Beisetzung von George Floyd im Schatten des Wahlkampfes

Trauer verdrängt Politik

Der eine will zuhören, der andere will durchgreifen. Das Auftreten der Kontrahenten im Präsidentschaftsrennen in den USA könnte nach der Tötung von George Floyd nicht unterschiedlicher sein. Abseits der Politik steht nun die Trauer im Mittelpunkt.

Autor/in:
Lena Klimkeit
Vor der Beisetzung von George Floyd / © David J. Phillip (dpa)
Vor der Beisetzung von George Floyd / © David J. Phillip ( dpa )

Gut zwei Wochen nach seinem Tod bei einem brutalen Polizeieinsatz wird der Afroamerikaner George Floyd am Dienstag im US-Bundesstaat Texas beigesetzt. Schon der Vortag stand im Zeichen der Trauer: Hunderte Menschen nahmen in der Metropole Houston in einer Kirche am aufgebahrten Sarg Abschied.

Der designierte Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten, Joe Biden, kam mit Floyds Familie zusammen. "Es ist schwierig genug zu trauern, aber es ist viel schwieriger, es in der Öffentlichkeit zu tun", sagte Biden im Anschluss dem Sender CBS. "Es ist viel schwieriger, wenn die ganze Welt einem zusieht."

An der Beisetzung in Pearland nahe Houston nimmt der Ex-Vizepräsident nicht teil. Er wolle aber eine Videobotschaft aufnehmen, berichteten US-Medien. Mit seinem Besuch in Texas hat Biden aber schon das Kontrastprogramm zu seinem Gegner im Rennen um die US-Präsidentschaft, Amtsinhaber Donald Trump, bei der Wahl im November abgespielt.

Biden und Trump

Trump traf im Weißen Haus vor laufenden Kameras Vertreter von Sicherheitsbehörden, denen er Rekorde in der Strafverfolgung attestierte. Biden sprach in Houston, wo Floyd aufgewachsen war und wo am Dienstag der Trauergottesdienst stattfindet, unter anderem mit dessen sechsjähriger Tochter Gianna. Bilder davon bekam man zunächst nur über Umwege - etwa über das Instagram-Profil des Anwalts Chris Stewart.

"Sich gegenseitig zuzuhören ist das, was Amerika heilen wird. Genau das hat Vizepräsident Joe Biden mit der Familie von George Floyd gemacht - für mehr als eine Stunde", schrieb der Anwalt von Floyds Familie, Benjamin Crump, auf Twitter.

Der brutale Polizeieinsatz, bei dem Floyd am 25. Mai in Minneapolis ums Leben kam, hat die USA mitten in der Corona-Pandemie aufgewühlt. Ein weißer Beamter hatte dem 46-Jährigen sein Knie fast neun Minuten in den Nacken gedrückt - trotz aller Bitten Floyds, ihn atmen zu lassen. Die Ermittler klagten den Polizisten daraufhin unter anderem wegen Mordes zweiten Grades an. Darauf steht in den USA eine Haftstrafe bis zu 40 Jahre.

Für eine vorläufige Freilassung vor einem möglichen Urteil müssten mindestens eine Million Dollar als Sicherheit hinterlegt werden, wie ein Gericht in Minnesota zu Beginn einer ersten Anhörung des Polizisten am Montag mitteilte. Auch drei weitere beteiligte Polizisten wurden angeklagt.

Unruhen heizen Präsidentschaftswahlkampf an

Der Mord und die darauf folgenden landesweiten Proteste gegen Polizeigewalt, Rassismus und Ungleichheit heizen den Präsidentschaftswahlkampf wieder an, der angesichts der Krise in den Hintergrund gerückt war. Biden hat Trump mehrfach vorgeworfen, das Land auch in der derzeitigen Situation zu spalten statt es zu einen.

Nach seinem Treffen mit Floyds Angehörigen sagte Biden dem Sender CBS in Anspielung auf eine Aussage von Gianna Floyd: "Ich denke, ihr Vater wird die Welt verändern." Das Mädchen hatte gesagt, ihr Vater habe die Welt verändert. "Ich denke, was hier passiert ist, ist einer dieser großen Wendepunkte in der amerikanischen Geschichte, was bürgerliche Freiheiten, Bürgerrechte und die gerechte Behandlung von Menschen mit Würde betrifft", sagte Biden.

