Zur Ordenszugehörigkeit von Franziskus

Der erste Jesuit als Papst

Als „große Ausnahme von der Regel“ beschreibt Brauchtumsexperte Manfred Becker-Huberti, dass der neue Papst ein Jesuit ist. Im domradio.de-Interview erklärt er die Societas Jesu.

Bekannter Jesuit: Vatikansprecher Lombardi (KNA)
Bekannter Jesuit: Vatikansprecher Lombardi / ( KNA )

domradio.de: Wer sind die Jesuiten?

Becker-Huberti: Die Jesuiten haben die schöne Abkürzung SJ - Societas Jesu. Das wird im Bereich der katholischen Kirche auch gerne ein bisschen ironisch gesehen und deshalb als "schlaue Jungs" abgekürzt. Und "schlaue Jungs" das ist genau das, was sie kennzeichnet. Jesuiten sind eine elitäre Gruppe. Sie haben alle ein Doppelstudium hinter sich gebracht, haben alle einen Beruf oder ein Zweitstudium und sind von daher in der Regel als relativ kompetent eingesetzt. Sie sitzen vielfach auf Schlüsselstellungen. Ich erinnere daran, dass der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz (Pater Hans Langendörfer SJ, Anm. d.Red.) natürlich auch ein Jesuit ist. Es ist eine besondere Eliteeinheit und zwar eine, die dem Papst selber unterstellt ist. Das heißt, der Papst hat sie zu seiner eigenen Verfügung und kann sie immer und überall einsetzen und von daher ist es eher unüblich, dass ein Jesuit Bischof wird oder gar Kardinal - geschweige denn Papst. Insofern haben wir jetzt auch die große Ausnahme von der Regel.  

domradio.de: Wie leben die Jesuiten?

Becker-Huberti: Die Jesuiten laufen in der Regel nicht in der Kutte oder in der Soutane umher, das tun sie meist nur im Haus. Sie leben in Gemeinschaften zusammen oder auch einzeln. In Deutschland haben sie zum Beispiel die Philosophisch-Theologische Hochschule in München, dort gibt es auch eine Kommunität, in der sie leben. Ich bin da früher oft gewesen, weil wir dort zusammenarbeiteten, da habe ich auch Karl Rahner persönlich kennengelernt. Ich kannte ihn sonst nur aus den Vorlesungssälen. Jesuiten sind in der Regel nicht Leute, die die Nase hoch im Wind tragen, sondern ihre Arbeit tun und das konsequent und meistens mit großem Erfolg.

domradio.de: Welche Jesuiten gibt es denn im Vatikan?

Becker-Huberti: Im Vatikan gibt es die Jesuiten eher in den konkreten Arbeitsfeldern, wie zum Beispiel in der Glaubenskongregation. Dann gibt es Jesuiten als Mitarbeiter natürlich im historischen Archiv. Man findet sie auch im Journalismus, der Leiter der deutschen Sektion von Radio Vatikan (Pater Bernd Hagenkord SJ, Anm. d. Red.) ist ein Jesuit, sein Vorgänger (Pater Eberhard von Gemmingen SJ, Anm. d. Red.) ebenfalls ein Jesuit, traditionell. Früher war hier in Deutschland zum Beispiel auch der Beauftragte beim ZDF (Pater Eckhard Bieger SJ, Anm. d. Red.) ein Jesuit, also die durchsetzen das Ganze schon wie Hefe.

domradio.de: Welche Rolle wird es denn spielen, dass der neue Papst ein Jesuit ist?

Becker-Huberti: Ich glaube, er wird die Orden wieder in den Blick nehmen und das ist nicht schlecht bei dem Rückgang der Ordensberufungen, die wir erleben. Wenn ich das noch richtig im Kopf habe, sind über 85 Prozent der Ordensfrauen in Deutschland über 65, das heißt, wir erleben da im Augenblick ein großes Aussterben auf diesem Gebiet. Er könnte dem einen neuen Impuls geben, das ist die eine Möglichkeit und die andere Möglichkeit, die ich bei ihm auch sehe, ist, dass er die Laien wieder in die Pflicht nimmt und sie nicht nur als eine beherrschbare Masse einschätzt, sondern sie wirklich einfordert, mit ihren Qualitäten das zu tun, was sie tun können.

Das Interview führte Dagmar Peters

 

Quelle:
DR