Mexikos Kirche für neue Taktik gegen organisierte Kriminalität

Papstbesuch im Schatten des Drogenkriegs

Drogenboss Joaquin "El Chapo" Guzman sitzt hinter Gittern und zahlreiche Kirchenvertreter fordern eine neue politische Strategie gegen die organisierte Kriminalität. Vor dem Papstbesuch in Mexiko wächst die Spannung.

Autor/in:
Von Tobias Käufer
Franziskus besucht im Februar Mexiko / © Osservatore Romano (dpa)
Franziskus besucht im Februar Mexiko / © Osservatore Romano ( dpa )

Gut einen Monat vor dem Besuch von Papst Franziskus in Mexiko (12. bis 18. Februar) holt der Drogenkrieg das Land ein: Erst wird Mexiko von der Ermordung der erst gerade vereidigten Bürgermeisterin von Temixco, Gisela Mota Ocampo, erschüttert; dann geht den Behörden mit Joaquin "El Chapo" Guzman der meistgesuchte Drogenhändler der Welt ins Netz. Diese Themen könnten einen Schatten auf den Papstbesuch werfen - auch wenn die Mexikanische Bischofskonferenz Anfang der Woche betonte, der Besuch habe rein pastoralen Charakter.

Franziskus solle mexikanische Realität kennenlernen

Weniger zurückhaltend heißt es im kircheneigenen Magazin des Bistums Mexiko-Stadt, der Bundesstaat Morelos, in dem das Attentat auf Mota verübt wurde, sei ein "gefallener Staat". Die unerträgliche Gewalt und Armut, die Morelos längst heimgesucht habe, seien Kennziffern dieser Entwicklung. Das passt zum medialen Streit um die Deutungshoheit über die Lage in Mexiko, den Politik, Zivilgesellschaft und zahlreiche Kirchenvertreter vor dem Papstbesuch führen.

In diesem Sinn ist wohl auch ein Bericht zu verstehen, den der in Menschenrechtsfragen engagierte Bischof Raul Vera dem Papst zukommen ließ. Darin informiert er Franziskus über die Probleme Migration, Vertreibung und Gewalt gegen Frauen. "Der Papst muss die mexikanische Realität kennenlernen", sagte der Bischof von Saltillo der Zeitung "La Jornada". Man könne Franziskus natürlich auch Tänzer und Musikgruppen präsentieren - aber wichtiger sei es, dass er um die wahren Probleme in Mexiko wisse und wie die Menschen dort leben.

Kurswechsel der Politik gefordert

Im Zentrum der Diskussion steht der Drogenhandel, der Mexiko fest im Griff hält. Staatspräsident Enrique Pena Nieto kann mit der spektakulären Verhaftung von Drogenboss Joaquin "El Chapo" Guzman vor ein paar Tagen immerhin einen ersten Teilerfolg verbuchen. Die kirchlichen Reaktionen darauf sind vielschichtig: Erzbischof Jose Luis Chavez Botello aus Antequera sagte, dies könne nur ein Anfang sein. Die Regierung müsse die organisierte Kriminalität viel stärker bekämpfen. Egoismus, Neid, Korruption und Gewalt in der Gesellschaft seien der Nährboden, auf dem Kriminalität gedeihe.

Der Erzbischof von San Luis Potosi, Jesus Carlos Cabrero Romero empfiehlt einen Kurswechsel in der Politik: Die Regierung müsse in Sozialprogramme und die Schaffung von Arbeitsplätzen investieren. Zudem müssten der Mindestlohn angehoben und mehr Geld für Sicherheit ausgegeben werden. Die Verhaftung von "El Chapo" dürfe die wahren Probleme des Landes nicht überdecken.

Papsttreffen mit Angehörigen der vermissten Studenten möglich

Einer anderen Angelegenheit widmet sich der Papst vielleicht persönlich: Die Familienangehörigen der seit zwei Jahren vermissten 43 Studenten aus Iguala dürfen auf eine Begegnung mit Franziskus hoffen. Der päpstliche Nuntius in Mexiko, Erzbischof Christophe Pierre, erklärte, während des Gottesdienstes am 17. Februar in Ciudad Juarez gebe es die Möglichkeit für ein kurzes informelles Treffen. Der Fall von Iguala hatte weltweit Aufsehen erregt: Im September 2014 waren 43 Studenten der Lehrerausbildungsstätte "Raul Isidro Burgos" entführt und vermutlich ermordet worden. Die Hintergründe sind bis heute nicht geklärt.

Warnung vor gefälschten Eintrittskarten für Papstmessen

Katholische Bistümer in Mexiko und den USA haben unterdessen vor gefälschten Eintrittskarten für Papstmessen in Ciudad Juarez und El Paso gewarnt. Wegen des großen Interesses verkauften illegale Anbieter Tickets für Gottesdienste mit Franziskus in sozialen Netzwerken, sagte ein Sprecher der mexikanischen Diözese Ciudad Juarez der Tageszeitung "El Diario de Coahuila". Ähnliche Warnungen gab es auch von den benachbarten US-Diözesen El Paso und Las Cruzes.

Die echten - und kostenlosen - Zutrittskarten würden über die Pfarreien verteilt, unterstrich der Sprecher des Bistums Ciudad Juarez. Zum Abschluss der Mexikoreise von Papst Franziskus am 17. Februar werden allein dort rund 220.000 Menschen erwartet. Ein Thema der Messe wird voraussichtlich die Einwanderung sein. Die Diözese Ciudad Juarez hatte sich bereiterklärt, ein Kontinent von Karten an US-Katholiken weiterzugeben. Aufgrund der Nachfrage plant das US-Bistum El Paso die Papstmesse auch in das "Sun Bowl"-Stadion zu übertragen. Dort ist der Einlass allerdings kostenpflichtig.


Quelle:
KNA