Franziskus besucht die Ränder Mailands

Abseits aller Attraktionen

Mailand ist die geschäftige Metropole Norditaliens, Weltstadt der Banken und der Mode - und auch eine der wichtigsten Städte des spätantiken Christentums. Papst Franziskus ist an diesem Samstag eher an den Rändern unterwegs.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Abendstimmung am Naviglio Grande in Mailand / © Alexander Brüggemann (KNA)
Abendstimmung am Naviglio Grande in Mailand / © Alexander Brüggemann ( KNA )

Mailand empfängt den Gast nicht gerade mit offenen Armen. Mailand steht für sich, selbstbewusst und immer geschäftig. Tourismus, das läuft so nebenbei. Mit 1,25 Millionen Einwohnern ist Mailand die Metropole Norditaliens, eine Stadt der Banken, des Fußballs, der großen Kunst und der Mode. Papst Franziskus kommt am Samstag (25. März) aber auch in eine Stadt, deren Bischöfe in der Spätantike das christliche Glaubensbekenntnis mitbestimmt haben. Die sozialen Realitäten von heute interessieren ihn freilich mehr. Er geht wie immer zu den Menschen am Rand der Gesellschaft.

Reiche Stadt

Mailand ist reich, immer gewesen. Doch hier zeigt man seinen Reichtum nicht so demonstrativ wie anderswo auf der Welt. Schlichte Eleganz prägt den leicht spröden Alltag der Geschäfts- und Finanzmetropole. Man trinkt seinen Espresso, ja - aber ein wenig rascher als anderswo. Man lässt sich Zeit, schon - aber ein bisschen weniger eben als in Rom oder Neapel.

Understatement, das ist Mailänder Art. Eine Ausnahme freilich bildet Mailands Wahrzeichen Nummer eins: "il duomo", der gotische Dom. Hier steckt die Pracht vor allem im Äußeren. Im gigantischen Inneren ist die Mailänder Bischofskirche, mit 157 Metern Länge und 45 Meter Gewölbehöhe eine der größten der Welt, düster und fast kafkaesk bedrückend. Und doch schlägt hier das Herz einer der traditionsreichsten Diözesen der Weltkirche; viele der Mailänder Kirchen lassen sich bis in die Antike zurückführen.

Reliquien der Heiligen Drei Könige

Von hier nahm 1164 Rainald von Dassel, Kölner Erzbischof und Reichskanzler Kaiser Friedrich Barbarossas, die Reliquien der Heiligen Drei Könige als Kriegsbeute mit nach Hause. Doch Niederlagen wie diese hat Mailand stets weggesteckt - und sich einen solchen Dom errichtet. "Sie sagen, dass Mailands Kathedrale nur an zweiter Stelle nach dem Petersdom in Rom steht", bemerkte der US-Schriftsteller Mark Twain 1867 beeindruckt. "Ich kann nicht verstehen, wie diese Kathedrale hinter irgendetwas anderem vom Menschen Gemachtem an zweiter Stelle stehen kann."

Etwas von diesem Staunen hallt auch 150 Jahre später wider, wenn man an einem sonnigen Tag den Weg an der Außenwand zum Dach erklimmt. "Die Wahnvorstellung einer Eisskulptur, die mit einem Atemzug verschwinden könnte", so beschrieb Twain den surrealen Eindruck.

Zerbrechlich, weiß, fast unwirklich ragen Hunderte Fialen in verspielter gotischer Formenvielfalt auf; Heiligenfiguren sind in scheinbarem Dialog überall über die Dachterrasse verteilt. Doch zu keinem Zeitpunkt kommt der Verdacht auf, der Himmel sei schon zum Greifen nahe. Denn erstens bleiben die Touristen jederzeit in der Mehrheit - und zweitens ist der Blick über die Dächer Mailands doch weit weniger himmlisch als der über die von Rom oder Venedig.

Ein Blickfang an der Piazza del Duomo ist die Galleria Vittorio Emmanuele II. Mit ihrem fast 200 Meter langen Hauptgang und ihrer fast 50 Meter hohen Glaskuppel war sie Ende des 19. Jahrhunderts die prächtigste Einkaufspassage Europas. Wer sich selbst angesichts eines solchen Angebots an Mode und Luxus nicht restlos vertraut, tut gut daran, seine Kreditkarte zuhause zu lassen.

Berühmte Mailänder Scala

Auch für weitere Attraktionen der Stadt ist es nicht ganz leicht, an Karten zu kommen: für die Scala, eines der berühmtesten Opernhäuser der Welt; für ein Heimspiel von Inter oder dem AC; oder für den Zugang zu Leonardos Meisterwerk, dem "Letzten Abendmahl" im Dominikanerkloster Santa Maria delle Grazie.

Zum Glück gibt es da noch ein anderes "Must" für Mailand-Besucher, tagesfüllend und umsonst: Im Nordosten des Stadtgetöses liegt der Cimitero Monumentale. Hier treffen sich die Reichen und die Schönen, wenn sie gestorben sind. Endlich Ruhe - und was für eine! Milano, Cimitero Monumentale: der prunkvollste aller Friedhöfe Italiens. Hier liegen einige der reichsten Familien der Welt. Ein jeder, ob Conti, Motta oder Pirelli, schielt bis heute auch auf das Nachbargrab, um den Nächsten wo möglich zu übertrumpfen. Zum eigenen Nachruhm - und dem der Familie.


Papst Franziskus / © Andrew Medichini (dpa)
Papst Franziskus / © Andrew Medichini ( dpa )
Quelle:
KNA