Biden versuche, "Amerikas Chefheiler" zu werden, kommentierte der Sender CNN. Trump nutzte sein Treffen im Weißen Haus mit Vertretern der Strafverfolgungsbehörden für Lob - nicht nur für seine Gäste. "Ihr beschützt das Leben von Leuten, die ihr nicht kennt, das ist eine unglaubliche Sache", sagte der Präsident und schrieb es auch seiner Regierung zu, dass es in den vergangenen dreieinhalb Jahren einen rekordhaften "Mangel" an Kriminalität gegeben habe. Trump sprach von den "besten Strafverfolgungsbehörden" der Welt.

Debatte über Reformen der Polizei

Trump hat Floyds Tod mehrfach verurteilt und das Recht auf friedliche Demonstrationen betont. Ihm wird jedoch vorgeworfen, sich nicht klar gegen Rassismus zu positionieren und nicht genug Verständnis für den Zorn über Diskriminierung und Ungerechtigkeit im Land zu zeigen. Die anhaltenden Proteste hat er bislang vor allem unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit kommentiert.

Dies dürfte auch eine zentrale Botschaft im Wahlkampf bleiben: Trump stehe für Recht und Ordnung, Biden dagegen sei auf der Seite der "radikalen" Bewegung, die die Zusammenstreichung der Finanzierung für die Polizei fordere, hieß es in einer Mitteilung von Trumps Wahlkampfteam.

Biden sprach sich allerdings klar gegen solche drastischen Kürzungen aus, wie sie zunehmend bei den Protesten zu Floyds Tod gefordert werden. Vielmehr unterstütze er, Bundesmittel an Bedingungen zu knüpfen, nämlich daran, ob die Polizei "bestimmte grundlegende Standards von Anstand und Ehrenhaftigkeit" erfülle, sagte Biden. Konkreter wurde er zunächst nicht.

Parallel zu den Demonstrationen läuft nach Floyds Tod eine Debatte über Reformen der Polizei. Die US-Demokraten im Kongress stellten am Montag einen Gesetzentwurf gegen Polizeigewalt vor. Unter anderem wollen die Demokraten erreichen, dass polizeiliches Fehlverhalten einfacher strafrechtlich verfolgt werden kann und umstrittene Methoden wie Würgegriffe bei Festnahmen verboten werden. Die Erfolgaussichten des Gesetzentwurfs sind unklar: Die Demokraten kontrollieren das Repräsentantenhaus, der Senat wird jedoch von Trumps Republikanern dominiert.

Biden läge nach Umfragen vorne

Jüngste Umfrageergebnisse scheinen indes Eindruck auf Trump gemacht zu haben. Dem Nachrichtenportal "Politico" zufolge prüfen seine Berater, wie er schon in den kommenden Wochen trotz der Corona-Pandemie wieder Wahlkampfauftritte abhalten könnte. In einer am Montag veröffentlichten Umfrage im Auftrag des Senders CNN lagen Trumps Zustimmungswerte nur noch bei 38 Prozent - sieben Punkte weniger als im vergangenen Monat.

Wäre die Wahl jetzt, würden der Befragung zufolge 55 Prozent für Biden stimmen und nur 41 Prozent für Trump. Biden baute seinen Vorsprung deutlich aus. Wegen des komplizierten Wahlsystems in den USA haben solche Umfrage aber begrenzte Aussagekraft, was den Ausgang der Wahl angeht.


Jesse Jackson, Bürgerrechtler und Baptistenpastor, verneigt sich am Sarg bei der Trauerfeier für Georg Floyd / © Carlos Gonzalez (dpa)
Jesse Jackson, Bürgerrechtler und Baptistenpastor, verneigt sich am Sarg bei der Trauerfeier für Georg Floyd / © Carlos Gonzalez ( dpa )

Demonstranten knien bei einem Protest als Zeichen der Solidarität nieder / © Matt Rourke (dpa)
Demonstranten knien bei einem Protest als Zeichen der Solidarität nieder / © Matt Rourke ( dpa )
Quelle:
dpa