Interview-Buch von Franziskus im Vatikan vorgestellt

Der Papst im Taschenformat

Misericordia - Barmherzigkeit - das ist das Leitthema von Papst Franziskus. Dazu gibt es jetzt einen neuen Interviewband mit ihm. Am Dienstag wurde das Buch in Rom vorgestellt - auch von einer lebenden Filmikone.

Autor/in:
Christoph Schmidt und Barbara Just
Kardinal Parolin (l) und Schauspieler Benigni mit Papstbuch  / © Ettore Ferrari (dpa)
Kardinal Parolin (l) und Schauspieler Benigni mit Papstbuch / © Ettore Ferrari ( dpa )

Papst Franziskus hat dem zentralen Begriff seines Pontifikats ein eigenes Interviewbuch gewidmet: "Der Name Gottes ist Barmherzigkeit".  Darin antwortet der Papst auf Fragen des italienischen Journalisten Andrea Tornielli. Am Dienstag wurde das Buch in Rom vorgestellt und erschien zeitgleich in sechs Sprachen und 86 Ländern, auch in Deutschland. Franziskus knüpft damit an eine Tradition an: Auch Johannes Paul II. (1978-2005), vor allem aber Benedikt XVI. (2005-2013) gaben seinerzeit Dialogbücher heraus.

Schauspieler Benigni erheiterte Buchvorstellung

Einen illustreren Werbeträger hätte sich Papst Franziskus für sein neues Buch kaum wünschen können: Oscar-Preisträger Roberto Benigni ("Das Leben ist schön") sorgte am Dienstag bei der Präsentation des Interviewbands für einen Medienansturm und heitere Stimmung.

Warum er hier für das Buch spreche? Als Junge habe er selbst immer Papst werden wollen, bekannte Benigni wild gestikulierend in rasendem Italienisch. Erst als die Erwachsenen regelmäßig darüber lachten, sei ihm klar geworden, dass er wohl eher zum Komiker tauge. Schmunzeln musste da auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, die Nummer zwei des Vatikan. Vom Papst und seiner zentralen Botschaft, der Barmherzigkeit, zeigte sich Benigni begeistert. Mit dem neu erschienenen Band gebe es Franziskus jetzt "im Taschenformat".

Das Thema Barmherzigkeit rückte der argentinische Papst gleich zu Beginn seiner Amtszeit in den Mittelpunkt. An einem heißen Tag im vergangenen Juli fasste er seine Gedanken dazu im Gespräch mit Tornielli zusammen. Wer jedoch ein Buch im Stil von "Salz der Erde", dem Gesprächsband von Papst Benedikt XVI. (2005-2013) erwartet, wird enttäuscht. Jorge Mario Bergoglio ist kein wortgewaltiger Theologieprofessor vom Kaliber eines Joseph Ratzinger. Dafür offenbart er auf den 126 Seiten in direkter, volksnaher Sprache, was ihn als Seelsorger geprägt hat. Der Leser gewinnt Einblicke in den südamerikanischen Katholizismus und begreift besser, worum es dem Papst im Kern geht.

Beichtstuhl brachte Franziskus zur Barmherzigkeit

"Die Dinge kommen mir immer irgendwie von selbst", erzählt Franziskus. So sei es auch mit der Idee für das aktuelle Heilige Jahr der Barmherzigkeit gewesen. Allerdings habe er sich mittlerweile angewöhnt, nie dem ersten Impuls zu folgen, sondern zu warten, "mich dem Herrn anzuvertrauen, um seine Hilfe zu bitten, um klarer zu sehen und mich führen zu lassen". Die besondere Stellung der Barmherzigkeit habe sich in seinem Leben vor allem durch seine Erfahrungen als Beichtvater entwickelt.

So wirkt dieses Buch wie ein Aufruf an die Katholiken, das Sakrament der Beichte wiederzuentdecken. Doch der Beichtstuhl sei keine Reinigung, in die man ein verschmutztes Kleidungsstück trägt. Die Sünde sei mehr als ein Fleck. "Die Sünde ist eine Wunde", die versorgt und verarztet werden müsse, ist der Papst überzeugt. Mit der Kirche als "Feldlazarett". Den Priestern und Beichtvätern redet Franziskus ins Gewissen: Mitunter nehme bei der Beichte die Neugier überhand, ja sogar krankhafte Formen an.

Übermaß an sexueller Neugier

"Es gibt auch ein Übermaß an Neugier, vor allem in sexuellen Dingen", so Franziskus. Das gelte dann, wenn sich der Priester Einzelheiten schildern lasse, die zu wissen eigentlich nicht nötig seien: "Im Dialog mit dem Beichtvater sollten wir uns gehört fühlen, nicht verhört." Er selbst habe, wenn er die Beichte gehört habe, immer an sich selbst gedacht, "an meine Sünden, an mein Bedürfnis nach Barmherzigkeit, und so habe ich versucht, häufig zu vergeben."

Manchmal bestehe das Risiko, dass die Christen mit einer überzogenen Gesetzestreue das Feuer löschen, "das der Heilige Geist im Herzen eines Sünders entzündet hat, eines Menschen, der an der Schwelle steht, der gerade anfängt, wieder Sehnsucht nach Gott zu empfinden".

Franziskus ist der Praktiker, der den Gläubigen nahekommen will, um ihre Sorgen und Nöte zu verstehen. Dabei gilt für ihn: "Der Herr der Barmherzigkeit verzeiht mir immer, daher schenkt er mir immer die Möglichkeit, von neuem zu beginnen." Auch dies sei Aufgabe der Kirche: den Menschen die Sicherheit zu geben, dass keine Lage so ausweglos ist, dass sie sich nicht mehr erheben können.


Quelle:
KNA