservative Christen an sich zu binden. Und diese Wahlversprechen hat Trump übernommen, weil er für die republikanische Partei antritt. Ob ihm das selber viel bedeutet, wage ich zu bezweifeln, kann ich aber nicht beurteilen.

domradio.de: Trump scheint bei seinem zweiten Anlauf, die Gesundheitsreform seines Vorgängers Obama aufzuweichen, erfolgreicher zu sein. Ist dies auch im Sinne der Katholiken in den USA?

Brüntrup: Das kann man so generell nicht sagen, weil der Vorstoß von Obama an sich im Sinne der katholischen Soziallehre ist, und er wurde auch von den Bischöfen unterstützt. Leider war diese Gesundheitsreform sehr zentralistisch und überbürokratisch, hat auch für viele die Krankenversicherung teurer gemacht und war auch in der Bevölkerung überhaupt nicht beliebt. Und Trump gibt jetzt den Bundesstaaten einen gewissen Freiraum Teile von der Reform wieder zurückzunehmen. Das ist vielleicht ein kurzfristiger Sieg für ihn. Ich denke aber, dass Obama sich langfristig durchsetzen wird, weil die Idee einer universellen Krankenversicherung, wie sie für uns Europäer selbstverständlich ist, sich jetzt in den amerikanischen Köpfen festgesetzt hat; die werden davon nicht mehr ablassen. Und ich würde vermuten, dass in spätestens zehn Jahren ein System, wie wir es aus Europa kennen, auch in Amerika ist Kraft ist.

domradio.de: Rund 80 Prozent der weißen Evangelikalen haben Trump gewählt. Donald Trump hat durchaus eine katholische Basis, die hinter ihm steht. Sind die Katholiken nach 100 Tagen immer noch auf seiner Seite?  

Brüntrup: Trump ist ein extrem unbeliebter Präsident. Diejenigen, die ihn gewählt haben, haben ihn nicht gewählt, weil sie ihn sympathisch finden oder weil sie ihn als ein Vorbild christlicher Tugend ansehen, sondern weil sie gehofft haben, dass er Bundesrichter ernennt, die wertekonservativ und gegen Abtreibung sind und klassische christliche Werte hochhalten. Das heißt: Sie haben ihn benutzt für ihren Zweck. Beliebt ist er nicht und er ist eher noch unbeliebter geworden.

domradio.de: Ist das Treffen politisch wichtig oder dient es nur zur Selbstdarstellung von Trump?

Brüntrup: Das ist zunächst eine ganz normale Sache. Jeder amerikanische Präsident seit Eisenhower hat den Papst besucht. Es ist ein Zeichen der Anerkennung, der Größe und des Einflusses der katholischen Kirche. Da die beiden im Vorfeld voneinander nicht gut gesprochen haben. Der Papst hat ja gesagt, es sei unchristlich Mauern zu bauen - das war ja eine klare Anspielung gegen Trump. Und Trump hat dem Papst vorgeworfen, sich zu sehr in die Politik einzumischen. Es ist die Gefahr, dass da eine Eiseskälte zwischen den beiden herrscht, so wie man das bei Angela Merkel und Donald Trump gespürt hat. Ob sie das überwinden und zu einem produktiven Dialog kommen können, weiß ich nicht. Aber leicht wird dieses Gespräch sicher nicht.

domradio.de: Denken Sie, das Treffen von Donald Trump und Papst Franziskus wird etwas Positives mit sich bringen?

Brüntrup: Ich denke, Trump ist sehr beweglich. Seine Meinungen können sich schnell ändern. Also, wenn der Papst es schafft, einen Zugang zu ihm zu finden und ihn positiv auf seine Seite zu ziehen, dann wäre damit etwas erreicht. Und warum soll das nicht passieren?


Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ (privat)
Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ / ( privat )
Quelle:
DR