Vatikanjournalist zum Treffen von Putin und Papst

Fingerspitzengefühl gefragt

Der russische Präsident Wladimir Putin trifft am Mittwoch erstmals seit Beginn des Ukraine-Konflikts mit Papst Franziskus zusammen. Im domradio.de-Interview blickt Pater Bernd Hagenkord von Radio Vatikan auf die Begegnung.

Putin beim Papst (Archiv) (KNA)
Putin beim Papst (Archiv) / ( KNA )

domradio.de: Schon im Herbst vor zwei Jahren hat Wladimir Putin den Papst im Vatikan getroffen. Bei der damaligen Begegnung stand die Syrien-Krise im Vordergrund. Dieses Mal dürfte es um die Ukraine gehen oder?

Pater Bernd Hagenkord (Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan): Das können wir nur vermuten. Das ist aber das wichtigste Thema, was es zwischen dem Papst und Putin im Augenblick zu besprechen gibt. Der Papst hat sich schon einige Male zur Ukrainekrise, zum Bürgerkrieg dort geäußert, hat vom Bruderkrieg gesprochen und versucht, den Dialog offen zu halten. Er hat nicht klar gegen Russland Stellung bezogen. Es geht vor allem um Dialog und die Suche nach einer politischen Lösung, für etwas wofür es zurzeit keine andere Lösung gibt.

domradio.de: Wie wird das Treffen denn dann wohl ablaufen?

Hagenkord: Was da drinnen passiert, das wissen wir nie genau. Franziskus ist ein Freund der klaren Worte, aber er ist auch jemand, der versucht, Dinge zu Wege zu bringen, der nicht auf Prinzipien beharrt, sondern versucht, Möglichkeiten auszuloten, wo gebe es vielleicht noch ein bisschen Spielraum. Die politische Lage ist relativ klar definiert: Bundeskanzlerin Merkel hat klar gemacht, mit Russland wird nicht gesprochen, wir wollen weiter die Sanktionen. Der Papst, die Kirche hat sich immer gegen Sanktionen ausgesprochen und für den Dialog. Ich glaube, das ist auch letztlich die einzige Möglichkeit aus der Sackgasse heraus. Der eine wird sich dem anderen nicht unterwerfen. Russland wird sich Europa nicht unterwerfen und umgekehrt auch nicht.

domradio.de: Das Verhältnis Russland-Vatikan ist nicht spannungsfrei, so gibt es beispielsweise keinen Botschafter-Austausch zwischen beiden Staaten. Außerdem zählt sich Putin zu den orthodoxen Christen. Sind Putins Besuche beim Papst vielleicht nur Show oder schätzt er Franziskus so sehr?

Hagenkord: Der Papst ist ja schon eine große Nummer in der Weltpolitik. Das, was er sagt, wird wahrgenommen. Das habe ich immer wieder gehört von Politikern und Diplomaten, die um den Vatikan zu tun haben. Was der Papst sagt, wird wahrgenommen, nicht nur als moralische Autorität, sondern auch politisch wirksam. Da ist es nicht ganz unwichtig mit dem Papst zu sprechen. Er hat sehr viele Kontakte und auf ihn wird gehört.

Zum anderen geht es aber auch darum, die Verhältnisse zwischen Russland und Vatikan auf gesunde Beine zu stellen. Es gibt mittlerweile ein Abkommen. Als Präsident Putin das letzte Mal hier war, wurde das unterzeichnet, das ist mittlerweile auch ratifiziert. Jetzt geht es darum, Botschafter auszutauschen, also ganz normale Beziehungen zu unterhalten. Soweit sind der Vatikan und Russland noch nicht. Deswegen ist das sicherlich auch Teil der Gespräche. Dann gibt es immer noch die kleine Frage zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und der römisch katholischen Kirche, das ist ja auch nicht so ganz spannungsfrei. Von daher gibt es sicherlich auch einige Dinge, die zu besprechen sind.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR