Reinhard Kardinal Marx zu Franziskus

"Wir waren alle sehr überrascht"

Reinhard Kardinal Marx vom Erzbistum München und Freising war hautnah dabei, als der neue Papst gewählt wurde. Im domradio.de-Interview spricht er über die Namensgebung des Papstes und seine Eindrücke nach dem Konklave.

Kardinal Marx (dpa)
Kardinal Marx / ( dpa )

domradio.de: Kardinal Marx, Sie haben mit dafür gesorgt hat, dass wir jetzt einen Franziskus als Papst haben. Wie haben Sie das erlebt, als er sich diesen Namen gegeben hat?

Kardinal Marx: Wir waren alle sehr überrascht. Es gab natürlich in der Pause Überlegungen, welchen Namen wird er nehmen? Er ist ein Jesuit, dann hat man in die jesuitische Tradition geschaut, aber als er sagte "Franziskus" waren wir überrascht, aber auch beeindruckt.

domradio.de: Wenn man sich so einen Programmnamen gibt, was denken Sie, was will er damit aussagen?

Kardinal Marx: Das ist glaub ich ziemlich klar. Wenn man den Heiligen Franz von Assisi als Leitbild, als Leitfigur seines Pontifikates aussucht, dann hat man den Heiligen der Armut gewählt, der Erneuerung der Kirche aus den geistlichen Wurzeln des Evangeliums. Das ist ziemlich eindeutig.

domradio.de: Franziskus steht bis heute für jemanden, der alle begeistern kann. Denken Sie, dass es dem neuen Papst auch gelingt, da alle mitzunehmen auf diesem Weg?

Kardinal Marx: Das ist ein Irrtum, dass Franziskus alle begeistert hätte. Zu seinen Lebzeiten war er durchaus nicht unumstritten, auch nicht in seiner eigenen Gemeinschaft. Man kann die Geschichte ja nachverfolgen. Einer, der wirklich ganz aus dem Evangelium lebte. Er ist nie ganz unumstritten, weil er auch anstößt. Aber diese Anstöße waren eben fruchtbar und so bleibt er, der Heilige Franziskus, doch eine unglaublich starke Gestalt in der gesamten Kirchengeschichte. Aber warum? Weil er einfach das Evangelium leben wollte.  Und das hat die Menschen bis heute beeindruckt, das stimmt.

domradio.de: Jetzt kommt jemand aus Lateinamerika. Auch dort haben ja gerade  nach dem Zweiten Konzil die Medellín-Beschlüsse für ganz große Begeisterung gesorgt, für einen ganz neuen Impuls in der Weltkirche. Es war ja nicht nur die Theologie der Befreiiung, es war ein ganz neuer Impuls, der da wirksam geworden ist. Denken Sie, dass er diese Geschichte auch mit hineinnehmen kann?

Reinhard Kardinal Marx: Ich glaube ein Kardinal, ein Bischof aus Lateinamerika kann gar nicht aus der Geschichte dieses Kontinents aussteigen. Das will er auch nicht, das hat offensichtlich auch seine pastorale Arbeit bis jetzt gezeigt. Aber es geht immer um beides. Es geht darum, die Armut zu sehen und es geht darum, das Evangelium zu verkünden. Und beides gehört zusammen. Jesus hat ja seine erste Predigt unter das Leitwort gestellt  "Ich bin gekommen, den Armen eine frohe Botschaft zu bringen". Aber eben nicht nur Sozialprogramme, sondern das Heil im Ganzen. Und das ist etwas, das der Kirche glaub ich aufgetragen ist.

domradio.de: Jetzt waren Sie hautnah dabei, als ein Kardinal ins Konklave gegangen ist und sich dann in einen Papst verwandelt hat. Wie haben Sie das mitbekommen?

Kardinal Marx: Ja, das ist schon bewegend. Da kommen einem schon die Tränen. Die Rührung ist groß, weil man weiß, jetzt ist der Papst eben wirklich der Petrusnachfolger.

domradio.de: Herzlichen Dank Kardinal Marx.