Franziskus zu Besuch in Bolivien

Fast-Food-Filiale als Sakristei

Papst Franziskus ist in Bolivien, der zweiten Station seiner Südamerika-Reise. Zur Stunde feiert er einen Gottesdienst auf dem Christus-Erlöser-Platz in der Hauptstadt Santa Cruz - domradio.de überträgt live.

Franziskus mit Präsident Morales (dpa)
Franziskus mit Präsident Morales / ( dpa )

Papst Franziskus hat sich in einer Filiale des Schnellrestaurants "Burger King" umgezogen und sich dort auf den Freiluftgottesdienst vorbereitet. Dies berichten Medien unter Berufung auf den Chef des bolivianischen Ablegers der Fast-Food-Kette, Alfredo Troche. Vertreter der bolivianischen Kirche und des Bürgermeisteramts von Santa Cruz hätten sich im Vorfeld informiert, welcher Ort in der Nähe des Altars für diesen Zweck am besten geeignet sei, hieß es. Die Filiale bleibe am Donnerstag geschlossen.

Lob und Kritik für den Präsidenten

In seinen ersten Reden in Bolivien gab es Lob und Tadel für den linksgerichteten Staatspräsidenten Evo Morales, den Franziskus zur Begrüßung herzlich umarmte und Franziskus als den "Papst der Armen" nannte, der auf den Spuren des heiligen Franz von Assisi wandele.

Kirche in Bolivien

Von den knapp 12 Millionen Einwohnern Boliviens sind nach offiziellen vatikanischen Angaben 82,5 Prozent Katholiken. Die katholische Kirche in Bolivien besteht aus 27 Bistümern und Bistums ähnlichen Verwaltungseinheiten. Sie unterhält landesweit rund 1.800 Kindergärten, Schulen, Universitäten und Seminare.

Der Priestermangel ist groß. Je 7.700 Katholiken kommen auf einen Priester; zum Vergleich: in Deutschland sind es 1.500. Der höhere Klerus besteht zu einem beachtlichen Teil aus Weißen; einige Bischöfe sind Europäer.

Franziskus in Bolivien (dpa)
Franziskus in Bolivien / ( dpa )

Der Papst lobte die Integrationspolitik der Regierung Morales gegenüber der indigenen Bevölkerung. Zugleich deutete er Kritik an dessen autoritärem Führungsstil an und forderte mehr "Transparenz". Integration erfordere immer auch "einen Geist öffentlicher Zusammenarbeit, des Dialogs und der Teilnahme der Einzelnen und der gesellschaftlichen Handlungsträger".

Deutlicher wurde er kurz darauf vor Vertretern des öffentlichen Lebens in La Paz. Im Beisein von Morales kritisierte Franziskus Einschränkungen der Meinungsfreiheit in Bolivien. Freiheit sei stets die beste Voraussetzung dafür, dass Intellektuelle, Bürgerinitiativen und Medien "mit Eifer und Kreativität ihre Funktion im Dienst des Gemeinwohls ausüben", sagte der Papst in der Nacht zum Donnerstag deutscher Zeit.

Volle Religionsfreiheit

In der Kathedrale der Stadt forderte Franziskus zugleich volle Religionsfreiheit und eine aktive gesellschaftliche Rolle der Kirche ein. Zudem rief er Bolivien auf, die Streitigkeiten mit seinen Nachbarländern um einen Zugang zum Pazifik friedlich zu lösen.

Kritiker werfen Boliviens Präsidenten vor, er habe durch ein Netzwerk staatlicher und staatsnaher Medien und Repressionen gegen regierungskritische Stimmen die Pressefreiheit eingeschränkt. Ferner hat Morales wiederholt die Legitimität einer politischen Rolle von Bischöfen infrage gestellt, die ihn öffentlich kritisierten. Für Spannungen sorgte auch ein Vorschlag seiner Regierung, ausländische Bischöfe nur noch befristet in Bolivien zu dulden.

Brücken bauen, statt Mauern aufzurichten

Franziskus betonte in seiner Ansprache, der Glaube könne nicht auf die Privatsphäre reduziert werden. Das Christentum habe eine wichtige Rolle bei der Bildung der Identität des bolivianischen Volkes gespielt.

Der Papst forderte Bolivien zu diplomatischen Gesprächen mit seinen Nachbarländern auf. Es gelte, "Konflikte zwischen Brudervölkern zu vermeiden und zum freimütigen und offenen Dialog über die Probleme beizutragen". Man müsse Brücken bauen, statt Mauern aufzurichten. Ausdrücklich erwähnte er die Frage des Zugangs zum Meer.

Insbesondere das Verhältnis Boliviens zu seinem Nachbarland Chile gilt als gespannt. Bolivien fordert international einen Zugang zum Pazifik. Morales hat deshalb den Internationalen Gerichtshof in Den Haag angerufen. Den Zugang zum Meer hatte Bolivien 1879 nach dem "Salpeterkrieg" gegen Chile verloren. Im sogenannten Chaco-Krieg kämpften Bolivien und Paraguay von 1932 bis 1935 um den nördlichen Teil der Region Gran Chaco.

Koka-Tee gegen die Höhe

Auf seinem Flug nach Bolivien hatte sich Franziskus laut lateinamerikanischen Medienberichten mit Tee der Koka-Pflanze auf die dünne Höhenluft des über 4.100 Meter gelegenen Flughafens von El Alto vorbereitet. Das hätten die Stewardessen des (bolivianischen) Flugs 930 berichtet, mit dem der 78-Jährige am Mittwoch eintraf. Im Vorfeld des Besuchs in dem Andenstaat war darüber spekuliert worden, ob Franziskus wie ortsüblich Koka-Blätter gegen die Höhenkrankheit kauen würde. Dies hatte Kulturminister Marko Machicao im Vorfeld prophezeit.

Bei den Einheimischen in dem Andenstaat ist Koka als mildes Therapeutikum beliebt, um den Wirkungen des Sauerstoffmangels in der Höhe zu begegnen: Kopfschmerz und Schwindel. In der Medizin ist die heilende Wirkung von Koka unumstritten. Doch der immergrüne Strauch dient auch als Rohstoff für Kokain und fällt deshalb unter das internationale Betäubungsmittel-Abkommen von 1961. Bolivien hat wie Peru und Kolumbien nicht nur günstige Wachstumsbedingungen für die höhenliebende Heilpflanze, sondern auch ein Problem mit dem Drogenhandel.

Staatspräsident Evo Morales, selbst früher Koka-Bauer und Gewerkschafter, setzt sich seit vielen Jahren dafür ein, den Anbau der Kulturpflanze zu legalisieren.

Am Freitag nach Paraguay

Bolivien ist die zweite Station der einwöchigen Südamerika-Reise von Franziskus. In Ecuador hatte sich der Papst seit Sonntag vor allem für die Rechte der indigenen Bevölkerung und die Förderung der Familie eingesetzt. Zudem kritisierte er autoritäre Tendenzen unter Lateinamerikas Regierungen und prangerte die Zerstörung des Regenwalds im Amazonasgebiet an.

Letzte Station der Reise ist von Freitag bis Sonntag Paraguay. Dort werden nach Angaben des örtlichen Wetterdienstes teils heftige Regenfälle erwartet. Franziskus besucht dort das Elendsviertel Banado Norte, das besonders von Überschwemmungen durch Starkregen betroffen ist.

Quelle:
KNA