Der Papst will sich nach seiner Kongress-Rede demonstrativ absetzen

Zur Armenspeisung in die G-Street

Papst Franziskus setzt sich nach seiner Rede vor dem US-Kongress nicht mit den Mächtigen zu Tisch. Demonstrativ eilt er vom Kapitolhügel ein paar Straßen weiter, um mit den Obdachlosen zu essen.

Autor/in:
Thomas Spang
Pater John Enzler von Catholic Charities / © Thomas Spang (KNA)
Pater John Enzler von Catholic Charities / © Thomas Spang ( KNA )

John James (66) hofft, den Papst mindestens aus der Ferne zu sehen. Noch mehr wünscht sich der schwarze Vietnam-Veteran, mit an einem der Tische in der G-Street sitzen zu dürfen, an denen sich Franziskus niederlassen will: zum Mittagessen mit den Armen der Hauptstadt des reichsten Landes der Welt. 

Er werde versuchen, früh zu kommen, um einen Platz zu ergattern, sagt James, der in der wärmeren Jahreszeit in dem runtergekommenen Franklin Square Park wenige Straßen hinter dem Weißen Haus schläft. "Ich habe eh nichts anderes zu tun", meint der alleinstehende Mann, während er vor der Einrichtung der Catholic Charities auf die Armenspeisung wartet.

Rund 12.000 Obdachlose in Washington

"Wir haben vor drei Jahren über einige Widerstände hinweg damit angefangen", sagt John Enzler, Vorsitzender der größten US-Wohlfahrtorganisation in der Erzdiözese Washington. Heute ist die Essensausgabe am späten Mittwochnachmittag eine Institution im vornehmen "Penn Quarter", in dem nicht einmal Bezieher normaler Einkommen mit ihren Familien leben können.

Father John, wie ihn die Obdachlosen hier nennen, ist froh, nicht vor der Kritik zurückgeschreckt zu sein. Denn Armut und Obdachlosigkeit gehören zu Washington wie das Weiße Haus und der Kongress. Die letzte Zählung der Menschen ohne Dach über dem Kopf im "District of Columbia" kam auf rund 12.000, darunter rund 1.000 Familien.  

Stadt ist überfordert

Während diverse "Verbesserungen des Wohnumfelds" die Armen aus immer mehr Teilen der Innenstadt herausgedrängt haben, gibt es trotz vorbildlicher Bemühungen der Stadtregierung immer noch nicht genügend bezahlbare Sozialwohnungen. Mit 280.000 Menschen, die im Großraum Washington unter der Armutsgrenze leben, überfordert die Herausforderung die unmittelbaren Möglichkeiten der Stadt.

Die "Catholic Charities" spielen bei der Unterbringung der Obdachlosen in acht Asylen eine zentrale Rolle. Dank eines gemeinsamen Kraftakts hat jeder, der auf der Straße lebt, seit kurzem einen Anspruch auf ein Bett, Essen und ein Dach über dem Kopf. Gleich gegenüber der Zentrale der "Catholic Charities" in der G-Street fahren abends ab 18.30 Uhr Busse in Richtung der Notunterkünfte ab - und kommen am Morgen ab 7.00 Uhr wieder zurück.

Papst-Mittagessen als "provokatives" Signal

Dass der Papst genau hierherkommt, um mit den Armen Nudeln mit Fisch zu essen, setzt aus Sicht von Father John ein "provokatives" Signal. Der engagierte Priester sieht den Besuch in einer Reihe mit den Begegnungen mit Einwanderern und mit Gefangenen in Philadelphia: "Franziskus erinnert uns daran, dass sie alle zu uns gehören und wir Verantwortung für sie haben."

Washingtons Kardinal Donald Wuerl startete im Sommer zusammen mit den "Catholic Charities" die Initiative "Walk with Francis" (Geh mit Franziskus), die Menschen motivieren soll, sich für die Verwundbarsten in der Gesellschaft zu engagieren. "Jeder kann eine gute Tat für seinen Bruder oder seine Schwester tun", so der Kardinal.

Helfer nehmen sich an Papst ein Beispiel

Die freiwilligen Helfer der Armenspeisung in der G-Street gehen mit gutem Beispiel voran. Alan Jimenez, ein katholischer Columbus-Ritter aus Silver Spring, gehört ebenso dazu wie die Schüler der "Blessed Sacrament"-Schule aus dem vornehmen Chevy Chase. Father John hatte sich vorgenommen, die Nacht vor dem Essen des Papstes in der G-Street mit den Obdachlosen der Stadt zu verbringen.

James, der heimatlose Veteran vom Franklin Square, hat sich mit seiner Portion Truthahn-Ragout, Reis und Salat neben den "obdachlosen Jesus" gesetzt. So heißt die Bronzeskulptur des kanadischen Künstlers Timothy Schmalz, die gegenüber der Essensausgabe an der G-Street steht. Papst Franziskus hat eine kleinere Version 2013 auf dem Petersplatz gesegnet. Die Kopie vor den "Catholic Charities" traf im vergangenen Winter ein. Sie zeigt einen ruhenden Mann, der in einer Decke eingeschlagen ist. "In der Dunkelheit könnte man ihn für echt halten", sagt Father John, der hofft, dass Papst Franziskus das Kunstwerk segnen wird. "Es bedeutet den Obdachlosen sehr viel", weiß Enzler. Die Löcher in den Füßen der Skulptur machen sehr deutlich, worum es geht: Gott in den Armen zu begegnen.

 


Quelle:
KNA