Der deutsche Radio-Vatikan-Chef über den neuen Stil von Franziskus

Der Anti-Event-Papst

Nach der Wahl von Franziskus wurde viel über "seinen neuen Stil" gesprochen: die schwarzen Schuhe, das Leben im Gästehaus. Geändert hat sich daran bis heute nichts.  Nur "haben wir uns daran gewöhnt", sagt Bernd Hagenkord im domradio.de-Interview.

Schwarz, nicht rot: Franziskus' Schuhe (KNA)
Schwarz, nicht rot: Franziskus' Schuhe / ( KNA )

domradio.de: Gibt es mit dem neuen Papst auch Alltag?

Hagenkord: Natürlich gibt es den. Der Papst hat jede Menge zu tun: Ernennungen, Begegnungen, ganz normales Aktenstudium. Und noch mal hinzukommen die "speziellen Disziplinen", die Franziskus eingeführt hat: die morgendliche Messe, die Art und Weise, wie er Generalaudienzen führt und vieles mehr.

domradio.de: Er ist immer noch nicht in den Apostolischen Palast umgezogen. Wird es das überhaupt noch tun?

Hagenkord: Ich bezweifle das. Es ist seine Art und Weise zu leben, er möchte nicht abgetrennt in großen Räumen über den Menschen sein, sondern auf dem Weg zur Arbeit anderen begegnen.

domradio.de: Er lebt im Gästehaus. Lebt er sicher?

Hagenkord: Natürlich wohnen im Gästehaus Santa Marta auch Gäste, aber auch Leute, die im Vatikan arbeiten. Und natürlich lebt der Papst auch hier abgeschirmt. Die Sicherheit ist auch hier gewährleistet. Nicht wie im Bundeskanzleramt oder im Weißen Haus. Aber ob er nun im Gästehaus oder im Apostolischen Palast lebt, ist in Sachen Sicherheit egal.

domradio.de: Den Gottesdienst in Santa Marta feiert er jeden Morgen um 7 Uhr. Wie kann man sich diese Gottesdienste vorstellen?

Hagenkord: Wie eine normale Werktags-Messe. Der Papst trägt weder Mitra noch Stab, nur das inzwischen so bekannte weiße Scheitelkäppchen. Es wird wenig gesungen, sonst ist die Stimmung ruhig und gelassen. Das Gegenteil eines Pontifikal-Hochamtes. Der Papst spricht hier auch sehr leise, geradezu schüchtern. Er will den Eindruck eines Events vermeiden, es soll genau das bleiben, was es sein soll: eine Messfeier.

domradio.de: Und er predigt täglich, auch das ist doch außergewöhnlich...

Hagenkord: Die Predigt hat immer mit dem Evangelium zu tun, eine Auslegung mit einigen zentralen Gedanken, die er so formuliert, dass es kleine Papstbotschaften werden könnten, aber dann doch nicht sind. Vor allem sind es Predigten, mit denen er sich an die Menschen richtet, die da sitzen. Es sind spirituelle Impulse, manchmal richtige Perlen, die er den Menschen dort schenkt.

domradio.de: Auch wenn er sich nicht an die ganze Welt richtet - er erreicht sie doch, auch über Radio Vatikan: Sie dokumentieren die Predigten regelmäßig. Warum?

Hagenkord: Die Menschen, die sich interessieren, informieren wir so. Noch sind es viele, aber natürlich wird das Interesse auch wieder abnehmen. Was er sagt, ist nicht spektakulär. Und genau so will er es haben. Es sind spirituelle Impulse, es muss ja nicht immer gleich eine Enzyklika sein.

domradio.de: Auch sonntags feiert er regelmäßig eine Messe. Ist ihm der Gottesdienst das Wichtigste?

Hagenkord: Zunächst: Er hat das für und von Benedikt XVI. geplante Programm übernommen. Dennoch kann man es so sagen. Und er bringt bei den Messfeiern auch seinen eigenen Stil ein, nicht nur über die Kleidung, auch über seine ganze Art.

domradio.de: Ist dieser neue Stil in Rom noch immer Thema?

Hagenkord: Wir haben uns schon daran gewöhnt. Er hat die Symbolsprache geändert, darum ging es ihm. Er bleibt als Papst sichtbar und hat lediglich einige Symbole weggelassen, die keiner mehr versteht. Zum Beispiel die roten Schuhe.

Das Gespräch führte Matthias Friebe.