CDU-Politiker Laschet reist zur Karlspreisvergabe nach Rom

Europas Preisträger

Für Armin Laschet ist es eine große Ehre, dass Papst Franziskus an diesem Freitag den Karlspreis annimmt. Laschet gehört zum Gremium, das über den Preisträger entscheidet. Im Interview spricht er über Europas Schicksalsjahr.

Papst Franziskus / © Claudio Peri (dpa)
Papst Franziskus / © Claudio Peri ( dpa )

domradio.de: Sie haben kurz vor der Karlspreisverleihung an Papst Franziskus ein Buch mit Denkanstößen herausgegeben "Europa im Schicksalsjahr" - Haben wir das Schicksalsjahr jetzt hinter uns oder steht uns der Scheideweg noch bevor?

Armin Laschet (Vorsitzender der NRW-Landtagsfraktion CDU und Mitglied des Karlpreis-Gremiums): Ich glaube, wir stehen mittendrin. Wir erleben in vielen europäischen Mitgliedsstaaten rechtspopulistische Bewegungen, die gegen das europäische Einigungsprojekt stehen. Wir haben am Wochenende auch den Parteitag einer Partei in Deutschland erlebt, die zum ersten Mal sagt, wir wollen den Austritt aus der europäischen Union. Wir haben in wenigen Wochen die Entscheidung in Großbritannien über einen Austritt aus der Europäischen Union der Briten und insofern ist es schon ein Schicksalsjahr, nämlich verbunden mit der Frage: Ist das Projekt von Konrad Adenauer, von Helmut Kohl, von vielen, die Europa geprägt haben, am Ende des Jahres noch so, wie es am Anfang des Jahres war? 

domradio.de: Hat denn das gemeinsame Europa noch eine Chance?

Laschet: Aus meiner Sicht ja und gäbe es Europa nicht, man müsste es quasi jetzt erfinden, denn wir merken in der Globalisierung, dass die Nationalstaaten gar nicht in der Lage sind, die großen Herausforderungen zu bewältigen. Stellen Sie sich mal vor, wir würden in der Weltfinanzkrise noch 28 nationale Währungen in Europa haben, die gegeneinander spekulieren. Das würde uns in viel größere Probleme bringen. Stellen Sie sich vor, wir hätten wieder überall Grenzkontrollen, dieses Europa des Schengenraumes, wo die Güter, die in Deutschland produziert werden, quasi ohne Kontrollen in alle Welt gebracht werden können, das wäre plötzlich gefährdet. Es hätte viele Auswirkungen für das Leben der Menschen bei uns. Auch bei neuen Herausforderungen, beispielsweise beim Terrorismus brauchen wir mehr Europa, da sitzen die Täter in Brüssel und fahren nach Paris, aber die beiden Behörden tauschen sich nicht aus, wer denn die Gefährder sind. Da braucht man, um die Sicherheit unserer Bürger wiederherzustellen, eine europäische Zuständigkeit, die europaweit auch gegen Terrorismus vorgehen kann.

domradio.de: Der Karlspreis geht in diesem Jahr an Papst Franziskus - inwieweit hat er sich denn verdient gemacht um die Einheit Europas?

Laschet: Man hat dieses Mal keinen Politiker ausgezeichnet, sondern eine Persönlichkeit, die an die geistigen Wurzeln erinnert. Der Papst kommt aus Argentinien und richtet seinen Blick wahrscheinlich in ganz anderer Weise auf die Europäische Union, der erste nicht-europäische Papst "vom anderen Ende der Welt", wie er selbst gesagt hat.

Er sagt uns Europäern: 'Was ihr hier an Freiheit, an Rechtsraum, an Wertehintergrund habt, das ist wertvoll, das müsst ihr bewahren.' Das hat er in einer Rede vor dem europäischen Parlament gemacht. Er setzt sich auch in den Themen, die uns heute bewegen in den Umweltfragen, in den Klimaschutzfragen, in der Flüchtlingsfrage für europäische gemeinsame Lösungen ein. Deshalb ist er in diesem Jahr der Preisträger.

domradio.de: Sie sind mit in dem Direktorium, das über den Karlspreisträger entscheidet, ist da lange drüber gesprochen worden, ob das eine ganz besondere Situation ist, wenn man das Oberhaupt der katholischen Kirche benennen möchte?

Laschet: Das ist allein deshalb etwas Besonderes, weil der Papst prinzipiell keine Preise annimmt. Er sagt, mein Job ist es nicht, wie ein Staatsmann ausgezeichnet zu werden, aber er nimmt diesmal ausnahmsweise diesen Preis an, weil ihm dieses europäische Integrationssignal so wichtig ist, das ist natürlich für das Direktorium eine ganz besondere Ehre gewesen. Zum Zweiten ist damit verbunden, dass der Preis entgegen der üblichen Regel nicht in Aachen selbst verliehen wird, sondern in Rom. Das hat man gerne in diesem Jahr in Kauf genommen, wirklich um diese außergewöhnliche Persönlichkeit zu würdigen.

domradio.de: Und Sie fahren dann auch gerne am Freitag mit nach Rom?

Laschet: So ist das. Es werden sehr viele Gäste aus ganz Europa da sein. Die gesamten Spitzen der Europäischen Union werden da sein, Donald Tusk vom Europäischen Rat, Jean-Claude Juncker, Martin Schulz, der Parlamentspräsident, Angela Merkel wird ebenfalls am Freitag in Rom sein. Ich glaube, das wird ein großer Europäischer Tag im Vatikan am kommenden Freitag.

domradio.de: Mit dem Buch sollen Denkanstöße gegeben werden: Was genau wollen Sie unseren Hörern und Usern mitgeben?

Laschet: Die Autoren, die da schreiben, sind Menschen, denen das europäische Projekt am Herzen liegt, wie Jean-Claude Juncker, Donald Tusk, Angela Merkel, Martin Schulz und es ist ein Beitrag drin von Helmut Kohl, der sich noch einmal äußert zu seinem europäischen Projekt, für das er so lange gearbeitet hat. Es ist ein Beitrag drin von Reinhard Kardinal Marx, der über die Seele Europas spricht, ebenso wie von Heinrich Bedford-Strohm, dem Präses der evangelischen Kirche in Deutschland. Also es ist ein politisches, ökumenisches Buch und wirtschaftliches Buch. Es hat unterschiedliche Akzente, die aber alle eint: Wir wollen dieses Europa erhalten und auch in Zukunft gestalten.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


CDU-Fraktionsvorsitzender Armin Laschet (DR)
CDU-Fraktionsvorsitzender Armin Laschet / ( DR )
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DR