KNA-Chefredakteur zur Papstreise nach Mexiko

Kyrill, Trump und mexikanischer Volkscharakter

Donald Trump, der Umgang mit dem Zika-Virus und der Rückblick auf die Mexiko-Reise. Papst Franziskus hatte auf dem Rückflug Journalistenfragen zu beantworten, die nachhallen. KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel mit einer Einordnung.

Papst Franziskus in der Grenzstadt Ciudad Juarez / © Alessandro Di Meo (dpa)
Papst Franziskus in der Grenzstadt Ciudad Juarez / © Alessandro Di Meo ( dpa )

domradio.de: Gucken wir einmal auf das Trump-Zitat: Franziskus sagt: "Dieser Mensch ist kein Christ, wenn er das so sagt. Man muss aber sehen, ob er das wirklich so gesagt hat, nicht wahr?" Also doch nicht ganz so harsche Kritik am US-Präsidentschaftskandidaten?

Ludwig Ring-Eifel: Der Papst hat sehr deutlich gemacht, dass es ihm nicht um eine Aussage über Donald Trump als Person ging, sondern nur darum, dass, falls Trump gesagt hat, dass man eine Mauer bauen und Millionen illegal eingewanderter Lateinamerikaner wieder deportieren müsse, dann wäre er kein Christ mit diesen Forderungen. Er hat aber keine Aussage darüber getätigt, ob Trump an sich ein Christ ist oder nicht. Er hat auch gesagt, er kenne diese Aussagen nicht. Er hat sich nur auf die Fragen des Journalisten bezogen, der ihn konfrontiert hat.

domradio.de: Franziskus hat auf dem Rückflug von Mexiko eine "fliegende Pressekonferenz" gehalten. Dabei sagte er in Bezug auf das Zika-Virus, was gerade in Brasilien grassiert, es wäre moralisch verantwortbar, Verhütungsmittel zu verwenden. Das widerspricht ja eigentlich der katholischen Lehre. Wie sind diese Worte vom Papst zu bewerten?

Ring-Eifel: Der Papst hat gesagt, man muss da abwägen. Das ist eine Abwägung zwischen dem fünften Gebot und dem sechsten Gebot, also "Du sollst nicht töten" und "Du sollst nicht ehebrechen". Das passt natürlich nicht so ganz genau auf diese Situation, aber es zeigt, was er meint. Er sagt, dass es sich hier um eine Güterabwägung handelt, und er verweist darauf, dass es in den 1960er Jahren damals schon eine ähnliche Entscheidung von Papst Paul VI. gab, als er den katholischen Ordensschwestern erlaubt hat, Verhütungsmittel einzunehmen, um sich vor den Folgen möglicher Vergewaltigungen im Krieg gegen die Rebellen zu schützen. In Ausnahmesituationen ist Verhütung erlaubt. Das hat Franziskus für die Situation mit dem Zika-Virus nicht direkt gesagt, sondern er hat gesagt, damals war es klar, dass das erlaubt ist, und es gibt immer wieder Situationen, in denen es erlaubt sein kann. Er hat dann die Vermutung nahe gelegt, dass dies hier so eine Situation ist.

domradio.de: Es gibt aber auch Aussagen aus dem Vatikan, die sich auf AIDS in Afrika beziehen, wo Verhütung nicht gestattet ist.

Ring-Eifel: Auch das war im Vatikan immer relativ umstritten. Es gab auch Aussagen des damaligen vatikanischen Gesundheitsministers, der gesagt hat, wenn es darum geht, Leben zu retten, dann ist das eine andere Situation als wenn es darum geht, zu verhüten. Es geht ja nicht darum, eine Schwangerschaft zu verhüten, sondern eine lebensgefährliche Ansteckung zu vermeiden. Auch Papst Benedikt XVI. hat in einem Interview etwas Ähnliches in Bezug auf Prostituierte gesagt. Da ist die Linie der Kirche durchaus flexibler geworden.

domradio.de: Es ist also keine so revolutionäre Aussage, wie es teilweise dargestellt wird?

Ring-Eifel: Genau. Das ist etwas, was im Vatikan mindestens seit Paul VI. immer wieder für Extremsituationen durchbuchstabiert wurde.

domradio.de: Sie haben Franziskus auf der Mexiko-Reise begleitet. Es gab immer wieder Aussagen, dass er müde und angestrengt gewirkt hat. Papst Franziskus ist ja nun auch schon 79 Jahre alt. Wie haben Sie das erlebt?

Ring-Eifel: Ich habe ihn an einem Tag etwas müde und erschöpft erlebt. Das war in Morelia. Es war ziemlich feucht und heiß dort bei fast 35 Grad im Schatten. Da war er dann doch ein bisschen platt, um es salopp zu sagen. Das waren wir Journalisten natürlich auch alle. Er hat aber insgesamt die Reise sehr gut überstanden und ich würde sagen, er ist für sein Alter noch richtig fit.

domradio.de: Franziskus hat unter anderem ein Gefängnis besucht, mehrere Hotspots der Kriminalität und auch die Grenzanlagen zu den USA. Es ist ja inzwischen die elfte Auslandsreise des Papstes. Eine wie alle anderen?

Ring-Eifel: Es war schon eine ungewöhnliche Reise. Zum einen war der Auftakt schon besonders, weil dieser nicht in Mexiko sondern in Kuba stattgefunden hat, wo er mit dem russischen Patriarchen Kyrill die gemeinsame Erklärung der russisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche unterschrieben hat. Das war schon sehr, sehr ungewöhnlich. Und der Abschluss mit dem Gottesdienst an der mexikanisch-amerikanischen Grenze war sicherlich etwas Besonderes. Da gab es den sehr bewegenden Moment als der Papst an die Grenze getreten ist und an die vielen tausend Todesopfer gedacht hat, die dort beim Versuch die Grenze zu überqueren, umgekommen sind. Das waren schon zwei sehr ungewöhnliche Highlights, insofern war es keine Reise wie jede andere.

domradio.de: Wenn man sich die Bilder der Reise anschaut, so sieht man viele Begegnungen des Papstes mit den Menschen, lachende Kinder, begeisterte Mexikaner. Wie ist Franziskus bei den Menschen angekommen?

Ring-Eifel: Er hat die Mexikaner im Sturm erobert. Das ist aber auch nicht schwer. Die Mexikaner neigen als Volk ohnehin sehr zu ungewöhnlicher Freundlichkeit und Fröhlichkeit. Das ist eine ganz herzliche Begegnung gewesen. Das war nicht anders als damals auf den Reisen von Johannes Paul II. Der hat ja auch sechs oder sieben Mal Mexiko besucht und wurde auch immer ganz stürmisch gefeiert. Das liegt in diesem Fall vor allem am mexikanischen Volkscharakter.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR