Adveniat-Chef zum Papstprogramm am letzten Mexiko-Besuchtstag

Franziskus geht an die Grenzen

Papst Franziskus geht bei seinem Mexikobesuch an die Grenzen - mit einer Gefängnisvisite und einer Messe am Grenzzaun zu den USA. Für den Adveniat-Chef Prälat Bernd Klaschka sind dies von Franziskus bewusst gesetzte Zeichen.

In Mexiko gefeiert: Papst Franziskus / © Ulises Ruiz Basurto (dpa)
In Mexiko gefeiert: Papst Franziskus / © Ulises Ruiz Basurto ( dpa )

domradio.de: In Sachen Papstreise kamen bei uns in Deutschland großartige Bilder und Berichte an. Die Mexikaner sind begeistert vom Heiligen Vater. Wie haben Sie die Papstreise bislang erlebt? Teilen Sie diese Euphorie?

Prälat Bernd Klaschka (Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat): Ich habe die Papstreise so erlebt, dass ich sagen kann, der Papst war zu Beginn der Reise sehr ernst und konzentriert - insbesondere bei seinen Treffen mit den Politikern und denen, die in der mexikanischen Gesellschaft Verantwortung tragen. Das konnte man an seiner Mimik und seinem Gesicht ablesen. Die Menschen sind begeistert, wenn er auf sie zugeht oder sie grüßt. Sie fühlen sich durch den Besuch von Papst Franziskus geehrt und auch angenommen. Für die Menschen ist er ein Zeichen, das Licht aussendet, aber auch ein Zeichen der Hoffnung, dass es besser werden kann. Bei vielen Menschen in Mexiko herrscht ein gewisser Fatalismus vor, der sich dadurch ausdrückt, dass man glaubt, nur wenig selber verändern zu können. Aber der Papst mobilisiert in ihnen die Kräfte zur Veränderung. Das spürt man besonders bei den Jugendlichen. Der Papst hat auch keine Angst, auch die Probleme in der Gesellschaft beim Namen zu nennen.

domradio.de: Der Papstbesuch ist ein großes Glaubensfest. Aber geht der Besuch auch darüber hinaus? Wird dieser Besuch die politisch Mächtigen in Mexiko beeindrucken, so dass sie in ihrer Politik die Menschenrechte stärker in den Mittelpunkt stellen?

Klaschka: Ich glaube, dass der Papst die Menschenrechte insbesondere bei seinen Treffen mit den Politikern angesprochen hat. Dazu gehören besonders die Rechte der Indigenen. Das wurde in San Cristobal de las Casas, in Chiapas, deutlich, als er gesagt hat, die Indigenen könnten einen großen Beitrag für die Entwicklung der Menschheit leisten. Damit macht er etwas bewusst. Ich bin mir auch sicher, dass der Papst bei jungen Menschen das Bewusstsein weckt, stärker für Menschenrechte einzutreten, so dass die Würde des Menschen respektiert wird, was hier in vielen Bereichen nicht der Fall ist.

domradio.de: Heute besucht der Papst den Grenzzaun zu den USA und ein Gefängnis an der Grenze. Es ist das gefährlichste Gefängnis in Mexiko überhaupt, in das der Heilige Vater da geht. Werden Sie ihn auch dorthin begleiten?

Klaschka: In das Gefängnis werde ich nicht mitgehen. Ich bin aber bei der Eucharistiefeier am Grenzzaun dabei. Auf der amerikanischen Seite werden dazu auch tausende Menschen erwartet, die an der Eucharistiefeier teilnehmen. Damit macht der Papst deutlich, dass die Eucharistiefeier als Zentrum unseres Glaubens grenzübergreifend ist und sich auch nicht durch Zäune aufhalten lässt. Er geht in das berüchtigste Gefängnis Mexikos, Cereso 3 in Ciudad Juarez, um ein Zeichen zu setzen, dass die Menschen, die in den Gefängnissen leben, nicht abgeschrieben werden dürfen. Die Situation in den Gefängnissen in Südamerika ist oft sehr beklagenswert. Es leben zu viele Menschen - oft über die Belegungsgrenze hinaus - in diesen Gefängnissen, die dafür eigentlich nicht gebaut sind.

domradio.de: Lassen Sie uns noch einmal kurz auf die Eucharistiefeier zurückkommen. Wie gestaltet sich denn eine solche Messe mit einem Zaun in der Mitte?

Klaschka: Es werden Lautsprecher aufgebaut, die auf die andere Seite hinüberschallen. Das Zentrum, der Altar, steht hier in Mexiko. Von der anderen, der USA-Seite, können die Menschen durch den sichtdurchlässigen Maschendraht teilnehmen und auch den Papst sehen und erleben. Es ist ein großes Feld, vor Ciudad Juarez gelegen, direkt an der Grenze. Der Papst geht also an die Grenzen. In Ciudad Juarez liegt auch eine Schnittstelle zwischen Nord- und Südhälfte der Erde und dazwischen will er eine Verbindung schaffen. Ich glaube, diese Verbindung werden die Menschen erleben - diesseits und jenseits der Grenze zwischen den USA und Mexiko.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR