Radio Vatikan zu Papst Franziskus' Äußerungen zum möglichen Frauendiakonat

"Typisch Franziskus"

Große Überraschung für die katholische Welt: Papst Franziskus will eine Kommission zum Thema Frauendiakonat einrichten lassen. Für Pater Bernd Hagenkord von Radio Vatikan ist das vor allem als Aufforderung zum Reden zu verstehen.

Papst Franziskus und begeisterte Frauen / © Maurizio Brambatti (dpa)
Papst Franziskus und begeisterte Frauen / © Maurizio Brambatti ( dpa )

domradio.de: Was hat der Papst denn nun genau gesagt. Gibt es inzwischen etwas Offizielles? (Lesen Sie hier den inzwischen veröffentlichten Wortlaut des Papstes

Pater Bernd Hagenkord (Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan): Einen offiziellen Text gibt es noch nicht. Daran arbeitet der Vatikan gerade. Aber wir haben mit Leuten gesprochen, die dabei waren. Es gibt auch immer mehr Leute, die tweeten. Das ist also alles kein Geheimnis. Dem Papst ist die Frage gestellt worden nach Diakoninnen in der frühen Kirche. Und seine Antwort war: Er wolle eine Kommission einrichten, die sich diesem Thema annehme. Wir wissen ja schon viel von Historikern. Und jetzt soll eine Kommission eine offizielle Feststellung dazu geben.

domradio.de: Wenn der Papst diese Fragen rund um das Amt der Diakonin offenbar wirklich prüfen lassen will, was bedeutet das?

Hagenkord: Ganz banal: Wir wissen, ob das dann überhaupt ein Argument sein kann. In dem Römerbrief werden die Diakoninnen genannt. Die Frage ist: Was hat das damals geheißen? Ist das dasselbe, was wir heute als Diakon bezeichnen? Kann das also ein Argument sein oder nicht? Das andere ist: Damit wurde eine Debatte losgetreten und ist ins Zentrum der Kirche gekommen. Sie kann nun vom Papst gewollt geführt werden.

domradio.de: Pater Hagenkord, Sie sind ein sehr genauer Kenner und aufmerksamer Beobachter der vatikanischen Vorgänge. Wie bewerten Sie ganz persönlich diese Äußerung des Papstes?

Hagenkord: Er weiß natürlich ganz genau, was er da tut: Dass er nämlich ein sehr emotionales Thema - und die Weihe von Frauen ist sehr emotional - ganz bewusst auch noch einmal nennt. Er hat sehr deutlich gemacht, dass die Priesterweihe nicht geht. Die Tür ist zu, das hat er klar und deutlich gesagt. Gleichzeitig hat aber schon Papst Benedikt XVI. Ende 2009 ein Dokument herausgegeben, in dem er auch noch einmal klar unterscheidet zwischen Bischofsweihe und Priesterweihe auf der einen Seite und der Diakonweihe auf der anderen Seite.

Schon damals haben Leute gesagt - wir hatten damals mit Kirchenrechtlern Interviews geführt - das würde zum Beispiel die Diakoninnenweihe ermöglichen. Also nicht nur ein Segen wie es Kardinal Kasper mal vorgeschlagen hat, sondern eine richtige Weihe. Da gibt es sicherlich viel Spielraum. Und da bewegt sich schon seit Jahren etwas, vielleicht ein bisschen unter der Oberfläche. Dass Papst Franziskus dies nun an die Oberfläche geholt hat, ist vielleicht typisch Franziskus.

domradio.de: Sie sind selber unmittelbar im Vatikan für die Kommunikation tätig. Ihr Mitbruder Pater Lombardi ist der päpstliche Pressesprecher. Konnten Sie schon mit ihm sprechen? Was sagen zum Beispiel auch die Kleriker im Vatikan selber? Wie beurteilt man denn dieses laute Nachdenken des Heiligen Vaters?

Hagenkord: Mit ihm habe ich schon gesprochen. Aber da gibt es wenig zu sagen. Die Aussagen sind relativ klar. Da dementiert auch niemand etwas oder versucht es wieder "einzufangen". Es ist ja auch erstmal nur das: Eine Ankündigung einer Kommission. Der Papst spricht ja sehr häufig von der Wichtigkeit der Rolle der Frauen in der Kirche. Sie sollen bei der Entscheidungsvorbereitung- und durchführung beteiligt werden. Da hat die Kirche durchaus Nahholbedarf.

Jetzt hat er hier ein Thema aufgemacht, über das länger und intensiver nachgedacht werden muss. Hier geht es nicht nur um Ernennung von Frauen in Führungspositionen, sondern es ist relativ eingreifend. Der Papst will Dynamik in die Kirche bringen. Er will das nicht von seinem Schreibtisch aus entscheiden, sondern er will, dass geredet wird.

domradio.de: Abschließende Frage: War das wieder ein echter Franziskus, also ein Papst, der hier die Veränderungen in der Kirche auf seine ganz eigene Art und Weise vorantreibt?

Hagenkord: Ja, er will reden. Er will, dass wir miteinander reden. Er will, dass wir untereinander reden: Was ist Kirche? Was ist Weihe überhaupt? Es sollen jetzt nicht nur einfach Parteien aufeinander losgehen, sondern er will, dass wir miteinander reden. Das ist sehr Franziskus.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Pater Bernd Hagenkord (rv)
Pater Bernd Hagenkord / ( rv )
Quelle:
DR