Papst dankt albanischer Kirche für ihren Mut

Ein Land der Märtyrer

Papst Franziskus hat bei seinem Besuch in Albanien Intoleranz und Gewalt im Namen der Religion verurteilt. Die Unterdrückung Andersgläubiger sei ein "besonders heimtückischer Feind", sagte er an Christen und Muslime gewandt.

Papst besucht Albanien (dpa)
Papst besucht Albanien / ( dpa )

Papst Franziskus sagte zum Abschluss seines Tagesausfluges nach Albanien am Sonntag vor christlichen und muslimischen Repräsentanten in der Hauptstadt Tirana, die echte Religion sei eine Quelle des Friedens und nicht der Gewalt. "Niemand darf den Namen Gottes gebrauchen, um Gewalt auszuüben! Im Namen Gottes zu töten, ist ein schweres Sakrileg! Im Namen Gottes zu diskriminieren, ist unmenschlich", so Franziskus.

Der Glaube an einen einzigen Schöpfer führe zur Überzeugung, dass alle Menschen Geschwister sind. Im Grunde seien sie alle Pilger auf dieser Erde und in ihrer Sehnsucht nach Wahrheit und Ewigkeit voneinander abhängig. Religionsfreiheit ist nach Franziskus' Worten überdies ein Bollwerk gegen Totalitarismen und ein entscheidender Beitrag zur Brüderlichkeit. Religionsfreiheit könne einen gemeinsamen Raum der Zusammenarbeit schaffen, sagte Franziskus. So müsse der interreligiöse Dialog dazu beitragen, dass sich Glaubensgemeinschaften gemeinsam für eine gerechtere Welt einsetzten. Dabei sollten die Religionen auch mit jenen zusammenarbeiten, die keine religiösen Überzeugungen besäßen.

Franziskus sprach in der katholischen Universität von Tirana vor Vertretern von katholischer und orthodoxer Kirche, des sunnitischen Islam, der in Albanien starken und vom Sufitum geprägten Gruppe der Bektaschi sowie vor einem Repräsentanten der kleinen protestantischen Gemeinschaft im Land. Zuvor hatte Franziskus bereits bei einer Messe mit rund 250.000 Gläubigen auf dem Mutter-Teresa-Platz der Kirche in Albanien für ihre Treue zum Glauben in Zeiten der Verfolgung gedankt.

Franziskus würdigte bei seinem Besuch mehrfach das friedliche Zusammenleben der Religionen im mehrheitlich muslimischen Albanien. Nach der grausamen Unterdrückung unter der kommunistischen Diktatur habe das Land eine wirkliche Religionsfreiheit geschaffen, in der sich alte Traditionen neu beleben konnten. Der Papst ermutigte die Albaner, diesen Weg weiterzugehen und auszubauen. Er appellierte auch an die Jugend im Land, sich nicht den Versuchungen von Individualismus und Materialismus hinzugeben.

Emotionales Treffen mit Diktatur-Opfern

Bei einem darauffolgenden Treffen mit Bischöfen, Pfarrern und Ordensleuten in der Kathedrale in Tirana hörte Franziskus tief bewegt den Berichten von verfolgten Geistlichen aus der Zeit der Diktatur zu. Gerührt umarmte er den Priester und die Ordensschwester. Bei dem Treffen erzählte ihm zunächst der 84-jährige Priester Ernest Simoni über seine Haft und Folter während des atheistischen Regimes. "Sie wollten, dass ich gegen die Kirche spreche, aber das habe ich nicht akzeptiert", sagte Simoni. Nach dem Bericht Simonis umarmte ihn der Papst lange, setzte dann seine Brille ab und wischte sich über die Augen.

Anschließend hörte der Papst die Geschichte der 85-jährigen Ordensschwester Marije Kaleta. Diese erzählte unter anderem, wie sie das Kind eines Kommunisten taufte, nachdem die Mutter sie inständig darum gebeten hatte. "Noch heute, wenn ich mich erinnere, scheint es mir unglaublich, wie wir diese vielen schrecklichen Leiden ertragen konnten, aber ich weiß, dass der Herr uns die Kraft, die Geduld und die Hoffnung gegeben hat", so die Ordensfrau. Auch sie umarmte der Papst herzlich.

In einer freien Rede sprach Franziskus den albanischen Geistlichen und Ordensleuten Mut für die Zukunft zu und dankte der Kirche des Landes für ihr Glaubenszeugnis während der bis 1990 währenden Diktatur. "Wehe, man sucht Trost abseits vom Herrn", sagte er. Niemand finde sein Glück, wenn er sich von Gott abwende.

Albaniens kommunistische Machthaber hatten das Balkanland in den 1960er Jahren zum "ersten atheistischen Staat der Welt" erklärt und jede Religionsausübung brutal unterdrückt. Rund 200 Geistliche wurden in der Folge ermordet. Für 40 von ihnen läuft derzeit das Seligsprechungsverfahren. 

Papst: Güte ist die wahre Kraft

Bei seinem Besuch im Bethanien-Zentrum in Tirana sagte Franziskus, Güte dürfe niemals mit Schwäche verwechselt werden. Wer auf Beleidigungen gütig reagiere, besitze wahre Kraft, so Franziskus. Die kirchliche Einrichtung kümmert sich um Waisenkinder. Der Papst dankte den Mitarbeitern für ihren Einsatz. Sie lebten nach dem Jesus-Wort: "Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf."

"Das Gute ist Lohn seiner selbst und bringt uns Gott, dem höchsten Gut, näher", unterstrich Franziskus. Es belohne unendlich mehr als das Geld, das die Menschen enttäusche. Glaube und Liebe versetzten die Berge der Gleichgültigkeit, so der Papst. Der Mensch ist nach seinen Worten dazu geschaffen, um Gottes Liebe aufzunehmen und weiterzuschenken, "und nicht, um alles auf der Grundlage des Geldes oder der Macht zu beurteilen".

Jede religiöse Gemeinschaft drücke sich mit Liebe, nicht mit Gewalt aus. Das Kinderzentrum lobte Franziskus als Beispiel für das friedliche Zusammenleben verschiedener Ethnien und Religionen. Die Unterschiede behinderten dort nicht die Harmonie, sondern führten zu einem tieferen Kennenlernen.

Zum Ende des Empfangs wurde unter großem Applaus eine Statue des heiligen Antonius enthüllt, die der Papst als Geschenk mitgebracht hatte. Der Heilige ist Schutzpatron des Kinderzentrums Bethanien.

Der eintägige Albanien-Besuch des Papstes war seine vierte Auslandsreise und die erste in ein europäisches Land außerhalb Italiens.


Quelle:
KNA