Wie Jorge Mario Bergoglio zu den Lübecker Märtyrer fand

"Ihr Blut hat sich vermischt"

In Norddeutschland sind die vier von den Nationalsozialisten ermordeten Lübecker Märtyrer wohl bekannt. Aber auch Papst Franziskus verehrt die Geistlichen. Am Samstag jährt sich ihre Seligsprechung zum fünften Mal.

Autor/in:
Christina Rietz
Gedenkstätte für die Lübecker Märtyrer (dpa)
Gedenkstätte für die Lübecker Märtyrer / ( dpa )

Seit fünf Jahren kann man die Märtyrer aus Lübeck offiziell um Fürsprache bitten. Am 25. Juni 2011 wurden die drei norddeutschen Kapläne Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange, die ihr Leben 1943 in Hamburg unter der Guillotine lassen mussten, von Papst Benedikt XVI. seliggesprochen.

Auch dem evangelischen Pfarrer Karl Friedrich Stellbrink wird seither ein ehrendes Andenken bewahrt. Er hatte gemeinsam mit den katholischen Priestern die Nazi-Ideologie von der Kanzel herab angeprangert und die Schriften des Münsteraner Bischofs Clemens August Graf von Galen verbreitet. Genug für ein Todesurteil im Jahr 1943, das im Hamburger Untersuchungsgefängnis am 10. November per Fallbeil vollstreckt wurde.

Christliche Werte über Staatsideologie

Im Rahmen des Seligsprechungsprozesses der drei katholischen Lübecker Märtyrer betonte Papst Benedikt XVI., wie sehr er die aufrechten Priester der NS-Zeit bewundere. Sie hätten christliche Werte über eine Staatsideologie gestellt und dafür mit dem Leben bezahlt, seien also den Märtyrertod gestorben. Dass vier norddeutsche Geistliche einen Papst aus Bayern beeindrucken, scheint noch verständlich. Doch selbst dem aus Argentinien stammenden Pontifex, Papst Franziskus, sind sie wohlbekannt.

Wie er sie kennenlernte, darüber gibt das Taufregister der Gemeinde Sankt Joseph im Hamburger Stadtteil Wandsbek einen Hinweis. In dem Dokument findet sich ein sachliches "Jorge Mario Bergoglio SJ" - was die Verbindung des Argentiniers nach Norddeutschland belegt. Denn Bergoglio war hier: Im Jahr 1986 weilte der damalige Jesuitenpater eigentlich in Frankfurt am Main, an der Jesuitenhochschule Sankt Georgen, um eine Doktorarbeit vorzubereiten. Im Rahmen des Deutschland-Aufenthaltes wurde er aber zur Taufe zweier argentinischer Kinder nach Hamburg gerufen. Er fuhr, taufte, trug sich ins Gästebuch ein und traf Franz von de Berg, den damaligen Pfarrer der Wandsbeker Gemeinde. Der wiederum stammte aus Lübeck und erzählte Bergoglio von dem Widerstand der vier Geistlichen und ihrem gemeinsamen Martyrium.

Papst bekräftigte Verehrung für Märtyrer mehrfach

Offenbar haben sich die Lübecker in das Gedächtnis des Papstes festgesetzt. Denn im Dezember 2013 sagte Bergoglio, nunmehr Franziskus, einer italienischen Zeitung: "Ich kannte in Hamburg einen Pfarrer, der die Heiligsprechung eines katholischen Priesters betrieb, der von den Nazis enthauptet worden war, weil er die Kinder den Katechismus lehrte. Nach ihm in der Reihe der Verurteilten war ein lutherischer Pastor, der aus demselben Grund hingerichtet wurde. Ihr Blut hat sich vermischt." Ein Jahr später bekräftigte Franziskus bei einer Pressekonferenz seine Verehrung für die Lübecker Märtyrer - wiewohl es in seiner Erinnerung nur zwei waren und nicht vier.

Einen Brief mit den korrekten Daten und Fakten schrieb ihm im Jahr 2014 die Wandsbeker Kirchengemeinde, die er in den 1980er Jahren besucht hatte. Ob er geantwortet hat, ist nicht bekannt. Jedoch könnte ihn der neue Hamburger Erzbischof Stefan Heße bald wieder an die Norddeutschen erinnern: Er hat schon ein halbes Jahr nach seiner Amtseinführung - im November 2015 - erklärt, er wolle sich persönlich dafür verwenden, dass aus den Seligen bald Heilige werden. Der Papst selbst habe ihn zuvor auf die Lübecker Märtyrer angesprochen.


Quelle:
KNA