Das Wappen von Franziskus gibt Rätsel auf

Der Baldrian des Papstes

Papst Franziskus mag die Herzen vieler im Sturm erobert haben - Heraldiker sind entsetzt. Nicht über den Argentinier selber, aber über die Wahl seines Wappens: Schlicht und stillos, lautet das vernichtende Urteil der Experten.

Autor/in:
Christoph Renzikowski und Burkhard Jürgens
Das Wappen von Papst Franziskus (Vatikan)
Das Wappen von Papst Franziskus / ( Vatikan )

Sein Wappen «bringt uns zum Weinen», jammert der der Stuttgarter Heraldiker Rolf Sutter von der Deutschen Forschungsgesellschaft für Genealogie und Heraldik. Auf die Palme bringt die Wappenkundler vor allem die Darstellung einer Pflanze im rechten unteren Eck des Emblems. Was der naive Betrachter als Weintraube identifiziert, soll laut offizieller Darstellung eine "Narden-Ähre" sein und ein Symbol für den heiligen Josef. In ersten Übersetzungen des italienischen "fiore di nardo" war auch von Lavendel die Rede. Doch das einzige bisher bekannte pflanzliche Attribut des Ziehvaters Jesu ist die Lilie. Sie steht für seine keusche Beziehung zur Gottesmutter. Das "Lexikon der christlichen Ikonographie", ansonsten verlässliche Auskunftei für Heiligenattribute, weiß im Zusammenhang mit Josef weder von Narde noch Lavendel.

Der Vatikan verweist auf spanische Darstellungen, die aber in Deutschland offenbar kaum einer kennt. "Und selbst wenn", wendet ein Kommentator namens "Occident" im "Forum Heraldik und Kunst" im Internet ein, die Narde gelte doch allgemein als Luxussymbol, das sei schon eine "ganz schlechte Symbolsprache" für Franziskus. Schließlich propagierte der in seinen ersten Ansprachen eine arme Kirche.

Gehört der päpstliche Wappenmaler beim großen Aufräumen an der Kurie also zuerst gefeuert? Gemach. Die Zeichnung hat er von Jorge Mario Bergoglios Bischofswappen übernommen und nur die silberne Farbe durch Gold ersetzt. Man darf davon ausgehen, dass sich Bergoglio schon etwas dabei gedacht hat, auch wenn es manches Rätsel zu knacken gibt.

Absage an die Befreiungstheologie?

Die Narde findet sich in der Bibel, so etwa im alttestamentlichen Hohenlied in der sinnlich-erotischen Beschreibung einer namenlosen Geliebten. Im Markus-Evangelium salbt eine Frau in Betanien Jesus "mit echtem, kostbarem Nardenöl". Daraufhin empörten sich einige über die vermeintliche Verschwendung. Sie reklamierten, das Öl wäre besser teuer verkauft und der Erlös den Armen gegeben worden. Doch Jesus verteidigt die Frau und ihr "gutes Werk" mit dem Einwand: "Die Armen habt ihr immer bei euch, und ihr könnt ihnen Gutes tun, so oft ihr wollt, mich aber habt ihr nicht immer."

Es ist der Vorabend der Passion. Jesus deutet das Tun der Frau als vorweggenommene Totensalbung. Eine Geste der Zärtlichkeit, von der Papst Franziskus in seiner Antrittspredigt gesprochen hat. Man kann diese Bibelstelle zugleich als Absage an eine rein diesseitsbezogene, politische Befreiungstheologie lesen.

"Eigenwillig, herb, erdig"

Die Etymologen sind nicht ganz sicher, welche Pflanze sich hinter den antiken Beschreibungen des Nardenöls verbirgt. Unter der Bezeichnung "nardus Indicus" wurden im Mittelmeerraum Salböle und Parfums vertrieben, manche Quellen sprechen von der Narde als kostbarstem Duftstoff des Altertums. Botanisch gehört sie zur Familie der Baldriangewächse. Nardostachys jatamansi ist eine uralte asiatische Heilpflanze, die vor allem im Himalaya-Raum in Lagen bis zu 5.000 Metern Höhe gedeiht. Indische Großmogule sollen sie als "Verjüngungsmittel" geschätzt haben. Möglicherweise wurde sie auf dem Seeweg importiert.

In der Aromatherapie ist Nardenöl bis heute eine gefragte Zutat. Sein Duft wird als "eigenwillig, herb, erdig" beschrieben, es soll Selbstvertrauen und Mut schenken. Beides kann auch Papst Franziskus sicher noch gut gebrauchen.

Einer der Papstwähler trägt die Narde übrigens im Namen - und zumindest indirekt auch in seinem Wappen. Es handelt sich um den US-amerikanischen Kardinal Daniel DiNardo (63) aus Houston. Sein Schild zeigt einen Ölkrug mit Kreuz: DiNardo heißt nichts anderes als "vor der Narde" - und das Salbgefäß spielt ebenso auf die Bedeutung des italienischen Familiennamens an wie auf seine bischöfliche Weihetätigkeit.


Quelle:
KNA