Papst erzählt von aufgebrachtem Anruf von Angela Merkel

"Europa als unfruchtbare Frau?"

Eine verstimmte Kanzlerin Merkel greift zum Hörer, da Papst Franziskus Europa mit einer unfruchtbaren Frau verglichen hatte. Von diesem Telefonat soll Franziskus einer italienischen Zeitung erzählt haben. Doch nun kommt ein Dementi.

Franziskus mit Bundeskanzlerin Merkel / © Paolo Galosi (KNA)
Franziskus mit Bundeskanzlerin Merkel / © Paolo Galosi ( KNA )

Laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch) hat es das angebliche Telefonat zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Papst Franziskus über den Zustand Europas nie gegeben. "Die Bundeskanzlerin kann sich an einen Anruf beim Papst nicht erinnern", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert der Zeitung: "Ansonsten schätzt sie jede Begegnung mit ihm außerordentlich."

Der Vatikan äußert sich nicht zu einem angeblichen Telefonat von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Papst Franziskus, über das die italienische Zeitung "Corriere della Sera" am Montag berichtet hatte. Private Äußerungen des Papstes zu Besuchern würden vom Vatikan grundsätzlich weder dementiert noch bestätigt, heißt es dazu am Dienstag auf der Internetseite von Radio Vatikan: "Dem Papst, der sich vor allem als Seelsorger versteht, liegt viel an einem Raum der Freiheit, wo nicht jedes seiner Worte auf die Goldwaage gelegt wird."

Laut dem Zeitungsbericht hatte Papst Franziskus Besuchern in seiner Residenz Santa Marta erzählt, dass ihn Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einiger Zeit aufgebracht angerufen habe wegen einer kritischen Äußerung zum Thema Europa. "Sie war ein bisschen verärgert, weil ich Europa mit einer unfruchtbaren Frau verglichen hatte", wird der Papst in dem Bericht zitiert.

Merkel habe ihn im November 2014 kurz nach seiner Rede vor dem EU-Parlament in Straßburg angerufen, so Franziskus weiter: "Sie fragte mich, ob ich wirklich denke, dass Europa keine Kinder mehr bekommen könne." Er habe ihr geantwortet, das sei immer noch möglich, weil Europa "starke und tiefe Wurzeln habe". Denn es habe "eine einzigartige Geschichte" und verkörpere eine große Kultur und Tradition. Gerade in den "dunkelsten Momenten" habe Europa zudem "immer ungeahnte Ressourcen gezeigt", so der Papst laut "Corriere della Sera".

Kein pessimistischer Blick auf Europa

Sein Blick auf den alten Kontinent sei keineswegs pessimistisch, habe Franziskus weiter gesagt - auch mit Blick auf den Karlspreis, den er am 6. Mai in Rom entgegennehmen wird. Dabei werde er sicher eine Rede voll "großer Zuneigung" halten. In Straßburg habe er ja neben manch kritischem Wort auch betont, dass ein Europa mit seinen religiösen Wurzeln, seinem Reichtum und seinem Potenzial auch leichter immun sein könne gegen die vielen Extreme, die in der heutigen Welt weit verbreitet sind.

In einer seiner politischsten Reden hatte Franziskus in Straßburg ein ungeschminktes Bild eines Europa gezeichnet, das dabei sei, seine Vision und seine Identität zu verlieren: "In vielen Bereichen haben wir heute den Eindruck von Verzagtheit und Alterung, von einem Europa, das wie eine 'Großmutter' wirkt, nicht länger fruchtbar und vital." Ein vergreisender Kontinent scheine sein Selbstbewusstsein und seinen Optimismus verloren zu haben, je mehr sich sein fortschreitender Machtverlust in der globalisierten Welt abzeichne.

Die Bürger verlören zudem in der wirtschaftlichen Krise das Vertrauen in die EU-Institutionen. Dabei, so Franziskus damals, bleibe die europäische Einigung ein großartiges Projekt des Friedens und der Solidarität.

 


Quelle:
KNA