Zehntausende empfangen Papst Franziskus

Das erste Angelus-Gebet

Vor mehr als 100.000 Menschen auf dem Petersplatz hat Papst Franziskus am Sonntagmittag sein erstes Angelusgebet gesprochen.

 (DR)

Vor einer großen Menschenmenge hat Papst Franziskus am Sonntag erstmals das Angelusgebet gesprochen. Nach Vatikanangaben versammelten sich mehr als 150.000 Menschen auf dem Petersplatz. In seiner kurzen Ansprache unterstrich der neue Papst die endlose Barmherzigkeit, Geduld und Güte Gottes. "Etwas mehr Barmherzigkeit verändert die Welt; es macht sie weniger kalt und mehr gerecht", sagte er. Und er fügte hinzu: "Gott wird nie müde zu vergeben. Werden auch wir nie müde, Vergebung zu erbitten." Gott sei der liebevolle Vater, der stets vergebe und Barmherzigkeit gegen alle übe.

Applaus brauste auf, als Franziskus um 12.00 Uhr zum ersten Mal an das Fenster seiner Wohnung oberhalb des Petersplatzes trat. "Brüder und Schwestern, guten Tag", grüßte er die Anwesenden und fügte hinzu: "Dieser Platz hat die Dimensionen der Welt." Unterhalb des Fensters hing der bekannte rote Teppich, jedoch noch ohne Papstwappen. Hinter den Kulissen assistierte dem Papst der Malteser Alfred Xuereb (54), der bereits als zweiter Sekretär für Papst Benedikt XVI. tätig war.

Anerkennung für Kardinal Kasper
Unter dem Applaus der Menge berichtete das neue Kirchenoberhaupt, als Papstname habe er sich Franziskus, den Patron Italiens, gewählt. Er wollte damit die geistige Bindung an das Land unterstreichen, aus dem seine Familie stamme. Zudem habe er eine neue Familie: die Familie der Kirche.

In seinen Ausführungen über die Barmherzigkeit als Grundakzent der Kirche verwies Franziskus ausdrücklich auf das Buch "Barmherzigkeit" des deutschen Kurienkardinals Walter Kasper (80): "ein tüchtiger Theologe, ein guter Theologe", meinte der Papst. Er habe dieses Buch in den vergangenen Tagen gelesen, und es habe ihm sehr gut getan. "Aber glaubt nicht, dass ich Werbung für die Bücher des Kardinals mache", meinte Franziskus scherzend.

"Gutes Mittagessen"
Erstmals seit zweieinhalb Wochen war das "berühmteste Fenster der Welt" im dritten Stock des Apostolischen Palastes wieder geöffnet. Von dort aus zeigte sich Franziskus der Menschenmenge. Zwar wohnt der neue Papst zunächst weiter im vatikanischen Gästehaus Santa Marta, bis seine Wohnung hergerichtet ist. Doch bereits am Donnerstag besuchte er erstmals das "Appartamento" und entfernte die mit Beginn der Sedisvakanz am 28. Februar angebrachten Siegel.

Auf dem Platz waren viele Grußtransparente und Fahnen zu sehen. Besonders fielen zahlreiche Flaggen Argentiniens, der Heimat des neues Papstes, aber auch anderer lateinamerikanischer Staaten auf. An die kurze Ansprache schloss sich das Angelus-Gebet an, auf das der Apostolische Segen folgte. Danach bedankte sich Franziskus nochmals bei allen Gläubigen, vor allem bei den Bürgern Roms und Italiens. Nach elf Minuten verabschiedete er sich mit den Worten: "Guten Sonntag, und gutes Mittagessen".

Das Angelus-Gebet («Engel des Herrn») wird in der katholischen Kirche morgens, mittags und abends gebetet. Es greift auf die biblische Überlieferung der Botschaft des Engels Gabriel an Maria zurück und soll die Menschwerdung Christi ins Gedächtnis rufen.

Ökumenischer Patriarch bei Papsteinführung

Einen noch größeren Ansturm als heute dürfte es am Dienstag geben, wenn der Argentinier Jorge Mario Bergoglio offiziell in das Papstamt eingeführt wird. Erstmals seit fast 1.000 Jahren nimmt auch der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel an der Amtseinführung des Papstes teil. Unter den erwarteten 180 Regierungsdelegationen und zahlreichen Religionsvertretern, die am Dienstag zur Amtseinführung in den Vatikan reisen, ist auch Patriarch Bartholomaios I. Die Teilnahme des Patriarchen von Konstantinopel sei die erste seit dem Großen Schisma von 1054, teilte die in Wien ansässige Stiftung "Pro Oriente" am Wochenende mit.

Die Pressestelle des Ökumenischen Patriarchats in Istanbul sprach von einem "wichtigen Zeichen" für die Einheit der Christen. Bartholomaios I. wird begleitet von den Metropoliten von Pergamon (Bergama), Ioannis Zizioulas, von Italien, Gennadios (Zervos), und für Argentinien, Tarasios (Anton). Die Delegation des Moskauer Patriarchates bei der Amtseinführung wird geleitet von Metropolit Hilarion (Alfejew), dem Leiter des Außenamtes der russisch-orthodoxen Kirche.

1054 kam es in Konstantinopel zum Schisma zwischen Rom und der Orthodoxie und damit zur bis heute andauernden Trennung von West- und Ostkirche. In einer gemeinsamen Erklärung am vorletzten Tag des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) hoben Papst Paul VI. (1963-1978) und Patriarch Athenagoras die von ihren Vorgängern sanktionierte gegenseitige Exkommunikation auf. Unter Bartholomaios I. und Papst Benedikt XVI. (2005-2013) hatten sich die Beziehungen zwischen Rom und Konstantinopel weiter verbessert.

Treffen mit Benedikt XVI.

Bei dem geplanten Treffen von Franziskus und Benedikt XVI. am kommenden Samstag dürfte es auch um Personalentscheidungen in der vatikanischen Kurie gehen. Die mit dem Ende des vorangegangenen Pontifikats automatisch aus dem Amt geschiedenen Behördenchefs im Vatikan setzte Franziskus indes unter dem Vorbehalt von Neuernennungen wieder in ihre Ämter ein. Benedikt XVI. hatte im Februar als erster Papst der Neuzeit aus Altersgründen seinen Rücktritt erklärt.


Quelle:
KNA , epd