Kirchen mahnen an Karfreitag zu Frieden, Solidarität und Gottvertrauen

Für ein Ende der Gewalt in Syrien

Christen in Deutschland haben am Karfreitag des Leidens und Sterbens Jesu Christi gedacht. Bei Gottesdiensten und Kreuzwegen riefen Bischöfe der beiden großen Kirchen dazu auf, die Botschaft der Kreuzigung als Auftrag für eine gerechtere Welt zu verstehen und zugleich auf Gott zu vertrauen. Mit Nachdruck riefen sie zum Ende der Gewalt in Syrien auf.

 (DR)

"Wir blicken erschrocken und erschüttert nach Syrien"

"Wir blicken erschrocken und erschüttert nach Syrien, wo seit einem Jahr ein brutaler Bürgerkrieg die Menschen in Angst und Schrecken versetzt", sagte der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, im Liebfrauendom. Mit allen Menschen guten Willens flehe man um ein sofortiges Ende aller militärischen Gewaltaktionen. In Gottesdiensten und auf Karfreitags-Prozessionen erinnerten die Christen weltweit an den Kreuzestod Jesu vor rund 2000 Jahren.



Der Tod Jesu am Kreuz verweise auch auf alle Menschen, die in Todeszellen auf ihre Hinrichtung warten. "Die Todesstrafe ist eine Schande, und es ist beschämend, dass sie auch in zivilisierten Ländern praktiziert wird."



Auch der evangelische Landesbischof in Bayern, Heinrich Bedford-Strohm, verlangte ein sofortiges Ende der Gewalt in Syrien. Er verwies in München auf das Vorbild des gekreuzigten Jesus: Dieser habe nicht zurückgeschlagen, sondern an die Stelle der Gewalt die Liebe, an die Stelle der Habsucht die Bereitschaft zum Teilen gesetzt.



Präses Schneider: Gegenwart Gottes nicht infrage stellen

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, mahnte, trotz Erfahrungen von Gewalt, Unrecht und Krankheit die Gegenwart Gottes nicht infrage zu stellen.



"Wir predigen einen Gott, der leidet und mitleidet", sagte der rheinische Präses beim Gottesdienst in Wesel. Ihm könnten sich die Menschen anvertrauen. "Wir setzen auf Gottes Sohn, der aus Liebe um uns Menschen willen sein Leben einmal geopfert hat."



Der Kölner Kardinal Joachim Meisner unterstrich die Bedeutung der Kreuzigung Jesu für den christlichen Glauben. "Ohne Karfreitag gibt es keine Auferstehung und ohne Tod und Auferstehung gibt es keine Taufe", sagte Meisner im Kölner Dom. Das Taufgeschehen sei Folge des Kreuzes: "Wir sind hineingetauft in die gekreuzigte Liebe Christi, die sich dem Vater hinschenkt und die in der Auferstehung Christi ihre endgültige Bestätigung gefunden hat."



Bischof Feige: Gegen ein Aufweichen des Feiertagsschutzes

Gegen ein Aufweichen des Sonn- und Feiertagsschutzes wandten sich der Magdeburger katholische Bischof Gerhard Feige und der evangelische Landesbischof Friedrich Weber aus Braunschweig. Der Karfreitag als Tag der Stille könne beim Nachdenken Aufschluss über das eigene Leben geben und helfen, neue Wege zu suchen, sagte Weber. Deshalb müssten sich Christen zur Wehr setzen, wenn aus Reihe der Grünen oder von Laizisten in der SPD gefordert werde, man müsse den besonderen gesetzlichen Schutz dieses Tages beseitigen.



In Frankfurt hatten Mitglieder der Grünen und der Piratenpartei zur Demonstration gegen das Tanzverbot an Karfreitag aufgerufen. Die Demo wurde in Hessen allerdings gerichtlich untersagt. Auch in Hannover sollte gegen das Feiertagsgesetz protestiert werden.



Das Leiden und Sterben Jesu sei kein Justizirrtum, unterstrich der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann. Auch sei Gott nicht der unbarmherzige Richter, der grausam seinen eigenen Sohn sterben lasse. Vielmehr sei er der liebende Vater, der in seinem Sohn diesen erschütternden Tod auf sich nehme und damit den größten Liebesbeweis an die Menschheit ablege.



Ruhrbistum: Traditioneller Kreuzweg auf Bottroper Halde

Die zentrale Bedeutung der Familie für das Zusammenleben der Menschen betonte der katholische Bischof Franz-Josef Overbeck. "Hier kann Heimat erfahren werden, weil füreinander Verantwortung übernommen wird", sagte der Bischof von Essen beim Kreuzweg auf der Halde Prosper Haniel in Bottrop. Familien seien der Ort gegenseitigen Lernens, geteilter Freude, Hoffnung, Trauer und Angst, aber auch der Glaubensweitergabe von Eltern an ihre Kinder.



In Berlin nahmen rund 600 Menschen an einer ökumenischen Karfreitagsprozession teil, darunter der evangelische Landesbischof Markus Dröge und Weihbischof Matthias Heinrich. Vor Kirchen der Berliner Innenstadt erinnerten die Teilnehmer an Ereignisse von Gewalt und Verfolgung der Berliner Stadtgeschichte. So gedachten sie etwa des protestantischen Pfarrers und NS-Opfers Dietrich Bonhoeffer.



Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen ermutigte dazu, sich Fehlern und Schuld in Geschichte und Gegenwart zu stellen. Die "gefährliche Erinnerung" an dunkle Flecken der Vergangenheit bedeute eine heilsame und notwendige Störung für jeden Einzelnen und die Gesellschaft, sagte Thissen beim ökumenischen Kreuzweg in Lübeck mit Blick auf die NS-Vergangenheit. Auch dürften die Menschen sich nicht gegen aktuelle gesellschaftliche Probleme abschotten.



Die Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck, Kirsten Fehrs, sagte bei dem Kreuzweg, das Leiden und Sterben Jesu lehre die Menschen Mitgefühl und gebe ihnen Kraft, selbst Leiden auszuhalten. Hätte Jesus den Tod am Kreuz nicht ertragen müssen, wäre er zum "fernen Helden" geworden. Christus lasse die Verzweifelten, Sterbenden und Trauernden nicht allein, unterstrich Fehrs.



Weihbischof Losinger: Leid ist im Leben stets gegenwärtig

In Augsburg erinnerte Weihbischof Anton Losinger daran, dass Leid und Krankheit im Leben stets gegenwärtig blieben. Die Angst vor Schmerzen oder Demenz sei verständlich. Die Antwort darauf sei verstärkte Forschung in der Schmerzmedizin und gute Pflege, um in der letzten Phase des Lebens menschlich begleitet zu werden. Für Christen bleibe zugleich der Trost, "dass nichts und niemand je aus der Hand Gottes herausfallen kann".



Der württembergische Bischof Frank Otfried July dankte allen, die sich in der Hospizarbeit und in der Begleitung von Sterbenden engagieren. "Hospize sind die Antwort auf Sterbehilfeprogramme, mit denen sich der Mensch an Gottes Stelle setzt", so der evangelische Bischof, der am Karfreitag eine Hospizeinrichtung in Spaichingen besuchte.