Kirchen gratulieren Richard von Weizsäcker

"Anwalt des christlichen Miteinanders"

Altbundespräsident Richard von Weizsäcker hat zu seinem 90. Geburtstag am Donnerstag Glückwünsche der Kirchen erhalten. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, erklärte, Weizsäcker sei ein "Verfechter der Ökumene" und ein "Anwalt des christlichen Miteinanders".

 (DR)

Wie kaum ein anderer habe er als Bundespräsident von 1984 bis 1994 «im geteilten wie auch im wiedervereinigten Deutschland dazu beigetragen, die Schuld unseres Vaterlandes am Zweiten Weltkrieg anzuerkennen und um Versöhnung zu bitten».

Präses Nikolaus Schneider, amtierender Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, übermittelte in seinem Glückwunschschreiben die «tief empfundene Dankbarkeit» seiner Kirche. «Mit hohem Respekt würdigen wir ihre Verdienste für unsere Kirche und unser Heimatland», so Schneider. Besonders von Weizsäckers Engagement in der EKD und als Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages hob er hervor. Von Weizsäcker habe das traditionelle Christentreffen zum «Forum der großen gesellschaftlichen Fragen» gemacht, erklärte Präses Schneider.

Der Diplomatensohn Richard von Weizsäcker wurde am 15. April 1920 in Stuttgart geboren. Als Soldat nahm er am Zweiten Weltkrieg in Polen und der Sowjetunion teil, wobei er mehrfach verwundet wurde. Nach Kriegsende studierte von Weizsäcker Rechtswissenschaften und Geschichte und half bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen bei der Verteidigung seines Vaters Ernst von Weizsäcker, der zu mehrjähriger Haft verurteilt wurde.

Weizsäcker war während und nach dem Studium im Bankwesen sowie in Industrieunternehmen führend tätig. 1954 trat er in die CDU ein und war von 1964 bis 1970 und von 1979 bis 1981 Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages, von 1969 bis 1984 Mitglied der Synode und des Rates der EKD sowie des Zentral- und Exekutivausschusses des Weltkirchenrats. Auf Vorschlag von Helmut Kohl kam er 1966 in den CDU-Bundesvorstand. In den Bundestag zog der Vater von vier Kindern
1969 ein, wo er zum stellvertretenden Unionsfraktionschef aufstieg.

Die deutsche Teilung erlebte Weizsäcker nicht zuletzt als Regierender Bürgermeister von Berlin in den Jahren von 1981 bis 1984 hautnah. Auch als Bundespräsident ab 1984 setzte er sich für die Aussöhnung mit dem Ostblock und Gespräche mit der DDR ein. 1985 hielt er 40 Jahre nach Kriegsende im Bundestag seine wohl bedeutendste Ansprache. Weizsäcker bezeichnete das Datum als Tag der Befreiung von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Nicht Verdrängen und Vergessenwollen gebe die Chance zum Neubeginn, sondern Erinnerung und Besinnung.