Klaschka: Die Zeichen des Papstes kommen an

100 Tage Franziskus

Papst Franziskus hat der katholischen Kirche mit seiner neuen, ungewöhnlichen Art viel Sympathie beschert. Sein bescheidener Stil kommt an, meint Adveniat-Geschäftsführer Prälat Bernd Klaschka.
 

Papst Franziskus (KNA)
Papst Franziskus / ( KNA )

Als Jorge Mario Bergoglio noch Erzbischof in Buenos Aires war, hat Adveniat-Geschäftsführer Bernd Klaschka ihn mehrfach besucht. Einmal trug der heutige Papst dem Essener sogar die Reisetasche hoch zu seiner Privatwohnung. Franziskus' Zeichen der Bescheidenheit kommen an, sagt der Geschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks der deutschen Katholiken zum 100. Tag des Pontifikats am Freitag.

dpa: Wie war Papst Franziskus damals als Gastgeber in Buenos Aires?

Prälat Klaschka: Er war sehr aufmerksam und gastfreundlich. Wir haben in seiner Privatwohnung Mate-Tee getrunken. Eine kleine Wohnung - 50 oder 60 Quadratmeter, mehr nicht. Als ich einmal unten vor seiner Tür stand, hat er mir sogar die Tasche abgenommen und hochgetragen.

dpa: Ein Papst ohne Prunkgewänder, der seine Rechnung selbst bezahlt. Welche Rolle spielen solche Gesten für die Kirche?

Prälat Klaschka: Er zeigt uns damit, wie man von den Armen lernen kann. Wie die Kirche einfacher werden, auf die Armen zugehen und den eigenen Lebensstil überprüfen kann. Diesem Vorbild sollten alle Priester folgen und selbst Zeichen für die Veränderung ihres Lebensstils setzen.

dpa: Dafür muss der Papst sich aber auch im Vatikan durchsetzen?

Prälat Klaschka: Das tut er. Das hat man ja schon bei seinem ersten öffentlichen Auftritt auf dem Balkon gesehen - mit einem Gebet und schlichtem Gewand. Und auch mit der Bildung des achtköpfigen Kardinalskollegiums, das ihn berät, hat er sich durchgesetzt. Er hat den Mut, auch Schwächen zuzugeben. Er sagt: Im Organisieren bin ich nicht so gut, dafür brauche ich das Achtergremium.

dpa: Ist das der Papst, der in die Zeit immer schärferer sozialer Gegensätze passt?

Prälat Klaschka: Er bringt das Gerechtigkeitsthema nach vorne. Das ist eine große Chance und Aufgabe für die Kirche auch in Europa und Deutschland. Menschenhandel, Prostitution, Leiharbeit zu Hungerlöhnen - das gibt es alles auch hier.

dpa: Sind Gesten gegen solches Elend nicht zu wenig?

Prälat Klaschka: Der Papst sensibilisiert uns für diese Themen. Das ist sehr viel. Er setzt Zeichen und die Zeichen kommen an. Er hat eine Enzyklika der Gesten eingeführt.

dpa: Und er hat Frauen die Füße gewaschen, was nicht allen gefallen hat. Wird sich die Rolle der Frauen in der katholischen Kirche wandeln?

Prälat Klaschka: Wenn Sie darunter die Priesterweihe verstehen, dann erwarte ich das sicher nicht. Aber Frauen werden mehr Verantwortung und entsprechende Positionen bekommen. Er kennt den Beitrag der Frauen und schätzt ihn.

dpa: Worin unterscheidet Franziskus sich von seinem Vorgänger?

Prälat Klaschka: Franziskus bringt die globale Sicht ein. Wir Europäer kommen von der Seite der Sieger. Franziskus kennt auch die andere Seite. Und die Volksfrömmigkeit ist ihm wichtig. Benedikt ist ein brillanter Intellektueller, Franziskus sieht eher das Existenzielle. Benedikt hat seine Predigten fast immer sorgfältig aufgeschrieben, Franziskus spricht frei und es gibt Bilder, auf denen er dabei die Faust ballt.

dpa: Und als Erzbischof in Buenos Aires war er auch oberster Adveniat-Ansprechpartner für Hilfsprojekte. Hat er denn immer pünktlich abgerechnet?

Prälat Klaschka: Er war ein hervorragender und sehr sorgfältiger Partner. Ein Projekt läuft sogar noch. Wir werden ihm die Abschlussaufstellung aber nicht in den Vatikan schicken.

dpa: Wie sieht eigentlich die Unterschrift des Papstes aus. Er hat doch sicher Projektunterlagen unterschrieben?

Prälat Klaschka: Ja, hat er. Seine Unterschrift ist sehr fein, in winzigen Lettern. Viel kleiner als ein Zentimeter. Er ist eben auch darin bescheiden.

Das Interview führte Rolf Schraa.

 

Veranstaltungshinweis

Talk am Dom: 100 Tage Papst Franziskus (Donnerstag, 20. Juni 2013, 18 Uhr)

Im Gespräch über die spirituellen Wurzeln und die neuen theologischen sowie pastoralen Akzente nach der ersten Phase des Pontifikats des neuen Kirchenoberhauptes der katholischen Kirche.

Mit Prälat Bernd Klaschka, Adveniat-Geschäftsführer und Lateinamerika Experte und dem Jesuiten und Chefredakteur der "Stimmen der Zeit" Dr.  Andreas S. Batlogg SJ

Moderation: Ingo Brüggenjürgen (domradio.de)

Die Veranstaltung wird von domradio.de mitgeschnitten und ist ab Freitag in der Mediathek als Video abrufbar.
 
 


Quelle:
dpa