Papst spricht Katholiken in Aserbaidschan Mut zu

"Kleine, aber kostbare Herde"

Papst Franziskus hat auf seiner zweiten Station der Kaukasus-Reise den wenigen Katholiken im muslimisch geprägten Aserbaidschan Mut zugesprochen. In der Hauptstadt Baku feierte er am Sonntagmorgen eine Messe.

Papst Franziskus in Aserbaidschan / © Paul Haring (KNA)
Papst Franziskus in Aserbaidschan / © Paul Haring ( KNA )

Sie seien eine "kleine, in den Augen Gottes ganz kostbare Herde", sagte er den versammelten Teilnehmern. Zugleich ermahnte der Papst die Katholiken zu Verbundenheit untereinander. "Der Herr, der die Harmonie in der Unterschiedlichkeit schafft, wird euch beschützen", sagte Franziskus.

An der Messe im katholischen Seelsorgezentrum nahmen rund 300 Gläubige teil, hauptsächlich in Aserbaidschan berufstätige Ausländer und deren Familien. Mit Rücksicht auf die internationale Zusammensetzung sprach Franziskus weite Teile der Messtexte auf Englisch. Die gesamte katholische Gemeinde zählt nach Kirchenangaben 300 bis 400 Personen. Von den 9,9 Millionen Einwohnern Aserbaidschans sind nach unterschiedlichen Angaben 88 bis 96 Prozent Muslime, die überragende Mehrzahl Schiiten.

Glaube als Geschenk

Franziskus betonte, Glaube und Dienst für andere seien im Christentum nicht zu trennen. Glaube sei weder eine magische Kraft oder eine "Supermacht, die zur Lösung unserer Probleme dient", noch eine Tröstung für "ein bisschen Frieden im Herzen". Glaube sei ein Geschenk, "das nur Frucht bringt, wenn wir unseren Teil tun". Dazu gehöre Gebet wie auch konkrete Nächstenliebe und gesellschaftliches Engagement.

Die Katholiken in Aserbaidschan hat Papst Franziskus auch bei seinem Mittagsgebet trotz ihrer verschwindend geringen Zahl dazu ermutigt, nicht aufzugeben.

"Nur Mut, vorwärts, ohne Angst", rief er den Versammelten beim Angelus-Gebet in der katholischen Kirche in der Hauptstadt Baku zu. Ihr Glaube habe "nach den Jahren der Verfolgung Wunder gewirkt", sagte Franziskus mit Blick auf die Sowjet-Ära, während der die Katholiken rund 60 Jahre weder eine eigene Kirche noch Seelsorger hatten. Auch damals seien viele Christen "in den Widrigkeiten treugeblieben". Nach Vatikan-Angaben beträgt die Zahl der Katholiken in Aserbaidschan insgesamt nur knapp 600 Personen, von denen 300 bis 400 die katholische Gemeinde in Baku bilden.

Vergleich mit Jüngern an Pfingsten

In einem spontanen Einschub rechtfertigte Franziskus seine weite Reise in das Land mit der kleinen christlichen Minderheit. Er verglich die internationale, hauptsächlich aus ausländischen Berufstätigen bestehende Gemeinschaft mit den Jüngern im Abendmahlssaal an Pfingsten. Der Papst scherzte, mit seinem Besuch verliere er ebenso seine Zeit "wie sie der Heilige Geist damals verloren hat". Franziskus fügte hinzu: "Auch er ist aus dem Himmel in eine kleine Gemeinschaft am Rand gekommen."

Der Papst erinnerte auch an die Anwesenheit Marias in der ersten Jüngergemeinde. "Vergesst die Mutter nicht", sagte er mit einem Wink auf die Marienfigur der Bakuer Kirche. Die versammelten Katholiken mahnte er zu Nächstenliebe und brüderlicher Verbundenheit.

In den 30er-Jahren waren unter der Sowjetherrschaft die einzige katholische Kirche Aserbaidschans zerstört und der letzte Priester ermordet worden. Seither blieben die Katholiken des Landes für 60 Jahre ohne eigenes Gotteshaus und Geistlichen. In dieser Zeit gewährten russisch-orthodoxe Gemeinden den Katholiken Aufnahme und seelsorgliche Unterstützung.

Seelsorge in Baku dem Salesianer-Orden anvertraut

Ein katholischer Priester kam erst 1997 wieder nach Baku, ein junger Pole. Heute ist die Seelsorge dem Salesianer-Orden anvertraut. In ihrem Zentrum in Baku sind sechs Priester und drei Ordensbrüder sowie mehrere Mutter-Teresa- und Don-Bosco-Schwestern tätig. Schwerpunkte liegen auf der Jugend- und Sozialarbeit.

Das Grundstück für die Kirche in Bakus Innenstadt unweit der Strandpromenade war ein Geschenk von Heydar Aliyev, Vater und Amtsvorgänger des amtierenden Staatspräsidenten, nach dem Besuch von Johannes Paul II. (1978-2005) im Jahr 2002. Die Weihe des Gotteshauses erfolgte 2007. Die drei Glocken tragen die Namen des Apostels Petrus, Benedikts XVI. und der Madonna von Tschenstochau.

Interreligiöser Dialog im Mittelpunkt

Im Mittelpunkt des rund zehnstündigen Aufenthalts in Aserbaidschan steht der interreligiöse Dialog mit dem Islam. In Aserbaidschans Hauptstadt Baku will der Papst eine Moschee besuchen. Es ist nach der Blauen Moschee in Istanbul und einer Moschee in der Zentralafrikanischen Republik das dritte Mal, dass Franziskus ein muslimisches Gebetshaus besucht. Zudem trifft er den Scheich der kaukasischen Muslime, Allahsükür Pasazadä.

Im weiteren Programmverlauf stehen eine Kranzniederlegung am Nationaldenkmal für die Gefallenen der Kriege und eine Rede des Papstes vor Regierungsvertretern, Diplomaten und Vertretern der Zivilgesellschaft an.

Begegnung mit Großmufti

Interreligiös bedeutsam ist die Begegnung mit Großmufti Allahschükür Paschazade in der Heydar-Aliyev-Moschee zum Abschluss der Reise. Der 67-Jährige ist eine geistliche und fachliche Autorität für den in Aserbaidschan dominierenden schiitischen wie für den sunnitischen Islam und ist in zahlreichen internationalen Gremien vertreten.

Franziskus hält sich seit Freitag zu einem Besuch im Kaukasus auf. Am Sonntagabend kehrt Franziskus nach Rom zurück.

Scharmützel mit Armenien

Zeitgleich mit der Ankunft von Papst Franziskus hat Aserbaidschan seinem Nachbarland Armenien eine Verletzung des Waffenstillstands vorgeworfen. Innerhalb der letzten 24 Stunden hätten armenische Truppen entlang der Kontaktlinie zwölfmal aserbaidschanische Stellungen beschossen, gab das Verteidigungsministerium in Baku am Sonntag an. Der Sprecher des Außenamts, Hikmet Hajiyev, twitterte, während Baku mit dem Papstbesuch "eine Botschaft des Friedens und der Toleranz" sende, setze Armenien seine Angriffe fort.


Quelle:
KNA