Sambias Bischöfe warnen vor staatlicher Repression

Erlischt Afrikas demokratischer Stern?

Sambia, das am 24. Oktober 1964 seine Unabhängigkeit erlangte, wurde oft für seine friedliche Demokratie gelobt. Bischöfe, Bürgerrechtler und Oppositionelle fürchten nun, dass das Land in eine Diktatur abgleitet.

Straße in Lusaka, Hauptstadt von Sambia / © Wolfgang Radtke (KNA)
Straße in Lusaka, Hauptstadt von Sambia / © Wolfgang Radtke ( KNA )

Sambias Bischöfe, Bürgerrechtler und Oppositionelle warnen vor zunehmender Repression durch den Staat. "Die Kraft, durch die Staaten gegründet werden, heißt Gewalt; ebenso die Kraft, die Staaten aufrechterhält und sie am Ende stürzt." Selten war das Zitat von Sambias 93-jährigem Gründungsvater Kenneth Kaunda aktueller als an diesem Unabhängigkeitstag.

Menschenrechtler: "Wir haben es mit einer Diktatur zu tun"

Am 24. Oktober feiert das Land im Süden Afrikas seine Loslösung vom Vereinigten Königreich 1964. Doch das Fest wird überschattet von einer Reihe von Übergriffen auf Opposition, Presse und Aktivisten. Lange als demokratische Hochburg der Region angesehen, droht Afrikas Hoffnungsträger langsam in einen repressiven Staat abzugleiten, in dem Grundrechte unterdrückt werden.

"Der Raum für religiöse und politische Gruppen, Bürgerrechtler und Presse schrumpft täglich", warnt McDonald Chipenzi, langjähriger Menschenrechtsaktivist in Lusaka. "Wir haben es mit einer Diktatur zu tun, mit einer zunehmend autoritären Führung in Sambia." Das bislang deutlichste Anzeichen lieferte Staatspräsident Edgar Lungu im Juli, als der 60-Jährige die Vorstufe zum Notstand ausrief.

Mehrere Gebäude waren bei Brandanschlägen in Flammen aufgegangen. Die Regierung beschuldigte Dissidenten.

Oppositionsführer festgenommen

Die Opposition hingegen vermutete ein abgekartetes Spiel der Regierung, um Polizei und Militär fast uneingeschränkte Macht zu verleihen. Zwar endete der Ausnahmezustand Mitte Oktober wieder. Doch vielen Sambiern klingen Lungus Worte als Warnung nach: "Einige Leute werden ihre Rechte verlieren müssen, genauso wie andere ihren Besitz verloren. Falls ich dadurch zu einem Diktator werde - bitte ich um Verständnis."

Kurz zuvor war der Oppositionspolitiker Hakainde Hichilema angeklagt worden. Der Anführer der "Vereinten Partei für Nationale Entwicklung" (UPND) wurde am 11. April festgenommen, weil er bei einer Veranstaltung Lungus Konvoi blockiert und dadurch die Sicherheit des Staatsoberhaupts gefährdet haben soll. Die Kläger unterstellten ihm "Hochverrat". Auf internationalen Druck wurde die Klage fallengelassen.

Der Oppositionsführer zeigte sich unbeeindruckt von der Warnung des Richters, er könne jederzeit wieder verhaftet werden - und verglich Lungus Herrschaft zwei Wochen vor dem Staatsjubiläum mit der des Hitler-Regimes. "Die Werte, die wir im Unabhängigkeitskampf verteidigten, sind verschwunden. Wir haben Freiheiten verloren, und das scheint der neue Normalzustand zu sein."

Sambische Tageszeitung vom Markt genommen

Die sambische Tageszeitung "The Post" zitierte einen Lungu-Kritiker, der Präsident regiere "durch Angst und Einschüchterung". 2016 stürmten Polizisten die Redaktionsräume der beliebten Zeitung, kurz darauf wurde sie vom Markt genommen. Offiziell hatte die "Post" Steuerschulden; Beobachter vermuten jedoch ein Manöver der Regierung, um eine ihrer kritischsten Gegnerinnen loszuwerden.

Auch religiöse Gruppen beklagen zunehmende Einmischung durch den Staat. Mitte August stürmte die Polizei die anglikanische Kathedrale in Lusaka und löste einen Gottesdienst auf, bei dem für die Freilassung des Oppositionsführers gebetet worden sein soll. Die einflussreiche katholische Kirche kritisierte die Einschüchterungen.

"Bis auf den offiziellen Namen deutet alles darauf hin, dass unser Land eine Diktatur ist", warnten die Bischöfe. Und selbst wenn das noch nicht der Fall ist, sind wir nicht weit davon entfernt."

Sorge der Sambier ist berechtigt

Die Sambier scheinen geteilter Meinung über Lungus Griff nach mehr Macht. Die einen sehen den ehemaligen Verteidigungsminister, der das Amt 2015 von seinem Vorgänger Michael Sata erbte, als "Diktator der ersten Stunde". Anders die Unterstützer. Sie vergleichen sein Durchgreifen mit den Maßnahmen der USA nach dem 11. September. Wenngleich sie Sicherheitskräften zu viel Macht geben, erfüllen sie ihren Zweck.

"In Zeiten der Angst braucht es eben außergewöhnliche Maßnahmen", so ein Kommentator in Lusaka. Geht Sambia den Weg seines Nachbarlandes Simbabwe, wo Präsident Robert Mugabe seit 37 Jahren mit eiserner Faust regiert? Der Afrika-Analytiker Simon Allison jedenfalls warnt: "Die Sorge der Sambier - durch und durch stolz auf ihre friedliche Demokratie - ist berechtigt."


Papst Franziskus und Edgar Chagwa Lungu / © Osservatore Romano (KNA)
Papst Franziskus und Edgar Chagwa Lungu / © Osservatore Romano ( KNA )
Quelle:
KNA