Menschenrechtler analysieren Lage von China bis Venezuela

"Der Trend ist nicht überall positiv"

Die Organisation Human Rights Watch hat ihren aktuellen Bericht zur Lage der Menschenrechte herausgegeben. Die Autoren sehen durchaus positive Entwicklungen - doch in vielen Ländern bleibt das Bild trübe.

Menschenrechte werden vielerorts eingeengt / © Jens Büttner (dpa)
Menschenrechte werden vielerorts eingeengt / © Jens Büttner ( dpa )

Es gebe eine große Nachricht des vergangenen Jahres, schreibt der Geschäftsführer von Human Rights Watch, Kenneth Roth, im aktuellen Weltbericht der Menschenrechtsorganisation: In Europa, bei den Vereinten Nationen, aber auch in vielen Ländern wachse der Widerstand gegen Autokraten und Rechtspopulisten. Mehr als 100 Länder haben die Menschenrechtler untersucht. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) gibt einen Überblick über die Einschätzungen zu einigen ausgewählten Ländern:

- Syrien: Die Regierung um Baschar al-Assad eroberte 2018 - unterstützt von Russland und Iran - viele Gebiete zurück. Dabei habe sie verbotene Waffen eingesetzt sowie humanitäre Hilfe eingeschränkt, heißt es. Die Folge: massenhafte Vertreibung. Besonders im Fokus war die Region Idlib, wo die internationale Gemeinschaft viel versuchte, um eine humanitäre Katastrophe in der letzten Rebellenbastion zu verhindern. Millionen Menschen seien weiterhin vertrieben oder geflohen. Human Rights Watch verwies zudem auf Berichte über den mehrfachen Einsatz chemischer Waffen.

- EU: Innerhalb der Europäischen Union sehen die Menschenrechtler Licht und Schatten: Kritisiert wird der Umgang mit Flüchtlingen genauso wie deren politische Instrumentalisierung zum Schüren von Angst durch Populisten. Deren Positionen würden häufig das moralische Ansehen der EU untergraben. Auf der Habenseite steht dafür laut Bericht das standhafte Agieren der EU-Institutionen gegen die Entwicklungen in Ungarn und Polen, wo die Regierungen demokratische Institutionen und die unabhängige Justiz schwächen wollen. Nicht zuletzt fand auch Chemnitz Eingang in den Bericht: In der sächsischen Stadt war es im August zu gewaltsamen Ausschreitungen und fremdenfeindlichen Übergriffen gekommen, nachdem ein 35-Jähriger nach einer Messerstecherei mit Asylbewerbern gestorben war.

- USA: Die Vereinigten Staaten seien auch im zweiten Amtsjahr von Präsident Donald Trump dabei, in Sachen Menschenrechte im In- wie im Ausland Rückschritte zu machen. So seien zum Beispiel Initiativen zur Reduzierung der hohen Zahl von Inhaftierten rückgängig gemacht worden. Auch der Kampf gegen die Gesundheitsreform von Trumps Vorgänger Barack Obama sowie die gegen Einwanderung gerichtete Politik kritisiert Human Rights Watch. International unterstützten die USA Regime, die die Menschenrechte missachteten. Auch wenn sie sich in Einzelfällen dafür einsetzten, überwiege doch insgesamt das Aushöhlen internationaler Institutionen und Gerichte.

- Saudi-Arabien: Aufsehen und Kritik erregte im vergangenen Jahr insbesondere der Mord an dem regierungskritischen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im Konsulat in Istanbul. Zudem kritisiert Human Rights Watch ein hartes Vorgehen gegen Dissidenten und Aktivisten, beispielsweise gegen eine Frauenrechtsbewegung. Selbst wenn Frauen seit Juni Autofahren dürften, würden sie wie auch religiöse Minderheiten weiter diskriminiert. Die Beteiligung Saudi-Arabiens am Jemen-Krieg steht ebenfalls weiter massiv in der Kritik.

- China: Ganze 16 Seiten widmen die Autoren der Volksrepublik, nur den USA wird noch mehr Aufmerksamkeit zuteil. In China unter Präsident Xi Jinping konstatieren sie eine wachsende Repression. Menschenrechtler werfen dem Land seit Langem vor, die muslimische Minderheit der Uiguren brutal zu behandeln. Auch Christen in der Henan-Provinz würden weiter unterdrückt. In Tibet gebe es ebenfalls neue Repressalien. China mit seinem wachsenden Überwachungssystem zur sozialen Kontrolle sei aufgrund seiner zunehmenden globalen Macht auch ein Exporteur von Menschenrechtsverletzungen.

- Venezuela: Im Mai wurde Präsident Nicolas Maduro wiedergewählt - nachdem die Opposition jahrelang durch die Repression der Regierung geschwächt worden und der Urnengang nicht frei und fair gewesen sei, kritisiert der Weltbericht. Es fehle an unabhängigen Institutionen, um die Regierung zu kontrollieren. Proteste würden gewalttätig niedergeschlagen, Gegner inhaftiert, das Parlament weiter entmachtet. Der Mangel an Essen und Medizin führe zur größten Flüchtlingskrise jüngerer Zeit in Lateinamerika.

- Brasilien: Die Wahl des neuen Präsidenten Jair Bolsonaro im Oktober wurde dem Bericht zufolge von politischer Gewalt und Bedrohungen gegen Journalisten begleitet. Das Ausmaß der Gewalt habe mit 64.000 Tötungen im Jahr 2017 ein neues Rekordhoch erreicht. Dazu trage auch die Polizei bei, kritisiert Human Rights Watch. Gewalttaten - etwa zu Hause - würden nicht ausreichend verfolgt. Venezolanische Flüchtlinge im Land seien zudem Opfer mehrerer ernster fremdenfeindlicher Angriffe geworden.

- Philippinen: Die dortige Krise habe sich verschärft, weil Präsident Rodrigo Duterte trotz wachsender internationaler Kritik an seinem tödlichen "Krieg gegen Drogen" festhalte. Nachdem der Internationale Strafgerichtshof eine Vorprüfung dazu angekündigt hatte, erklärte Duterte den Rückzug der Philippinen von dem Gericht. Kritiker des "Kriegs gegen Drogen" würden drangsaliert oder bestraft, heißt es. Selten hingegen würden Polizisten oder Soldaten für Morde oder Gewalttaten verurteilt.

- Demokratische Republik Kongo: Nachdem der Bericht fertiggeschrieben war, wurde im Kongo Ende 2018 doch noch gewählt. Allerdings weisen die Menschenrechtler bereits darauf hin, dass Oppositionelle, Demokratie-Aktivisten und Journalisten massiver Repression ausgesetzt gewesen seien. Die politische Situation bleibe angespannt - trotz des Rückzugs des langjährigen Machthabers Joseph Kabila. Hinzu kommt die humanitäre Lage mit 4,5 Millionen Binnenvertriebenen und mehr als 120.000 Menschen, die in Nachbarländer geflohen sind. 13 Millionen Menschen brauchen nach internationaler Einschätzung Hilfe.


Quelle:
KNA
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